Murray ringt Kohlschreiber nieder

SID
Andy Murray gewann in München ein packendes Finale gegen Philipp Kohlschreiber
© getty

Der Schotte Andy Murray gewinnt in München seinen ersten Sandplatztitel. Doch als Sieger darf sich ein bisschen auch der hervorragende, aber enttäuschte Philipp Kohlschreiber fühlen.

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Nach seinem historischen Sieg war Andy Murray zunächst ein wenig irritiert. "Muss ich das machen?", fragte er nach dem Endspiel des ATP-Turniers in München. Er musste nicht, dann aber nahm der Schotte, der drei Wochen zuvor Freundin Kim ganz traditionell im Kilt geheiratet hatte, doch die Lederhose, verschwand hinter einer spanischen Wand und schlüpfte hinein in das edle, hirschlederne Stück. Dann zwängte er sich damit in den 139.000 Euro teuren BMW i8, den es neben der bayerischen Tracht sowie 80.000 Euro als Siegprämie gab.

"Das ist ein Tag, den ich so schnell nicht vergessen werde", sagte der Weltranglistendritte. Das lag zunächst weniger an der Lederhose und der schicken Hybrid-Flunder, die er kurz über den Centre Court auf der Anlage des MTTC Iphitos steuerte. Das lag zunächst daran, dass er nach einem grandiosen Endspiel, das am Sonntag zunächst unterbrochen worden war, Philipp Kohlschreiber mit 7:6 (7:4), 5:7, 7:6 (7:4) niederrang. Für Murray war es der 32. Turniersieg, aber auch sein erster auf Sand - und der erste auf diesem Untergrund für einen Briten seit Buster Mottram 1976.

Kohlschreiber war selbstverständlich ein bisschen neidisch. "Du darfst gleich das Auto rumfahren und ich darf dabei wieder nur zuschauen", sagte er kurz vor der Siegerehrung zu Murray. Fast hätte der 31 Jahre alte Augsburger als Erster zum dritten Mal in der Open-Ära das kleine, aber feine Turnier in München gewonnen, nach 2007 und 2012 und der Finalniederlage 2013 gegen Tommy Haas. 3:04 Stunden lang lieferte er Murray ein Duell auf Augenhöhe, es war eine hochklassige Partie, ein Thriller. "Es tut weh, wenn man alles gibt und ein geiles Match spielt", sagte er.

Kohlschreiber zeigte hervorragendes Tennis

Ein bisschen durfte sich freilich auch der ein wenig unglückliche Verlierer als Sieger fühlen. Neben Hauptdarsteller Murray war Kohlschreiber der beste Nebendarsteller in München, er spielte in der ganzen verregneten Woche hervorragendes Tennis, sein bestes im Endspiel. Doch besonders merkenswert war auch sein Verhalten außerhalb des Platzes: Kohlschreiber wirkte wie ausgewechselt, er ist freundlich, entspannt, beweist Humor. Und er war ein fairer Verlierer: Am Ende gewinne im Tennis "der, der es mehr verdient hat", sagte er über Murray.

Murray und Kohlschreiber spielten drei Sätze lang am Limit, trieben sich vor 3000 begeisterten Zuschauern zum Äußersten, Murray gewann sogar einen Punkt weniger (117) als Kohlschreiber (118). Nur bei den zwei, drei entscheidenden Punkten im Tiebreak des dritten Durchgangs war die deutsche Nummer eins nicht ganz auf der Höhe - Murray nutzte diese Chance rücksichtslos aus. "Da hat mir vielleicht ein bisschen die Kaltschnäuzigkeit gefehlt", sagte Kohlschreiber, ansonsten, sagte er völlig zurecht, wisse er nicht, was er sich vorwerfen könne.

"Er ist ein fantastischer Spieler", lobte Murray die Nummer 24 der Weltrangliste. Das gilt vor allem auf Sand, jenem Untergrund, auf dem sich Kohlschreiber zu den "zehn besten der Welt" zählt. Schon am Dienstag kann er dies beweisen, dann beim Masters in Madrid, in der ersten Runde gegen Alejandro Falla aus Kolumbien. Und bei einem Sieg dann gegen: Andy Murray. "Da werde ich versuchen, meinen Frust wegzuspielen", sagte Kohlschreiber.

Zverev-Brüder verpassen Turniersieg im Doppel

Die Brüder Alexander und Mischa Zverev haben in München ihren ersten Titel auf der ATP-Tour verpasst. Die Hamburger Tennisprofis verloren im Finale des Sandplatzturniers gegen die topgesetzte Paarung Bruno Soares/Alexander Peya (Brasilien/Österreich) 6:4, 1:6 und 5:10. Das Match war am Sonntag wegen Regens unterbrochen worden.

Weder Riesentalent Alexander noch sein Bruder Mischa hatten zuvor ein Finale auf der Profitour erreicht. Im Einzel waren beide in der zweiten Runde ausgeschieden.

Für Peya/Soares war es bereits der elfte gemeinsame Titel, zusammen kassierten sie in München 24.280 Euro Preisgeld. Die Zverevs durften sich mit 12.760 Euro trösten.

Die ATP-Weltrangliste im Überblick

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