Anschütz-Thoms überrascht mit Bronze

SID
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© Getty

Nagano - Daniela Anschütz-Thoms hat bei ihrer siebten Einzelstrecken-WM mit Bronze über 3.000 Meter endlich die langersehnte erste Einzel-Medaille erkämpft.

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Erst griff sie sich fassungslos an den Kopf, dann hüpfte sie freudig durch die gähnend leere Halle und ließ ihren Physiotherapeuten kaum noch aus der Umklammerung.

"Das wurde echt Zeit. Diese Medaille bekommt einen Ehrenplatz gleich neben dem Olympia-Gold im Schlafzimmer. Dort, wo ich sie jeden Tag sehen kann", meinte die Erfurterin strahlend.

In 4:05,76 Minuten verfehlte sie Gold nur um 0,73 Sekunden und verschaffte dem deutschen Eisschnelllauf-Team in Nagano nach dem Sieg von Anni Friesinger über 1.500 m weiteren Rückenwind.

Friesinger verzichtet auf Team-Rennen

Da schlugen auch die Wellen nicht allzu hoch, als Friesinger ihren Gefährtinnen den Verzicht auf das Team-Rennen erklärte, um sich auf den Gewinn ihres 15. WM-Titels über 1.000 m zu konzentrieren.

"Mein erster Dank gilt meinem Trainer, der daheim beim Frühstück wohl eine Flasche Sekt geköpft hat", meinte Daniela Anschütz-Thoms. Stephan Gneupel scherzte am Telefon: "Eine hat nicht gereicht."

Und er fügte hinzu: "Ich habe vor Aufregung die ganze Nacht nicht geschlafen und bin nur glücklich, dass unsere am Computer-Telefon abgesprochene Offensiv-Strategie aufgegangen ist."

Der Coach sprach die Vermutung aus, dass Anschütz im direkten Duell gegen Kristina Groves der Kanadierin sogar den Titel entrissen hätte.

Top-Leistungen im hohen Alter

Da die Team-Olympiasiegerin ihr Tempo aber ganz allein bestimmen musste, setzte sich Groves in 4:05,03 Minuten vor Allround-Weltmeisterin Paulien van Deutekom (Niederlande/4:05,49) durch.

"Auf jeden Fall habe ich bewiesen, dass im hohen Alter noch Top-Leistungen möglich sind", meinte die 33 Jahre alte Thüringerin. "Immer war ich nah dran am Podium, endlich hat es geklappt", sagte sie mit Blick auf ihre Serien vierter und fünfter WM- und Weltcup-Plätze.

Claudia Pechstein, die zuvor als einzige Eisschnellläuferin von allen Einzelstrecken-Weltmeisterschaften mit einer Medaille nach Hause gekommen war, verfehlte - geschwächt durch eine Erkältung - als Fünfte ihr Ziel.

"In der Nacht wurden die Lymphknoten dick: Irgendwie habe ich das Pech gepachtet in diesem Jahr", meinte die Berlinerin, die aber ankündigte, für das Team-Rennen zur Verfügung zu stehen. "Hoffentlich geht es mir dann besser", sagte die 36-Jährige.

Opitz statt Friesinger

Im Team wird neben Daniela Anschütz-Thoms nun auch die Berlinerin Lucille Opitz laufen. "Ich will für die 1.000 Meter kein Risiko eingehen", meinte Anni Friesinger.

Angesprochen auf Äußerungen von Bundestrainer Markus Eicher, der gehofft hatte, dass sie nach dem deutlichen Sieg am Vortag noch umschwenkt, konterte Friesinger: "Ich habe den Teamstart nie von den 1.500 Metern abhängig gemacht. Markus ist für mich nicht zuständig."

Zoff wie im Vorjahr gibt es dennoch nicht. "Ihre Entscheidung war abzusehen. Ich habe keine Lust, jetzt nachzukarten", meinte Verbands-Präsident Gerd Heinze.

Streit wegen Absage

2007 hatte es wegen ihrer Absage heftigen Streit zwischen der Inzellerin und dem Verband gegeben. "Da war einiges in den falschen Hals gekommen. In diesem Jahr ist alles lange geklärt, es gibt überhaupt keinen Stress", sagte Friesinger.

"Und wenn ich die 1.000 Meter gewinne, dann ist es doch auch gut für den Verband."

Schnellster Mann auf dem Eis ist wieder Jeremy Wotherspoon. Der 31-jährige Kanadier erkämpfte zum dritten Mal den Titel über 500 Meter, sein achtes WM-Gold insgesamt.

In beiden Läufen erzielte er mit 34,78 und 34,68 Sekunden Bahnrekorde. Anton Hahn (Erfurt/20.) und Nico Ihle (Chemnitz/22.) kamen der Weltspitze kein Stück näher.