Nach WM-Pleite: Trainer fordern Änderungen

SID
Paul Biedermann polierte die Medaillenbilanz des deutschen Teams mit drei Bronzemedaillen auf
© Getty

Nach nur fünf Bronzemedaillen bei der WM in Shanghai fordern die Schwimmtrainer für die Olympischen Spiele 2012 in London Änderungen in der Vorbereitung.

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Nach der historischen WM-Pleite von Shanghai fordern die Schwimmtrainer Konsequenzen. Die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2012 in London soll anders terminiert werden.

"Die deutschen Meisterschaften sieben Wochen vor der WM waren nicht leistungsfördernd", sagte Henning Lambertz, Stützpunkttrainer in Essen und in China unter anderem für die Staffeln zuständig: "Wir haben als Trainer schon vorher gesagt: Entweder muss die DM näher ran oder weiter weg."

Abstand zwischen DM und WM zu groß

Der Abstand zwischen den nationalen Titelkämpfen Anfang Juni in Berlin, bei denen die WM-Normen erreicht werden mussten, und der WM Ende Juli sei zu lang gewesen, um das Leistungsniveau zu halten und weiterzuentwickeln, und zu kurz, um "noch mal einen neuen Formaufbau zu machen".

Die Folge: In Shanghai konnten viele Schwimmer, die sich für die harten WM-Normen richtig strecken mussten, ihre Zeiten nicht mehr wiederholen. Am Ende stand die schlechteste Medaillenausbeute der deutschen Schwimmer seit der Wiedervereinigung.

"Wir wussten, dass es sehr schwer wird, eine Steigerung zu bringen", sagte Lambertz, der in Essen die WM-Teilnehmer Hendrick Feldwehr, Jan David Schepers, Lisa Vitting und Sina Sutter betreut. "Die Form zu halten, das geht, aber mehr ist sehr schwierig."

Biedermann die Ausnahme

Die große Ausnahme war in Shanghai Paul Biedermann. Der dreifache Bronzemedaillengewinner steigerte sich bei der WM gegenüber den deutschen Meisterschaften deutlich und polierte die Medaillenbilanz des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) noch am meisten auf. "Er kann es sich natürlich leisten, bei der Deutschen nicht 100 Prozent fit zu sein", sagte Lambertz.

Biedermann hatte in Berlin lediglich über 200 m Freistil die geforderte Zeit unterboten, sie auf der doppelten Distanz aber verpasst.

"Er hat bei der Deutschen heftige Schelte bekommen, hier ist er der König. So wird's gemacht", sagte Freistilsprinter Marco di Carli. Der Frankfurter war das Gegenbeispiel: Sein Training war komplett auf die DM ausgerichtet, um nach vier Jahren in der Versenkung noch einmal ein WM-Ticket zu lösen. Danach ging die Formkurve steil nach unten.

"Am liebsten wäre es uns, wenn zwei Wochen vor der EM die deutschen Meisterschaften stattfinden und wir dann neun Wochen Zeit bis Olympia haben", sagte Lambertz mit Blick auf das nächste Jahr. Die Europameisterschaften in Antwerpen sind bereits vom 16. bis 27. Mai. In London beginnen die Schwimmwettkämpfe am 28. Juli.

Fernsehen bestimmt mit

Allerdings redet das Fernsehen ein gewichtiges Wort mit. Der ideale DM-Termin wäre in diesem Jahr genau an einem DFB-Pokal-Wochenende gewesen - und eine Live-Übertragung der Finals damit undenkbar. "Ich hoffe, diesmal winkt das Fernsehen uns durch", sagte Lambertz.

Änderungen anderer Art befürwortet Biedermann. "Der Modus bei der DM passt einfach nicht", sagte der 24-Jährige, "man hat zwischen Vorlauf und Finale mehrere Tage Pause. Es muss wie bei der WM sein, wo die Starts gleich nacheinander kommen." In Berlin hatte er bereits auf dieses Problem aufmerksam gemacht, dafür aber harsche Kritik der Verbandsführung geerntet.

Bundestrainer Dirk Lange sieht indes vor allem in der Zusammenarbeit mit den Heimtrainern Verbesserungsbedarf.

"Im Sprintbereich müssen wir die unterschiedlichen Trainingsansätze optimieren", sagte der Chefcoach der Schwimmer, der in Shanghai immer wieder betonte: "Es ist ja nicht so wie im Fußball, dass ich die ganze Mannschaft bei mir habe. Ich stehe den Heimtrainern beratend zur Seite und kann nur bestimmte Punkte zur Sprache bringen und eine Richtung aufzeigen."

Keine Erklärung für Leistung von Steffen

Auch das Leistungsloch von Britta Steffen ist weiterhin ein Thema. Biedermann hat seine Lebensgefährtin nach deren "Flucht" von der Schwimm-WM in Shanghai vehement verteidigt.

"Das Beste, was Britta machen konnte, war, gleich nach Hause zu fliegen," sagte der dreimalige WM-Dritte im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung". Sie habe sich nicht noch tagelang vorführen lassen müssen, und sie habe auch niemanden im Stich gelassen, so Biedermann.

Der 24-Jährige steht dem schlechten sportlichen Abschneiden seiner Freundin ratlos gegenüber. "Wir wissen noch nicht, warum es bei Britta so schlecht gelaufen ist. Jetzt müssen wir die Situation akzeptieren und sehen, dass wir wieder durch Leistungen in die Schlagzeilen kommen," sagte Biedermann.

Steffen selbst hatte ihren plötzlichen Heimflug zum einen damit begründet, dass sie "niemandem zur Last fallen" wollte. Andererseits sagte sie aber auch: "Sich die 100 und 50 Meter Freistil von der Tribüne aus anzusehen, wäre unerträglich gewesen."

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