US Open: "Du bist wunderbar, Coco": Osakas große Geste rührt Gauff zu Tränen

SID
Großer Hype um die 15-jährige Coco Gauff: Gegen Naomi Osaka war sie am Ende jedoch chancenlos.
© getty

Naomi Osaka wusste ganz genau um die emotionale Tragweite des Augenblicks. Schließlich hatte sie an eben dieser Stelle, unter dem Flutlicht des Arthur-Ashe-Stadiums, auch schon bittere Tränen vergossen. Vor einem Jahr war das, als ihre sportliche Sternstunde von Serena Williams und deren skandalösen Ausrastern überschattet wurde. Nun stand sie also wieder dort - doch die Tränen flossen diesmal auf der anderen Seite des Netzes.

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Aufgelöst, erschlagen vom Druck der Erwartungen und geschlagen vom Druck ihrer Gegnerin, stand da Cori Gauff, diese zum Wunderkind gehypte 15-Jährige. Eine Vielzahl der 23.771 Zuschauer in der größten Tennis-Arena der Welt und Millionen vor den TV-Bildschirmen wollten ihre "Coco" in der dritten Runde der US Open gegen die Titelverteidigerin siegen sehen.

Am Ende war sie chancenlos. Und als das 3:6, 0:6 nach nur 65 Minuten Gewissheit war und alle Anspannung der Enttäuschung wich, kullerten bei Gauff Tränen übers Gesicht. Osaka registrierte das genau und zeigte Feingefühl.

Statt als Siegerin in dem ihr vorbehaltenen Court-Interview über die Effizienz des Aufschlags, die Präzision der Rückhand oder die Besonderheit der Fans zu plaudern, überließ die 21-Jährige das Rampenlicht Gauff. Diese sträubte sich zunächst, schritt dann aber unter dem tosenden Jubel der Fans auf dem Center Court ans Mikrofon.

Osaka zu Gauffs Eltern: "Großartige Spielerin großgezogen"

"Ich habe hier so viel gelernt, sie war so süß zu mir. Ich danke ihr so sehr", sagte die Teenagerin mit tränenerstickter Stimme. Schon bei der Umarmung am Netz direkt nach dem Spiel habe Osaka sie gefragt, ob sie trotz der Niederlage auf dem Court sprechen wolle. "Ich sagte nein", erzählte Gauff, "weil ich wusste, dass ich die ganze Zeit weinen würde. Aber sie ermutigte mich, das zu tun."

Gerührt stand die Japanerin daneben, auch ihr schossen die Tränen in die Augen, ehe sie das Wort ergriff und an Gauffs Eltern in der Box richtete. "Ihr habt eine großartige Spielerin großgezogen", rief Osaka und wandte sich dann an Gauff: "Du bist wunderbar, Coco."

Für Osaka schloss sich an diesem Abend ein Kreis. Im Endspiel im vergangenen September hatten Williams' wüste Attacken gegen den Schiedsrichter ihren größten Sieg zur Nebensächlichkeit degradiert. Der eigentlich schönste Moment ihrer Karriere wandelte sich unter den Buhrufen der Zuschauer zu einem schmerzhaften Erlebnis.

Osaka und Gauff kennen sich schon jahrelang

Nun, so sagte Gauff, habe Osaka "bewiesen, dass sie eine wahre Athletin ist." Damit beschreibe sie "jemanden, der dich auf dem Court wie den schlimmsten Feind und neben dem Court wie den besten Freund behandelt", sagte Gauff: "Und genau das hat sie heute Nacht getan." Osaka erklärte, sie habe rein "instinktiv" gehandelt. "Als ich ihre Hand geschüttelt habe, sah ich, dass ihr die Tränen kamen", sagte die Weltranglistenerste: "Das hat mich daran erinnert, wie jung sie eigentlich ist."

Die beiden Spielerinnen verbindet vieles. Lange trainierten sie in der gleichen Akademie in Florida, ihre Väter sind befreundet. Und Gauff schaut zu Osaka auf, heute noch mehr als früher. "Sie ist die Nummer eins der Welt", sagte die Amerikanerin, "ich weiß also, was ich noch tun muss, um auf dieses Level zu kommen."

Ein besseres Vorbild als Osaka könnte sie dabei nicht haben. Sowohl auf als auch neben dem Platz.

Görges und Petkovic sorgen sich um Supertalent Gauff

Den deutschen Spielerinnen Julia Görges und Andrea Petkovic bereitet der Hype um Gauff Sorgen. "Ich habe ein bisschen Angst um sie", sagte Petkovic bei den US Open nach ihrem Aus in der dritten Runde: "Ich hoffe, dass die Amis ein bisschen den Ball flachhalten. Aber man kann jetzt nicht behaupten, dass sie das tun."

Seit dem Achtelfinaleinzug bei ihrem Grand-Slam-Debüt in Wimbledon steht die US-Amerikanerin Gauff enorm im Fokus. Die Begeisterung hat aber auch positive Seiten, meint die Darmstädterin Petkovic: "Sie hat die höchsten Einschaltquoten bei ESPN, das ist natürlich super fürs Tennis."

Auch Julia Görges (Bad Oldesloe) ist der Trubel um Gauff nicht ganz geheuer. "Ganz ehrlich: Ich möchte nicht in ihrer Haut stecken", sagte die 30-Jährige nach ihrem Einzug ins Achtelfinale und führte aus: "Mir tut das Mädchen ein bisschen leid. Sie ist ein super süßes Mädchen, sie hat eine super Einstellung. Aber ich möchte nicht mit ihrer Situation tauschen, wenn ich noch einmal 15 wäre."

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