Zwischen Wimbledon und Harvard

Von Florian Regelmann
Tennis-Star Mario Ancic (rechts) bei seinem Gastvortrag an der Harvard-Universität
© Emily Dupraz/Harvard Law School

Mario Ancic ist kein gewöhnlicher Tennis-Profi. Der intelligente Kroate machte seinen Diplom-Abschluss in Jura und durfte nun einen Gastvortrag an einer Elite-Universität halten. Bei SPOX erzählt Ancic von seinem Harvard-Besuch.

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Game, Set and Match, Ancic! 206 Mal hat Mario Ancic diese drei magischen Worte des Tennissports in seiner Karriere auf der ATP Tour schon gehört.

Der Kroate galt als der nächste Goran Ivanisevic. Er ist einer der wenigen Spieler, der Roger Federer in Wimbledon geschlagen hat. Er stand beim traditionsreichsten Grand-Slam-Turnier der Welt 2004 sogar schon mal im Halbfinale, er hat bis dato drei Titel gewonnen und knapp vier Millionen Dollar an Preisgeld eingespielt.

Ancic: Mehr als nur Tennis

2005 sorgte er mit seinem Sieg im entscheidenden Einzel für den Davis-Cup-Sieg Kroatiens und vor drei Jahren erreichte er mit Rang sieben seine bislang beste Weltranglistenplatzierung.

Kurzum: Mario Ancic hat schon so einiges erreicht. Wer sich ein bisschen für Tennis interessiert, dem dürfte dies auch bekannt sein.

Was viele aber vielleicht nicht so wissen, ist, dass in dem 1,95 Meter großen Schlacks aus Split viel mehr steckt als einfach nur ein Mensch, der ganz gut gegen einen kleinen gelben Filzball schlagen kann.

Gastvortrag an der Harvard-Universität

Ancic ist ein schlaues Köpfchen. Während seiner ganzen Karriere studierte er nebenbei an der Universität von Split Jura und machte im vergangenen Jahr seinen Diplom-Abschluss.

Allein das wäre schon beeindruckend. Dass sein 68 Seiten umfassendes Thesenpapier tatsächlich aber auch akademisch höchsten Graden würdig ist, zeigte nun eine ganz besondere Einladung.

Die berühmte Elite-Universität von Harvard lud Ancic ein, einen Gastvortrag zu halten. Während alle anderen Spieler nach dem ersten großen Hartplatz-Turnier des Frühjahrs in Indian Wells in den Flieger stiegen, um zum nächsten Event nach Florida zu reisen, machte Ancic also einen kleinen Umweg.

90 Minuten lang referierte der 24-Jährige in bestem Englisch und beantwortete die Fragen der Studenten.

"Habe Obamas Harvard-Büro gesehen"

"Es war so aufregend. Es war wie auf dem Centre Court in Wimbledon zu spielen. Ich habe mich sehr geehrt gefühlt, über den Campus zu laufen und die Harvard Law School und die Harvard Business School zu besichtigen", sagt Ancic im Gespräch mit SPOX.

"Ich habe gesehen, wo Präsident Obama sein Büro hatte, als er in Harvard gearbeitet hat. So viele berühmte Menschen haben hier studiert und danach die Welt auf verschiedene Art und Weise verändert", schwärmt der Kroate.

In seiner Diplomarbeit beschäftigte sich Ancic mit der Geschichte und der Struktur der ATP Tour. Er befasste sich mit generellen Themen wie dem Pensionsplan der ATP, mit Krankenversicherungsfragen oder Verpflichtungen, die die Spieler haben. Außerdem scheute er auch vor brisanten Themen wie Doping und Sportwetten nicht zurück.

Wohlhabende Familie als Grundlage

Wer sich fragt, woher der große Wunsch nach einer akademischen Laufbahn neben der Profikarriere bei Ancic kommt, der muss wissen, dass er von Haus aus nicht der normale Tennisspieler ist.

Ancic musste sich nicht aus armen Verhältnissen durch den Tennissport nach oben arbeiten. Er stammt aus einer wohlhabenden Familie - sein Vater Stipe ist Inhaber einer Supermarkt-Kette, seine Mutter Nilda arbeitet als Finanzberaterin.

"Ich habe mich schon immer für Jura und für betriebswirtschaftliche Angelegenheiten interessiert. Meine Eltern haben mich immer dazu ermutigt, meinen Abschluss zu machen und ich bin sehr glücklich, dass ich das jetzt geschafft habe", erklärt Ancic.

Pfeiffersches Drüsenfieber "ermöglicht" Diplomarbeit

Es war immer das gleiche Bild: Ob Ancic nach einem Match ins Hotelzimmer kam oder ob er in den Flieger stieg, um von Kontinent zu Kontinent zu jetten, sofort ging der Griff zu den Büchern.

Die Chance, seine Diplomarbeit aber tatsächlich auch zu Ende zu bringen, ermöglichte dann ausgerechnet eine Krankheit. Es war im Februar 2007, als Ancic nach einem Match gegen den Italiener Andreas Seppi wieder mal schlapp war und wusste, dass bei ihm etwas nicht stimmt.

Die Diagnose: Pfeiffersches Drüsenfieber. Sechs Monate lang musste Ancic pausieren. Zeit, um seine ganze Energie in sein Studium zu stecken.

Traum vom Wimbledon-Sieg

Inzwischen ist Ancic aber wieder gesund und bereit, nicht nur in Harvard, sondern auch auf dem Tennisplatz für Schlagzeilen zu sorgen. In der Weltrangliste steht er aktuell auf Rang 30 - mittelfristig soll der Weg wieder in die Top 10 führen.

"Ich bin immer noch sehr jung und ich habe das Gefühl, dass meine besten Jahre noch vor mir liegen. Mein Traum bleibt es, einmal Wimbledon zu gewinnen", sagt Ancic.

Ob er sich seinen Traum erfüllen kann oder nicht, über seine Karriere nach der Karriere muss er sich keine Sorgen machen. Vielleicht wird er im Sportrecht tätig sein oder als Dozent an einer Universität lehren. So oder so wird es heißen: Game, Set and Match, Ancic!

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