Einfach nicht zu schlagen

Von Ole Frerks
Rafael Nadal biss nach seinem Sieg in Paris den Pokal - zum neunten Mal
© imago

Rafael Nadal hat seiner Legende mit seinem neunten French-Open-Sieg ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Physisch und nervlich zeigte sich der Spanier dermaßen dominant, dass sich mal wieder die Frage stellt, wie man ihn in Paris überhaupt besiegen soll. Das ließ sich auch Novak Djokovic mit zunehmendem Spielverlauf ansehen, der seinen Traum vom Karriere-Grand-Slam dennoch nicht aufgeben will.

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"In den entscheidenden Momenten war Rafa einfach besser", musste Nole gestehen. "Ich werde bis zum Ende meiner Karriere versuchen, diesen Titel zu gewinnen." Versuchen, das ist der richtige Ausdruck. Denn dass er in Paris nur Außenseiterchancen hat, bis Nadal eines Tages abtritt, das weiß auch der Djoker.

Dabei hatte alles so gut ausgesehen für den Serben. Nadal schwächelte in dieser Saison ein wenig auf Sand, war "ängstlich und zögerlich", wie er selbst sagt. Drei seiner 15 Karriere-Niederlagen auf Sand kamen in dieser Saison, eine davon gegen Djokovic.

Auch am Sonntag lief zunächst alles für die Nummer zwei der Welt. Djokovic startete überragend ins Match, während Nadal sich ungewöhnlich viele Fehler leistete, und sicherte sich folgerichtig den ersten Satz. Man fragte sich schon: Ist heute der Tag gekommen? Kassiert Nadal etwa seine zweite Niederlage in Paris?

Der König bleibt im Amt

Nein und Nein. Nadal stärkte seinen Fokus, Djokovic verschlug ein paar Bälle - und schon drehte sich das Bild. Wo zu Anfang noch der Djoker das Tempo diktierte, übernahm nun Rafa die Kontrolle und gab sie bis zum Ende des Spiels nicht mehr her, auch wenn sein Kontrahent ihm dabei alles abverlangte.

Unwürdiges Ende

Es ist die Kombination aus Nervenstärke, Athletik und Killerinstinkt, mit der Nadal seit nunmehr zehn Jahren in Paris dominiert. Ist er einmal im Spiel, ist es kaum möglich, der menschlichen Ballwand auf Sand Paroli zu bieten. Man muss nahezu fehlerlos agieren und lange Ballwechsel unbedingt vermeiden, wie es der Schwede Robin Söderling 2009 als bisher Einziger schaffte.

Djokovic gelang das phasenweise ebenfalls richtig gut, aber phasenweise reicht gegen den Spanier eben einfach nicht aus. Es war dem Serben mit zunehmender Zeit anzumerken, dass er von Nadal mürbe gemacht wurde. Mehrmals blickte er resigniert zum Himmel, misshandelte seinen Schläger und schrie seinen Frust heraus. Die Überzeugung, das Match noch gewinnen zu können, schien er schon im dritten Satz verloren zu haben.

Dass die Partie durch das unmögliche Hineinrufen eines Zuschauers de facto beendet wurde, war einem Spiel von dieser Qualität und Spannung unangemessen. Verloren hatte sie Djokovic allerdings schon vorher.

Der Djoker, der sich bei dem Störenfried noch ironisch bedankte, konnte die Brillanz seines Kontrahenten wenig später trotzdem anerkennen: "Ich kann Rafa nur gratulieren. Er ist einfach ein großer Spieler."

"Übermenschlich"

Und Nadal? Der sank zu Boden und heulte wie ein Schlosshund. "Ich war überwältigt. Diese Momente sind immer sehr speziell, denn du weißt nie, wie oft du noch ganz oben stehen wirst", erklärte der alte und neue Champion hernach seine Tränen.

Die vergangenen Wochen waren nicht nur mental, sondern auch körperlich extrem für den Mallorquiner. Beim Posieren für das Siegerfoto bekam er Krämpfe - was in seiner Heimat aber eher für noch mehr Bewunderung sorgte.

"Seine Zahlen machen einen besoffen. In der spanischen Sprache gibt es keine Adjektive mehr, um seine Leistungen zu beschreiben. Was dieser Mann leistet, ist übermenschlich", kommentierte etwa "El Mundo Deportivo", und auch "El Pais" schrieb mit kaum weniger Pathos: "Sein Schicksal ist es, zur Legende zu werden."

Keine Extra-Motivation durch FedEx

Die Zahlen Nadals sind mittlerweile in der Tat fast schon lächerlich. Neun Turniersiege in Paris, fünf davon zuletzt in Folge - beides Rekord. Eine Niederlage bei 67 Spielen - das ist eigentlich unfair. Welchen Stellenwert Roland Garros für ihn hat, machte Nadal am Sonntag selbst deutlich: "Hier will ich immer gewinnen. Das ist in jeder Saison das Wichtigste für mich. Es ist fast schon ein Stück Heimat geworden."

Auch sein Coach, Mentor und Onkel Toni ließ sich zu einem seltenen Lob hinreißen: "Was er geschafft hat, ist unglaublich und außergewöhnlich." Mit seinem 14. Grand-Slam-Titel hat er zudem mit Pete Sampras gleichgezogen und in der ewigen Bestenliste nur noch Roger Federer vor sich.

"Ihn einzuholen, ist keine besondere Motivation für mich", sagte Nadal zwar, aber man kann sich kaum vorstellen, dass er nicht auch diese Marke knacken wird, eher früher als später. Dies offen zu sagen, stimmt wiederum nicht mit Nadals Bescheidenheit überein.

So fand er auch im Moment des Triumphs noch die Größe, seinem ewigen Rivalen Respekt zu zollen: "Novak hätte den Titel auch verdient gehabt und wird ihn irgendwann auch gewinnen."

"Irgendwann" ist natürlich ein dehnbarer Begriff. Wen er dafür schlagen muss, ist klar.

Rafael Nadal im Steckbrief

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