Fed-Cup-Team bezahlt Lehrgeld

SID
Angelique Kerber verlor auch das dritte Einzel der Deutschen
© getty

Nach dem dramatischen Ende eines geplatzten Titeltraums bildeten die deutschen Fed-Cup-Spielerinnen einen Kreis und weinten gemeinsam. Doch ihre Tränen wichen nach der 1:3-Niederlage gegen Tschechien im Endspiel von Prag schnell dem Trotz. "Wir werden dieses Scheißding irgendwann gewinnen, so wahr ich hier stehe", sagte Teamchefin Barbara Rittner nach dem dramatischen 6:7 (5:7), 6:4, 4:6 von Angelique Kerber im dritten Einzel gegen Wimbledonsiegerin Petra Kvitova.

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Im Tollhaus von Prag bezahlte die DTB-Auswahl in ihrem ersten Endspiel seit 22 Jahren allerdings noch Lehrgeld. Bezeichnend für das unglücklich verlaufene Wochenende, dass Kerber im entscheidenden Satz gegen die Weltranglistenvierte Kvitova mit 4:1 führte - und trotz starker Leistung nach 2:57 Stunden doch unterlag. "Zwei, drei Punkte haben das Match entschieden. Wir sind enttäuscht, aber diese Erfahrung kann uns keiner mehr nehmen", meinte Kerber.

Den Ehrenpunkt holten im unbedeutenden Doppel Sabine Lisicki und Julia Görges durch ein 6:4, 6:3 gegen Lucie Hradecka/Andrea Hlavackova.

Symptomatisch für ihre sportliche Achterbahnfahrt war die Tatsache, dass die deutsche Nummer eins während des Spiels in Tränen ausbrach, nachdem sie im ersten Durchgang sechs Satzbälle vergeben hatte. Mit einem Handtuch über dem Kopf saß "Angie" unmittelbar danach weinend auf der Bank. Der folgende große Kampf von Kerber wurde nicht belohnt.

Trotzdem sah Rittner schon wieder Licht am Ende des Tunnels. "Der Tag heute war sehr wichtig für uns alle, das war unser wahres Gesicht, wenn wir so angefangen hätten, hätte es für mehr gereicht", meinte die 41-Jährige mit Blick auf den völlig verkorksten Auftakt am Samstag.

Mentale Überforderung

Bezeichnend für die enorme Anspannung und mentale Überforderung der Rittner-Mannschaft war ein fataler Fauxpas von Hoffnungsträgerin Kerber. Ausgerechnet beim Satzball im Match gegen die tschechische Nummer zwei Lucie Safarova (4:6, 4:6) schrie die Kielerin nach einem gelungenen Vorhandball "komm' jetzt!" - dabei war der Ballwechsel noch gar nicht beendet.

Was bedeutete, dass der Punkt und damit der Satz an Safarova (Nr. 17) gingen. "Ich dachte, es ist ein Winner. Aber natürlich kenne ich die Regeln und wusste, was das bedeutet", sagte Kerber nach ihrer "Dummheit".

Wie im ersten Durchgang vergab die Wimbledon-Halbfinalistin von 2012 auch im zweiten Satz eine 4:2-Führung. Ihre große Verunsicherung dokumentierten vor den Augen von Vizekanzler Sigmar Gabriel zwei Doppelfehler im letzten Aufschlagspiel.

Auch Petkovic enttäuscht

"Natürlich war ich nervös, das hat man gesehen. Diese Atmosphäre war einfach anders als bei normalen Turnieren", meinte Linkshänderin Kerber. Es sei schwierig gewesen, "fokussiert" zu bleiben. Für die 26-Jährige waren es die ersten Niederlagen im Fed Cup in diesem Jahr.

Andrea Petkovic (Darmstadt) hatte beim 2:6, 4:6 gegen Kvitova, die im bedeutendsten Teamwettbewerb eine Einzelbilanz von 23:6 Siegen hat, im ersten Einzel eine Überraschung verpasst.

"Ich habe vieles richtig gemacht und einiges falsch, und das reicht dann halt gegen eine Spielerin wie Petra Kvitova nicht", sagte die Weltranglisten-14., die sich mehrfach über Zwischenrufe tschechischer Fans zwischen ihrem ersten und zweiten Aufschlag beschwert hatte.

Probleme auf Hardcourtbelag

Zudem kam die French-Open-Halbfinalstin mit dem ultraschnellen Novacrylic-Hardcourtbelag (Petkovic: "Fast rasenähnlich") nicht zurecht. Wie sich nach Messungen herausstellte, hatte der auf Kvitova zugeschnittene Untergrund laut Reglement sogar die Toleranzschwelle überschritten. Der Deutsche Tennis Bund (DTB) verzichtete auf einen Protest, weil dieser keine Aussicht auf Erfolg besaß.

Rittner wollte den Belag aber nicht als Grund für die Niederlage verantwortlich machen. "Es war nicht unfair und kein großes Ding. Wir hatten ja auch die ganze Woche darauf trainiert", sagte die 41-Jährige, die beim letzten Fed-Cup-Coup 1992 noch als Spielerin dabei gewesen war.

Rittner hatte im Vorfeld bereits befürchtet, dass die neue Situation und die ungewohnte Atmosphäre eine entscheidenden Einfluss haben könnten. "Tschechien hatte den Titel 2012 ja genau in dieser Halle gewonnen. Das war schon ein großer Vorteil."

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