Tommy Haas: Zurück in der Weltklasse

SID
Zuerst kommt Wimbledon, aber der Traum von Olympia lebt: Tommy Haas ist wieder da
© Getty

Der überraschende Turniersieg von Tommy Haas beim Rasenturnier in Halle über Roger Federer war auch in der deutschen Sportszene das Gesprächsthema Nummer eins. Andrea Petkovic sprach über Twitter davon, dass Haas "eine Inspiration für alle" sei. "Unmenschlich Tommy, sau geil! Glückwunsch", twitterte Julia Görges. Und Basketballer Dirk Nowitzki meldete sich mit "Du bist mein Held" zu Wort.

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Sie alle wissen, welche Leidenszeit hinter dem 34-Jährigen und dessen wechselvolle Karriere liegt. Fünf Operationen hat der Wahl-Amerikaner schon an Schulter und Hüfte über sich ergehen lassen müssen. Und jedes Mal hat er sich wieder auf die Tour und in die Weltklasse zurückgekämpft. "Er hatte das größte Pech aller Spieler dieser und der letzten Generation", sagt Federer.

Mit Außenseiterchancen nach Wimbledon

Dass er jetzt noch mal eine Wild Card für das wichtigste Tennisturnier der Welt in Wimbledon bekommt ist nur die logische Folge. Innerhalb eines Jahrs hat sich Tommy Haas von Weltranglistenposition 896 auf Rang 49 vorgespielt.

Bester deutscher Profi im Ranking ist als 28. weiter Florian Mayer aus Bayreuth. Einen Platz dahinter liegt der Augsburger Philipp Kohlschreiber, der Haas im Halbfinale von Halle unterlegen war. Die Weltrangliste führt weiter der Serbe Novak Djokovic vor Paris-Sieger Rafael Nadal (Spanien) und Federer an.

"So verrückt ist Tennis manchmal", sagt der Rechtshänder selbst. "Noch vor drei, vier Monaten habe ich Spritzen ins Knie bekomme und wusste nicht, ob ich noch einmal spielen kann."

Und jetzt fährt er plötzlich mit Außenseiterchancen auf den Titel zum dritten Grand-Slam-Turnier des Jahres nach London. "Ich traue ihm da einiges zu", sagt der Vizepräsident des Deutschen Tennis-Bundes (DTB), Carl-Uwe Steeb.

Der ehemalige Weltklassespieler glaubt nicht, dass sich seine Verletzungsanfälligkeit als nachteilig erweisen könnte, weil das Turnier im Unterschied zu Halle über drei Gewinnsätze gespielt wird. "Körperlich fehlt nichts", sagt Steeb, der Haas in Halle hautnah erlebt hat. "Spritzigkeit, Schnelligkeit und die Kraft in der Schulter - alles ist vorhanden."

DTB kämpft für Haas' Olympiateilnahme

Steeb sprach lange mit Haas. Auch über ein Thema das viele Tennisfans interessiert. Darf Haas nun bei den Sommerspielen in London starten, die auch auf Rasen ausgespielt werden? Sowohl die internationalen Kriterien des Welt-Tennisverbandes ITF als auch die Vorgabe des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) hatte Haas nach Paris nicht erfüllt, wobei der DOSB mit Rang 24 noch strengere Regeln auferlegt.

Durch den Turniersieg hat sich allerdings einiges geändert. Haas besiegte in Federer einen der Topfavoriten auf Gold und belegt in der Jahreswertung, die nur die Turniere 2012 zählt, Rang 28. "Er hat die DOSB-Kritieren fast erfüllt", sagt Steeb gegenüber dapd: "Tommy Haas hätte es mehr als verdient bei Olympia dabei zu sein. Wir werden alles dafür tun, dass es auch so kommt."

Doch die Chancen sind eher gering. Der DOSB schickte nach dapd-Informationen in der vergangenen Woche dem DTB einen Brief, in dem sie dem Tennisverband mitteilten, von einem weiteren Wild-Card-Ansinnen abzusehen.

Doch die DTB-Macher wollen nicht aufgeben und werden in den nächsten Tagen ein Gespräch auf höchster Ebene mit DOSB-Präsident Thomas Bach ersuchen. Sie sagen sich: was passiert, falls Haas jetzt auch noch Wimbledon gewinnen sollte?

Haas wie 2009

Tommy Haas ist in der Form von Halle wirklich alles zuzutrauen. Als Tennisspieler fühlt sich der 34-Jährige wie "neunundzwanzigeinhalb", wie er sagt. Er hat durch seine Verletzungen mehr als vier Jahre als Profi verloren. Und aus dem Spieler mit Hang zur Sorglosigkeit ist ein gereifter und austrainierter Athlet geworden, der an seinen Karrierebrüchen und Verletzungssorgen auch gewachsen ist.

"Ich fühle mich schon an 2009 erinnert", sagt Haas. Damals gewann zunächst auch in Halle, um anschließend in Wimbledon erst im Halbfinale dem späteren Sieger Roger Federer zu unterliegen.

Vielleicht macht es Haas ja auch Goran Ivanisevic nach, der im Spätherbst seiner Karriere den ersten und einzigen Grand-Slam-Titel seiner Karriere erringen konnte. 2001 in Wimbledon. Auch der Kroate war wie Haas mit einer Wild Card ins Turnier gegangen.

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