Zickenkrieg? "Lasse ich nicht an mich ran"

Von Interview: Florian Regelmann
Julia Görges kommt als Nummer 16 der Welt zum Turnier nach Wimbledon
© Getty

Julia Görges spielt eine herausragende Saison und kommt als Nummer 16 der Welt nach Wimbledon. Vor dem dritten Grand-Slam-Turnier des Jahres spricht die 22-Jährige über Tipps von Steffi Graf, die Neid-Frage auf der Damen-Tour und ihren Lieblings-Biathleten.

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SPOX: In Wimbledon sind Sie bis jetzt noch nicht über die 2. Runde hinaus gekommen, in den letzten beiden Jahren war in Runde eins schon Schluss. Es wird Zeit, dass sich Wimbledon und Julia Görges besser verstehen, oder?

Julia Görges: (lacht) Sicher ist es das Ziel, auch in Wimbledon zu bestehen und so weit wie möglich zu kommen - eigentlich bin ich aber ganz entspannt. Ich bin gut gesetzt und habe keine Punkte in der Weltrangliste zu verteidigen. Ich habe jetzt noch nicht so viel Spielpraxis auf Rasen und beim Vorbereitungsturnier in Eastbourne haben wir gesehen, woran ich zu arbeiten habe, genau das werden wir jetzt auch tun.

SPOX: Sie sind ja jetzt auch eine völlig andere Spielerin als noch vor einem Jahr. Was hat sich am meisten verändert? Sie haben mal gesagt, früher haben Sie nach dem dritten Ball nur noch geschossen...

Görges: Gut, das war ja ein Problem, das wir durch harte Trainingsarbeit abgestellt haben. Insgesamt ist es so, dass ich mich unabhängig vom Bodenbelag viel besser bewege, besser zu den Schlägen stehe und entsprechend druckreich auch mein Spiel bestreiten kann. Ich denke, dass man das in letzten Wochen auch gut von außen sehen konnte.

SPOX: Auf jeden Fall. Sie stehen inzwischen auf Rang 16 der Weltrangliste. Wird man von den anderen Spielerinnen anders wahrgenommen als vorher?

Görges: Wenn man gut spielt und in der Rangliste nach oben klettert, wird man natürlich eher wahrgenommen, aber das ist der Lauf der Dinge. Ansonsten bemühe ich mich, zu allen nett und freundlich zu sein, unabhängig von Ranglistenpositionen.

SPOX: Das Damen-Tennis ist unglaublich offen aktuell. Li Na hat die French Open gewonnen. Francesca Schiavone war wieder im Finale. Das sind sicher Spielerinnen, die Sie auch schlagen können, wenn Sie Ihr bestes Tennis spielen. Wie weit weg ist ein Grand-Slam-Sieg für Sie?

Görges: Ich habe immer gesagt, dass ich in kleinen Schritten denke, daran hat sich nichts geändert. Ich bin gegenwärtig die Nummer 16 der Welt. Darauf bin ich schon stolz, das ist schneller gegangen, als ich es erwartet habe. Ich denke mehr daran, diese Position zu festigen, als nach oben zu schauen.

SPOX: Die Williams-Schwestern sind in Eastbourne auf die Tour zurückgekehrt. Die beiden haben dem Damen-Tennis schon gefehlt in letzter Zeit.

Görges: Ich denke, dass das Damen-Tennis durch die vielen guten Spielerinnen sehr spannend geworden ist - wir haben unter den Top 20 eine hohe Leistungsdichte, da kann an gewissen Tagen jede Spielerin die andere schlagen. Ich bin gespannt, wie sich die Williams-Schwestern wieder eingliedern.

SPOX: Sind die Williams-Schwestern Spielerinnen, die sie bewundert haben früher?

Görges: Mein Vorbild war eigentlich immer Martina Hingis.

SPOX: Sie haben kürzlich in Halle einen Schaukampf mit Steffi Graf gespielt. Glauben Sie, dass Steffi Graf in ihrer Topform von damals im heutigen Damen-Tennis noch vorne dabei wäre, Grand Slams gewinnen könnte?

Görges: Das ist eine sehr spekulative Fragestellung, mit der man schwer umgehen kann. Das Spiel ist sicherlich schneller und athletischer geworden, aber der Spitzensportler ist ja auch ein lernendes System, eine Athletin wie Steffi hätte sich darauf auch eingestellt. Ein hohes Niveau der anderen zieht zum Teil das eigene Niveau mit hoch durch Anpassungsprozesse, etc. Auf diese Frage gibt es kaum eine gute Antwort.

SPOX: Hatten Sie auch die Chance, etwas mit Steffi Graf zu plaudern? Was für Tipps hat Sie Ihnen vielleicht gegeben?

Görges: Sie war gut informiert über die Entwicklungen und hat auch gerade die letzten Wochen verfolgt. Ihr wichtigster Tipp war, dass wir unsere Turnierplanung sehr genau durchdenken sollen.

SPOX: Mit Andrea Petkovic, Sabine Lisicki und Ihnen hat Deutschland drei Top-Mädels, die vorne mitspielen können. Stacheln sie sich gegenseitig auch zu Erfolg an?

Görges: Dies liegt in der Natur der Sache. Erfolge von Mannschaftskameradinnen beflügeln. Man sieht, es geht was und man ist selbst ja nicht soweit entfernt.

SPOX: Andrea Petkovic erzählt gerne, dass sie ja großer Rafael-Nadal-Fan ist. Bei Ihnen steht Biathlet Ole Einar Björndalen hoch im Kurs, warum er?

Görges: Das ist der Respekt vor der komplexen Leistung "Schießen und Laufen" - zudem hat er sich auch im Spezial-Langlauf bewährt, das ist schon bemerkenswert.

SPOX: Ich weiß nicht, wie es im Biathlon ist, aber Ana Ivanovic hat erzählt, dass es zwischen den Frauen im Tennis extrem viel Neid geben würde auf der Tour. Jede würde besser aussehen wollen als die andere. Maria Scharapowa hat gesagt, sie ist nirgendwo so ungern wie in der Garderobe. Gibt es diesen Zickenkrieg wirklich ein wenig?

Görges: Ich versuche, höflich zu anderen zu sein und mir selbst stets treu zu bleiben. Ich schaue schon sehr auf mich selbst. Was links und rechts abgeht, versuche ich nicht zu sehr an mich ranzulassen.

SPOX: Letzte Frage: Als Tennis Profi ist man das ganze Jahr unterwegs und lebt aus Koffern. Erinnern Sie sich an Momente, in denen es hart war, bis Sie jetzt in der Weltspitze angekommen sind?

Görges: Natürlich weiß man, wo man herkommt und wie steinig der Weg war. Das gilt übrigens für die Strecke, die hinter mir liegt, aber auch für die, die vor mir liegt.

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