Fed-Cup-Kapitän Rainer Schüttler im Interview: "Zverev ist viel zu gut, um kein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen"

Rainer Schüttler hat als Trainer von Angie Kerber gearbeitet.
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In Australien hat Alexandra Vecic mit dem Halbfinal-Einzug bei den Juniorinnen aufhorchen lassen. Nachdem lange wenig nachgekommen ist, war das ein wichtiges Zeichen für den DTB-Nachwuchs, oder?

Schüttler: Definitiv. Was mich vor allem hoffnungsfroh macht, ist, dass es nicht nur Alexandra Vecic gibt. Wir haben in diesen Jahrgängen bestimmt zehn bis 15 Mädels, die alle super spielen und die alle Potenzial haben. Es wird spannend zu beobachten sein, welche von ihnen in den nächsten Jahren den Sprung schafft.

Das Fed-Cup-Finalturnier findet im April in Budapest statt. Im Davis Cup haben wir das erste Finalturnier nach der Reform schon erlebt. Niemand ist so wirklich ein Fan davon, wie ist Ihre Meinung?

Schüttler: Ich bin auch kein Fan von der Reform. Ich bin ein Fan von Heim- und Auswärtsspielen. Das macht doch den Reiz aus. Ich kenne es selbst aus meiner Rolle als Turnierveranstalter. Wenn ich dem Publikum in Genf einen Schweizer Star bieten kann, ist das Stadion voll. Wenn nicht, und da kann der Spieler ähnlich gut sein, ist es nicht voll. Es kommen zu so einem Event ja auch nicht wie im Fußball viele Fans extra eingeflogen. Wir haben in Spanien gesehen, wie wenig teilweise los war, wenn Nadal und Co. nicht gespielt haben. Das ist einfach schade für so ein großes Event wie den Davis Cup. Dass der ATP Cup in Australien jetzt so ein Erfolg war, lag vor allem daran, dass dort sehr clever die Plattform der zuvor bestehenden Turniere genutzt wurde. Außerdem ist der Januar der große Tennis-Monat für die Aussies. Ob es aber in Budapest voll wird, da habe ich meine Zweifel.

Rainer Schüttler ist der neue Teamchef des deutschen Fed-Cup-Teams.
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Rainer Schüttler ist der neue Teamchef des deutschen Fed-Cup-Teams.

Rainer Schüttler über Novak Djokovic: "Es ist extrem faszinierend zu sehen, wie Novak sein Spiel innerhalb eines Matches umstellen kann"

Lassen Sie uns noch über Alexander Zverev sprechen, der es Ihnen in Melbourne fast nachgemacht hätte und fast ins Finale eingezogen wäre. Wie überrascht waren Sie von seinem starken Auftreten?

Schüttler: Generell war ich überhaupt nicht überrascht, weil Sascha ein großartiger Spieler ist und das erste Halbfinale bei einem Grand Slam längst überfällig war. Aber ich war insofern wie viele andere auch jetzt etwas überrascht, weil es sich ja nicht angedeutet hat. Ich kann es von außen schlecht beurteilen, aber die lange Saison im vergangenen Jahr, danach die Schaukämpfe mit Roger Federer - die Vorbereitung sah von außen nicht optimal aus. Ich habe mitbekommen, dass Sascha dann wirklich unfassbar hart trainiert haben muss, um gerade im Aufschlag wieder den Rhythmus zu finden - das ist ihm offensichtlich hervorragend gelungen. Auch im Match gegen Dominic Thiem hatte er ja seine Chancen, da haben nur wenige Punkte den Unterschied gemacht. Hut ab vor Saschas Turnier. Hut ab auch davor, wie er sich insgesamt präsentiert hat. Seine Aktion, dass er das komplette Preisgeld gespendet hätte bei einem Triumph, fand ich klasse. Sascha ist ein guter Typ und ein mega Spieler. Er wird seinen Weg gehen und auch irgendwann ein Grand Slam gewinnen. Er ist viel zu gut, als dass er keines gewinnt.

Wie sehen Sie denn das Rennen der NextGen-Stars?

Schüttler: Ich wüsste nicht, wen ich da vorne sehe. Sascha, Tsitsipas, Medvedev, die liegen alle so eng beieinander. Thiem ist erst 26, Kyrgios müssen wir auf der Rechnung haben, wenn er weiter seinen Kopf zusammen behält, dann haben wir noch Auger-Aliassime, Shapovalov, Rublev und noch einige Jungs. Diese Gruppe wird sich einen schönen Konkurrenzkampf liefern.

Dieses Mal hatte am Ende aber wieder mal einer der Big Three den Pokal in den Händen. Sie kennen Novak Djokovic schon ewig, was fasziniert Sie an ihm am meisten?

Schüttler: Ich kenne Novak schon, seit er 15 Jahre alt war. Ich weiß noch, als ich 30 war und er so um die 20, da habe ich schon gesagt: Ich wünschte, ich wäre so klar im Kopf und könnte meine Matches auf dem Platz so messerscharf analysieren wie er. Es ist extrem faszinierend zu sehen, wie Novak sein Spiel innerhalb eines Matches umstellen kann, wenn er mit seiner Taktik nicht so durchkommt. Das macht ihn so besonders, Ähnliches gilt auch für Roger. Und Novak ordnet alles dem Erfolg unter, das zeichnet ihn auch aus. Er hat schon mit 7 Jahren ein Interview gegeben und gesagt, dass er die Nummer eins der Welt werden will. Das stand für ihn praktisch fest. Diese Klarheit ist sehr beeindruckend.

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