Tristesse und Kritik nach Viertelfinal-K.o.

SID
Kiefer zum Davis-Cup-Team: "Uns fehlen die Typen, sie sind zu blass. Da gab es mal andere Zeiten."
© Getty

Viertelfinal-Aus und Kritik von Nicolas Kiefer: Für die deutsche Davis-Cup-Mannschaft endete das Duell mit Favorit Frankreich (1:4) gleich in mehrfacher Hinsicht unerfreulich.

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Nicht nur der deutlich verpasste Sprung ins Halbfinale und viele vergebene Chancen schlugen Teamkapitän Patrik Kühnen nach einem Wochenende zum Vergessen aufs Gemüt. Auch das harte Urteil von Ex-Profi Nicolas Kiefer stieß den Spielern in Stuttgart übel auf.

Der 34-Jährige holte ausgerechnet im Rahmen seiner Verabschiedung zu einem Rundumschlag gegen das deutsche Männer-Tennis aus. "Uns fehlen die Typen, sie sind zu blass. Ich will niemanden persönlich angreifen, aber da gab es mal andere Zeiten", sagte Kiefer, der seine Karriere im Dezember 2010 beendet hatte.

Für den einstigen Weltranglistenvierten stehen Florian Mayer und Co. derzeit zu Recht im Schatten des Fräuleinwunders mit den Protagonistinnen Andrea Petkovic, Julia Görges und Sabine Lisicki. "Die Frauen machen es uns vor. Bessere Werbung kann man nicht machen. Sie ziehen alle an einem Strang. Das", so sagte Kiefer, "fehlt mir bei den Männern."

"Keine Weltklasse-Nation, aber viele gute Spieler"

Zumindest auf dem Court am Weissenhof, wo am Montag das ATP-Turnier beginnt, konnten die Kühnen-Schützlinge die Kritik nicht widerlegen. "Wir sind keine Weltklasse-Nation. Wir bestehen aus vielen guten Spielern", erklärte Philipp Petzschner. Nach seiner Niederlage an der Seite von Christopher Kas gegen Jo-Wilfried Tsonga/Michael Llodra (6:7, 4:6, 4:6) war die Entscheidung angesichts eines 0:3-Rückstands am Samstag vorzeitig zu Ungunsten des dreimaligen Davis-Cup-Gewinners gefallen. Petzschner holte am Sonntag durch ein 6:3, 6:4 gegen Llodra zumindest den Ehrenpunkt, bevor Philipp Kohlschreiber mit 6:7 (3:7), 6:7 (5:7) Tsonga unterlag.

Für Kühnen war der Verlauf des Doppels symptomatisch für das Duell mit dem letztjährigen Finalisten. "Gegen solch gute Mannschaften wie Frankreich bekommt man eben nur ganz wenige Chancen. Diese gilt es zu nutzen, das haben wir aber nicht geschafft", haderte der 45-Jährige. Vor allen Dingen mit Blick auf das letztlich richtungweisende Eröffnungseinzel von Florian Mayer.

Trotz eines 2:0-Satzvorsprungs und einer 5:4-Führung mit Break vor im dritten Durchgang verlor der Bayreuther bei seiner Premiere als deutsche Nummer eins 6:4, 6:4, 5:7, 3:6, 3:6 gegen Richard Gasquet. Seine zunächst als "unerklärlich" bezeichneten Krämpfe wurden für Mayer erst mit Abstand erklärbarer: "Vielleicht hatte es mit der Anspannung zu tun. Die ist im Davis Cup natürlich eine andere", sagte der Weltranglisten-20. über die nicht gemeisterte Drucksituation.

Auch Kohlschreiber konnte nicht über sich hinauswachsen. Der Halle-Sieger bot Gael Monfils, Nummer sieben der Welt, zwar Paroli, verlor aber mit 6:7 (3:7), 6:7 (5:7), 4:6. Um zu sehen, wo seine Equipe im internationalen derzeit stehe, müsse man laut Kühnen nur auf die Mannschafts-Rangliste schauen: "Auf Platz acht."

Petzschner fordert Geduld

Während sich der Kapitän einen Kommentar verkniff, konterte Doppelspieler Kas die Kiefer-Vorwürfe: "Wenn die Strafen des Weltverbandes ITF nicht so hoch wären, würden wir uns auf dem Platz auch extrovertierter präsentieren. Ein Philipp Petzschner ist zum Beispiel ein Super-Charakter. Aber wenn er sich mit Aussagen weit aus dem Fenster lehnt, gibt es gleich Kritik", sagte Kas.

Petzschner forderte mit Blick auf die öffentliche Wahrnehmung und die Ambitionen im Davis Cup Geduld ein. "Wir müssen uns weiter entwickeln. Dann können wir guten Teams vielleicht in zwei, drei Jahren Paroli bieten", meinte der Doppel-Wimbledonsieger von 2010.

Zum unglücklich verlaufenen Wochenende passte die Atmosphäre auf dem Center Court. Während rund 250 französische Fans mit XXL-Flagge, Megaphon und Gesängen eine optische wie akustische "blaue Wand" bildeten, waren auf den restlichen Plätzen deutliche Lücken zu erkennen.

"Die Franzosen sind wirklich toll organisiert. Das ist vielleicht auch eine Mentalitätsfrage", sagte Kühnen und fügte vorsichtig an: "Natürlich wünscht man sich bei einem Heimspiel ein ausverkauftes Haus."

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