Die Last eines ganzen Königreichs

Von Marcus Blumberg
Andy Murray gewann den Titel vor zwei Jahren in Wimbledon
© getty
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Schwerster Draw: Die untere Hälfte ist generell die schwierigere in diesem Jahr. Aber für den ohnehin schwächelnden Rafael Nadal, der nach seinem Rasen-Erfolg in Stuttgart am Queen's Club schon in Runde eins rausging, kommt es knüppeldick: Die ersten beiden Runden sollten gegen Thomaz Bellucci und möglicherweise Dustin Brown noch recht locker vom Schläger gehen. Aber dann wird es interessant für den Spanier: Der aufstrebende Victor Troicki könnte in Runde drei unangenehm werden, im Achtelfinale dann wartet wohl Fabio Fognini.

Der große Kracher käme schließlich im Viertelfinale: Publikumsliebling Murray ist auf frühem Kollisionskurs mit Nadal und schlug selbigen vor kurzem noch auf Sand in Madrid und zwar deutlich. Spätestens dann dürfte für den zweimaligen Wimbledon-Sieger Schluss sein.

Leichtester Draw: Es hört nicht auf für Stan The Man: Der Schweizer hat wohl den leichtesten Draw aller Herren dieses Turniers erwischt. Zum einen steht er in der oberen Hälfte, weshalb er mit Ausnahme vom Djoker allen Big Names bis zum Finale aus dem Weg geht, zum anderen sind alle möglichen Gegner bis zum Halbfinale äußerst überschaubare Gegner.

Los geht es für die Nummer vier der Setzliste gegen den Portugiesen Joao Sousa. Weiter geht's gegen Victor Estrella Burgos oder Benjamin Becker. Als nächstes lauern dann mit Dominic Thiem oder Fernando Verdasco die ersten halbwegs komplizierten Konkurrenten auf den Sieger von Roland Garros. Auch danach warten schlimmstenfalls Tommy Robredo oder David Goffin -wahrlich auch keine Rasenspezialisten. Das aus neutraler Sicht hochklassigste Viertelfinale wäre dann ein Duell mit Milos Raonic, der aber auch schlagbar ist für Stan in Topform. Und im Halbfinale käme es zum Roland-Garros-Rematch mit Djokovic - das hatte er ja auch schon gewonnen. Ob Stan irgendwann mal wieder einen so verlockenden Weg ins Finale auf dem Centre Court vorfinden wird?

Eines ist aber schon sicher: Seine eher spezielle Badehose aus Paris wird er auf dem Heiligen Rasen nicht tragen dürfen. Das gibt der Dresscode des All England Clubs definitiv nicht her.

Upset Alert: Den ganz großen Upset kann man in Runde eins bei diesem Draw wohl nicht erwarten. Aber wenn ein ungesetzter Spieler gute Chancen hat, einen gesetzten früh raus zu kicken, dann sicher der Australier Thanasi Kokkinakis und wenn auch nur, um zweideutige Plakate seiner Fans von Down Under zu sehen. Die australische Zeitung Free Melbourne brachte in seiner ultimativen Ausgabe nach dem Erfolg von Kokkinakis nach seinem French-Open-Erfolg über Bernard Tomic die Schlagzeile: "Bernie chokes on Kokk"...

Gegen den an 24 gesetzten Leonardo Mayer aus Argentinien ist sicherlich etwas drin, obwohl der zuletzt meist gut aussah und in Nottingham erst im Halbfinale an Denis Istomin scheiterte.

Die Deutschen: Insgesamt haben es acht Deutsche ins Hauptfeld geschafft, darunter mit Dustin Brown und Michael Berrer zwei Qualifikanten. Gesetzt ist erstmals seit 1998 niemand bei den Herren.

Eindeutig dürfte es für den besten DTB-Spieler in der Weltrangliste, Philipp Kohlschreiber, aussehen. Er trifft auf den Titelverteidiger. Gegen den Djoker wird Kohli kein Land sehen.

Nächster im Bunde ist Jan-Lennard Struff. Er bekommt es mit dem Australier Bernard Tomic zu tun. Die Nummer 27 des Turniers ist klarer Favorit, aber einen kleinen Upset Alert sollte man hier auch ausgeben, das Zeug zur Überraschung hat Struff.

Offen sind die Duelle von Alexander Zverev gegen den Russen Teymuraz Gabashvili und Benjamin Becker gegen Estrella Burgos. Es ist sogar gut möglich, dass Zverev bis in die dritte Runde vordringt, wo mit Kei Nishikori aber ein harter Brocken im Weg stünde. Bei Becker müsste spätestens in Runde zwei Ende sein, da droht Wawrinka.

Florian Mayer hat durchaus gute Chancen gegen Juan Monaco, doch dann folgt schon Nick Kyrgios als möglicher nächster Gegner. Bestenfalls erreicht er Runde drei, in der aber Milos Raonic droht.

Der Kanadier wäre übrigens auch der mögliche zweite Gegner von Tommy Haas. Der Comebacker muss dazu aber auch erstmal Dusan Lajovic überwinden, was angesichts der Schulterproblematik kein Selbstläufer wird.

Brown könnte nach einem Erstrundenduell mit Lu Yen-Hsun auf Nadal treffen. Eine Hürde, die trotz schwacher Form ein Stück zu hoch sein dürfte. Dann wäre da noch Berrer, der auf Adrian Mannarino trifft. Übersteht er dies, käme es zum Aufeinandertreffen mit Gael Monfils.

Man muss also kein Prophet sein, um zu prognostizieren, dass die zweite Woche an der Church Road ohne männliche deutsche Beteiligung stattfinden wird.

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