Boll gewinnt Meisterschaft in China

SID
Timo Boll ist sechsfacher Europameister im Einzel
© getty

Für Timo Boll endete der chinesische Sommer mit dem Meister-Double, für Dimitrij Ovtcharov mit einer Enttäuschung. Im Finale der chinesischen Superliga trafen Europas beste Spieler mit ihren Teams aufeinander. Während Boll beim 3:0 mit Shandong Luneng gegen Jiangsu Super Cable nur die Rolle des Bankdrückers blieb, avancierte Ovtcharov im Spitzeneinzel nach einer Weltklasse-Leistung zur tragischen Figur.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Drei Punkte war der Europameister gegen Olympiasieger Zhang Jike im entscheidenden Satz vom Sieg entfernt, es wäre einer seiner größten Erfolge gewesen. Doch Ovtcharov verspielte den Vorsprung und schrieb später bei Facebook von "einer der wohl bittersten Niederlagen" seiner Karriere.

Der verpasste Titelgewinn in China schmerzte Ovtcharov weniger als die vergebene Chance, sich mit einem Prestige-Erfolg aus dem Reich der Mitte zu verabschieden. Immerhin galt es für Ovtcharov - wie auch für seinen Nationalmannschaftskollegen Boll - neben dem finanziellen Zubrot Matchpraxis, Trainingshärte und Selbstvertrauen zu sammeln: für die Team-EM in Lissabon (24. bis 28. September), aber auch für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016, wo die Dominanz der Chinesen endlich gebrochen werden soll.

Familie muss zuhause bleiben

Für dieses Ziel verzichtete Ovtcharov sogar auf die Hochzeitsreise mit seiner frisch angetrauten Ehefrau Jenny. Boll ließ Frau Rodelia und Tochter Zoey Malaya in der Heimat zurück, um sich in Asien mit den Besten der Besten zu messen.

Trotz der finalen Niederlage entwickelte sich der China-Trip vor allem für Ovtcharov positiv. Als Nummer eins führte der Weltranglistenvierte sein Team überraschend ins Endspiel, insgesamt beschloss Ovtcharov das Abenteuer mit einer 12:10-Bilanz. "Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft, den Einzug in das Finale hatte uns wirklich niemand zugetraut", schrieb Ovtcharov, der seinen Status als erster Kontrahent der Tischtennis-Übermacht untermauerte.

Diese Rolle hatte auch Timo Boll jahrelang ausgefüllt, noch immer genießt der Routinier deswegen großes Ansehen in China. Spielerisch fehlt Boll jedoch ein wenig die Klasse früherer Tage.

Zweite Meisterschaft in China

Bei seinem zweiten Titelgewinn in China - bereits 2011 hatte Boll mit Hangzhou triumphiert - war der Linkshänder daher oftmals nur Ersatzspieler. Seine zweite Meisterschaft des Sommers nach dem Bundesligatitel mit Borussia Düsseldorf feierte der Weltranglistenzehnte und Rekordeuropameister dennoch ausgelassen.

Ovtcharov und Boll werden bei ihrer Rückkehr aus China viel zu erzählen haben. Unter anderem auch von den neuen, zweifarbigen Plastikbällen, die den Zuschauern den Spin der Profis optisch näher bringen sollen. Ob die chinesische Innovation allerdings den Weg ins internationale Tischtennis finden wird, ist derzeit noch offen. Zuerst soll der einfarbige Plastik- den traditionellen Zelluloidball ersetzen.