Maria Scharapowa will weiter siegen

SID
Geschafft! Mit dem Erfolg in Paris hat Maria Scharapowa den Karriere-Grand-Slam perfekt gemacht
© Getty

Ob dieser kleine Zettel mit den wenigen französischen Worten einmal eine Wertsteigerung erfahren wird, wie das Stück Papier von Jens Lehmann mit den Elfmeterschützen der argentinischen Nationalmannschaft bei der WM 2006, kann niemand voraussagen. Aber die Chancen stehen recht gut, dass sich irgendwann mal ein reicher Mensch finden wird, der viel Geld hinlegt, um ihn zu erwerben.

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Mit "Merci beaucoup" bedankte sich Maria Scharapowa nach ihrem 6:3, 6:2-Finalsieg gegen die Italienerin Sara Errani bei den French Open am Samstag beim Publikum auf Französisch und las ihre Worte von jenem Zettel ab, den sie sich noch vor der Siegerehrung griff.

Sie sprach weiter von einem "moment magnifique" und redete dann doch lieber auf Englisch weiter, um ihre Gefühle für ihren ersten Paris-Triumph angemessen auszudrücken, der ihr als zehnte Spielerin in der mehr als 130-jährigen Tennisgeschichte den Karriere-Grand-Slam und die Rückkehr an die Spitze der Weltrangliste bescherte.

Doch mehr als "sprachlos" bekam die Russin auch nicht mehr heraus. Sie hat jetzt nach Wimbledon (2004), den US Open (2006) und den Australian Open (2008) mit dem Sieg im Stade Roland Garros jedes der vier großen Major-Turniere einmal gewonnen.

Dem Karrierende näher als einem weiteren Grand-Slam-Sieg

Nachdem die 25-Jährige ihren dritten Matchball verwandelt hatte, sank sie auf die Knie und verharrte für einige Sekunden auf dem roten Sand. Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen - und weinte. "In diesem Moment habe ich realisiert, was ich erreicht habe", sagte später in der Pressekonferenz eine völlig überwältigte Scharapowa.

Die oftmals so beherrscht und kühl wirkende Russin war so berührt wie selten in ihrer Karriere zuvor. "Als ich mit 17 in Wimbledon gewonnen habe, dachte ich, dass ich diesen unglaublichen Moment in meiner Karriere nicht mehr erleben werde und jetzt denke ich, dass dieser Sieg hier das Unvergesslichste ist, was ich je erfahren habe. Es ist surreal."

Glaube nie verloren

Es ist der Lohn für die harte und kontinuierliche Arbeit in den vergangenen Jahren, der Lohn für die ganze Plackerei und die dunklen Tage, die sie als Mensch und als Sportlerin durchleben musste. Nach ihrer komplizierten Schulteroperation im Oktober 2008 war sie dem Karriereende näher als einem weiteren Grand-Slam-Sieg.

Und kaum jemand hatte damit gerechnet, dass Maria Scharapowa auf dem für sie ungeliebten Ziegelmehl einmal als strahlende Siegerin zurückkehren würde. Wohl alle - außer ihr selbst. "Ich habe immer an mich und mein Spiel geglaubt", sagte Scharapowa, "ich habe immer daran geglaubt, dass ich mich verbessern kann, auch auf Sand."

Und wie bemerkenswert sie mittlerweile mit dem langsamen Untergrund zurecht kommt, musste auch ihre Finalgegnerin Sara Errani neidlos anerkennen und leidvoll erfahren. Niemand auf der Tour hat in diesem Jahr häufiger auf Sand gewonnen als die kleine Italienerin aus Bologna. Mit ihrem variantenreichen Spiel und ihrer exzellenten Beinarbeit hat sie viele ihrer Gegnerinnen während den Tagen von Paris in die Resignation getrieben.

"Ich bin reich, ich bin berühmt, ich habe große Siege"

Doch gegen das Tempo, die Wucht und die Präzision Scharapowas war sie chancenlos. "Es war so schwierig für mich, sie in lange Ballwechsel zu bringen, weil sie schon nach dem Aufschlag oder auch nach dem Return nur zwei, drei Schläge brauchte, um den Punkt zu machen", haderte Errani.

Es war wirklich beeindruckend mit welcher Selbstverständlichkeit Scharapowa das Finale dominierte und immer wenn es darauf ankam, die Ballwechsel mit einer unerreichbaren Vor- oder Rückhand beendete. "Und es ist noch nicht vorbei", sagte die 25-Jährige nach ihrem vierten Major-Sieg.

Es klang wie eine Drohung an ihre Kontrahentinnen. Sie wolle noch viel mehr gewinnen, fügte Scharapowa hinzu. Und dafür gebe es einen simplen Grund: ihre Liebe zum Spiel. "Ich hatte schon so viele Auszeiten in meiner Karriere. Ich hätte sagen können, ich brauche das alles nicht mehr: Ich bin reich, ich bin berühmt, ich habe große Siege."

Aber die Liebe zum Spiel habe sie immer angetrieben. Nur drei Tage Pause will sich Scharapowa nun gönnen. Und dann die Vorbereitung für Wimbledon beginnen. In London braucht sie auch keinen Spickzettel mehr.

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