Kommentar zu Nadals French-Open-Sieg: Rafas Weg zum Titel beendet die GOAT-Debatte

Von Felix Kneidl
Rafael Nadal holte in Paris in seinem 14. French-Open-Finale seinen 14. Titel.
© getty

Rafael Nadal hat am Sonntag zum 14. Mal Roland Garros gewonnen und steht nun insgesamt bei 22 Grand-Slam-Titeln. Mit 36 Jahren ist er auf dem Höhepunkt seiner Karriere - und beendet die GOAT-Debatte. Ein Kommentar.

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Ja, es gab schon mal emotionalere Endspiele auf dem legendären Court Philippe Chatrier. Das lässt sich auch immer gut am Jubel von Rafa Nadal ableiten. Nach dem 6:3, 6:3, 6:0 über Casper Ruud sank der "King of Clay" nicht mal zu Boden, wie er es so oft zuvor in seiner Karriere getan hatte. Zu eindeutig war das Ergebnis, zu klar war in den Minuten zuvor, was gleich passieren würde.

Trotzdem war das, was an diesem Sonntag, den 5. Juni 2022 geschah, der größte Triumph in der historischen Karriere von Rafael Nadal. Größer als Wimbledon 2008? Größer als das "Miracle in Melbourne"? Ja!

Man kann nicht sagen, dass er abgeschrieben war vor diesen French Open. Dafür ist der Respekt vor den Leistungen des Spaniers auf der roten Asche von Paris einfach zu gewaltig. Trotzdem: Favoriten waren andere. Sein ewiger Rivale Novak Djokovic, der mit dem Titel in Rom zum perfekten Zeitpunkt seine Form gefunden hatte. Oder der furchtlose Carlos Alcaraz, der die Tennis-Szene im Sturm erobert hatte und bereits als der "neue Rafa" galt.

Am Ende triumphierte aber wieder mal der "alte Rafa". Zum 14. Mal. Vierzehn! So viele Majors gewann Pete Sampras insgesamt. Als der Amerikaner 2002 diese Bestmarke aufstellte, dachte man, sie sei für die Ewigkeit. So naiv war die Tenniswelt. Damals, in den Zeiten vor den "Big Three".

Nadal, Djokovic und Federer: Großartigste Ära im Tennis

Roger Federer, Novak Djokovic und Rafael Nadal rissen das Spiel in den Jahren darauf an sich und prägten die großartigste Ära, die Tennis je gesehen hat. Damit einher gingen die unausweichlichen Diskussionen unter den Fanlagern, wer denn nun der Größte aller Zeiten sei. Und Argumente finden sich genügend:

Federer hob Tennis auf ein neues Level, in seinen besten Zeiten war er allen andern spielerisch haushoch überlegen. Er war der Maestro, der Künstler. Djokovic vernichtete seine Gegner zu Hochzeiten regelrecht. Er ist eine unerbittliche Maschine. Und Nadal? Der kämpfte alles nieder, was sich ihm in den Weg stellte. Sein Kampfgeist sucht weltweit seinesgleichen.

In den letzten Jahren ist aus dem legendären Dreikampf allerdings ein Zweikampf geworden. Die Nummer eins machen der "Djoker" und der "Matador" unter sich aus. Und wie:

  • Djokovic ist die meisten Wochen die Nummer eins der Welt!
  • Nadal steht seit 2005 ununterbrochen in den Top Ten!
  • Djokovic beendete das Jahr siebenmal als Nummer eins!
  • Nadal hat zwei olympische Goldmedaillen!
  • Djokovic führt im Head-to-Head!
  • Nadal hat mehr direkte Duelle bei Grand Slams gewonnen!
  • Djokovic hat die meisten Masters-1000-Siege!
  • Nadal hat die meisten Grand Slams!

Nadal: Weg zum French-Open-Sieg beendet GOAT-Debatte

Es steht jetzt 20:20:22 bei den Slams. Nochmal: zwanzig, zwanzig, zweiundzwanzig! Eurosport-Moderator Matthias Stach sagte am Sonntag: "Man erwischt sich dabei, dass man das für normal hält". Das ist es ganz und gar nicht. Man könnte es sich jetzt also leicht machen, indem man sagt, dass die Debatte mit Nummer 22 beendet ist. Der Djoker müsste jetzt noch drei weitere Slams gewinnen, um die Nummer eins zu werden. Dennoch wäre das zu kurz gegriffen.

Es ist vielmehr der Weg zu diesem historischen Triumph, der die Debatte beendet. Wer Nadal in Rom vom Platz schleichen sah, der musste mit dem Schlimmsten rechnen. Das Draw bescherte ihm den schwerstmöglichen Weg. Nach der zweiten Runde gegen Corentin Moutet konnte er kaum noch laufen. Die Ärzte betäubten seinen Fuß, nur so konnte er das Turnier überhaupt zu Ende spielen. Gegen Felix Auger-Aliassime musste er in fünf Sätze, zum erst dritten Mal überhaupt in Paris.

Nadals Körper schien endgültig am Ende zu sein, doch dann kamen der überraschend deutliche Sieg über Djokovic und der epische Kampf gegen Alexander Zverev. Der Deutsche schaffte es vor seiner tragischen Verletzung in beiden Sätzen einfach nicht, Nadal zu "killen". Wie so viele vor ihm. Keiner kämpft so sehr wie Rafa. Trotz aller Hindernisse. Trotz aller Schmerzen. Ruud war am Ende kein Hindernis mehr auf dem Weg in den Tennis-Olymp.

Im September 2021 wusste Nadal laut eigener Aussage nicht einmal, ob er überhaupt jemals wieder Tennis spielen könne. Im Juni 2022 hat er beide Grand-Slam-Turniere des Jahres gewonnen und steht bei 22 Titeln. Er selbst kann es sich auch nicht logisch erklären. "Dieser Ort ist einfach magisch für mich", sagte er nach dem Finale. Die Legende John McEnroe tönte nach dem Sieg über Djokovic bereits, dass wir "den besten Nadal aller Zeiten" sehen. Nein, Johnny, das tun wir nicht. Aber wir sehen den ewigen Nadal. Den größten Spieler aller Zeiten.

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