Die englische Patientin

SID
Hofft, in Wimbledon wieder ihre Form zu finden - und vor allem, gesund zu bleiben: Sabine Lisicki
© Getty

Auf den großen Plätzen darf vor Turnierbeginn in Wimbledon niemand spielen. Das gilt ausnahmslos für alle Spieler - inklusive dem sechsfachen Turnierchampion Roger Federer. Die fein getrimmten Courts im All England Lawn Tennis and Croquet Club werden in diesen Tagen noch mal gehegt und gepflegt und erst am Montag für den Spielbetrieb frei gegeben. Auch Sabine Lisicki muss sich daran halten.

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Doch das Gefühl wen sie Anlage an der Church Road im Südwesten Londons betritt, um auf den Nebenplätzen zu üben, ist ein gutes. "Es ist schön zurück zu sein", sagt die Berlinerin.

Im vergangenen Jahr feierte die 22-Jährige beim berühmtesten Tennisturnier der Welt mit dem Halbfinaleinzug den bisher größten Erfolg ihrer Karriere. Jetzt, ein Jahr später, hat sie sich unter den besten Spielerinnen in der Welt etabliert.

Momentan steht sie auf Rang 15 WTA-Rangliste. Doch das Ranking bildet derzeit nicht ihr wahres Leistungsvermögen ab. Lisicki hat ziemlich mit sich und ihrer Form auf dem Platz zu kämpfen.

Noch keinen Sieg seit ihrer Rückkehr auf die Tour

Seit sie Anfang April beim Turnier in Charleston mit dem linken Fuß umgeknickte und diese Sprunggelenksverletzung sie zu einer sechswöchigen Pause zwang, hat sie kein Match mehr auf der Tour gewonnen. Sie kommt einfach nicht mehr richtig in Tritt.

Die Muskulatur war schnell wieder aufgebaut, doch das Selbstvertrauen hat einen größeren Schaden genommen als zunächst angenommen. Nachdem sie mit zwei Erstrundenniederlagen zu den French Open nach Paris gereist war und auch dort in der ersten Runde verlor, hadert Lisicki mit sich und der Tenniswelt.

Sie hatte hart an ihrem Comeback gearbeitet, sich so gequält wie nie zuvor in ihrer Karriere, um ihre Ausdauer und Kraft zu verbessern. Sie lief durch Berliner Wälder und stemmte in den dunklen Fitnessräumen viel Gewicht.

Doch irgendwie verließ sie zwischen Jogging und Hanteln das Gefühl für den Tennisschwung. Sie hätte das obligatorische Bälle schlagen in dieser Zeit vernachlässigt, wie Lisicki in Paris nach der glatten Zweisatzniederlage gegen die US-Amerikanerin Bethanie Mattek-Sands in Paris einräumte.

Das Ziel sind die Top Ten

Zwangsläufig. "Der Tag hat zu wenig Stunden", hatte die Rechtshänderin gesagt, "man kann leider nicht beides gleichzeitig machen." Dass sie in Paris früh scheitern könnte, nahm sie also hin. Einem Auftritt beim wichtigsten Sandplatzturnier der Welt wollte sie sich nicht verweigern: "Wer sagt schon die French Open ab."

Sabine Lisicki hat inzwischen gelernt, in größeren zeitlichen Abschnitten zu denken. Sie will sich nicht länger auf einem Platz zwischen elf und 20 bewegen. "Ich will endlich in die Top Ten und nicht immer die Nummer 13 bleiben." Sie fand es aus diesem Grund wichtiger, an den Grundlagen zu arbeiten. "Selbst wenn es zunächst einen Schritt zurück bedeutet, wird sich das auf lange Sicht auszahlen", glaubt Lisicki.

Druck verspürt sie nicht

Dass das Schlagtraining allein nicht der Grund für ihre Formschwäche war, zeigte sie aber in der vergangenen Woche beim Rasenturnier in Birmingham. Dieser schnelle Untergrund kommt ihrem Spiel mit den flachen wuchtigen Grundschlägen sehr viel besser entgegen als das langsame rote Ziegelmehl.

Im vergangenen Jahr hatte sie das Turnier sogar für sich entschieden und war mit entsprechend viel Selbstvertrauen nach Wimbledon gereist.

Diesmal war ihr erstes Match gegen die Polin Urszula Radwanska auch gleichzeitig ihr letztes. Die Niederlage gegen die jüngere Schwester der Weltranglistendritten Agnieszka Radwanska war eine große Enttäuschung. Dass vielleicht der Druck, viele Weltranglisten-Punkte in Wimbledon verteidigen zu müssen, zu groß sei?

"Nein", entgegnet Lisicki: "Welcher Druck denn?" Wenn das mal nicht ein wenig geschwindelt ist. Nur mit guten Resultaten in Wimbledon kann Lisicki ihre Kritiker in der nächsten Woche Lügen strafen.

Die WTA-Weltrangliste

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