"Es geht auch anders als beim Fußball"

Von Jan Lüdeke
Die Rugby-Fans gehören zu den besten Fans der Welt
© getty

Beim Six Nations 2017 steht der 2. Spieltag auf dem Programm (Samstag und Sonntag live auf DAZN). SPOX-Rugby-Kolumnist Jan Lüdeke ist vom Auftakt begeistert - vor allem aufgrund der überragenden Atmosphäre in den Stadien. Außerdem: Gänsehaut-Momente, Flower of Scotland und die Rückkehr der Franzosen.

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Hallo Rugby-Fans,

Das Auftaktwochenende der Six Nations war schon mal richtig geil! Das hat Bock auf mehr gemacht! Nicht umsonst sind die Six Nations das Sportevent mit dem höchsten Zuschauerschnitt weltweit. Selbst NFL oder Fußball-WM kommen da ja nicht ran. Am ersten Wochenende waren es schon wieder weit über 60.000 Zuschauer im Durchschnitt, der vom Spiel in Rom ein bisschen runtergezogen wurde.

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Und das Allerschönste ist doch die friedliche Stimmung. Wie Fans aller Nationen verteilt über das ganze Stadion sitzen und nicht getrennt in zwei Kurven. Keine Anfeindungen, keine Gewalt. Es wird gemeinsam gefeiert, gemeinsam geklatscht, gemeinsam Ruhe gegeben, wenn der Kicker sich auf seinen Kick vorbereitet. Es geht auch anders als beim Fußball, wo aktuell vor allem die Geschehnisse vom Spiel Borussia Dortmund gegen RB Leipzig nachwirken.

Gänsehaut-Momente sind garantiert

Gänsehaut-Momente sind beim Rugby auch immer wieder garantiert. Nehmen wir nur den Vorlauf des Spiels Schottland gegen Irland. Allein die irische Hymne "Ireland's Call" lässt kaum ein Auge trocken. Rugby ist eine der ganz wenigen Sportarten, in denen eine "gesamtirische" Auswahl aus Nordirland und Irland antritt, daher die besondere Hymne.

Und dann "Flower of Scotland". Jedes Mal unglaublich, wie das ganze Murrayfield mitsingt, begleitet vom Dudelsack - der Moment, in dem der aufhört zu spielen und es a capella weitergeht, ist so dermaßen beeindruckend, dass es für uns Kommentatoren danach gar nicht so leicht ist, weiterzureden.

Die Franzosen sind wieder wer

Kurz zu den ersten Spielen: Schottland war beeindruckend gegen Irland. Stuart Hogg hat gleich zu Beginn bewiesen, dass er der momentan wohl gefährlichste europäische Angriffsspieler ist. Dass die Iren sich nochmal zurückgekämpft haben, hat aber auch gezeigt, wie eng die Nationen beieinander sind. Irland hätte das Spiel auch gewinnen können, hatte der Effizienz der Schotten aber einfach nichts entgegenzusetzen.

England gegen Frankreich war ebenfalls ein Krimi. Wir haben die Frage aufgeworfen, ob England schlecht oder Frankreich gut gespielt hat. Ich glaube Letzteres. Die Franzosen sind wieder wer und können mithalten. England wird sich strecken müssen, um den Siegrekord der All Blacks (18 Spiele in Folge gewonnen, England steht jetzt bei 15) zu knacken.

Italien gegen Wales war irgendwie wenig aufschlussreich. Italien war überraschend stark, hat sich dann wegen mangelnder Disziplin das Spiel zerstört. Wales hat zurückgeschlagen, aber was diese Mannschaft kann? Ich weiß es nicht.

Frankreich vs. Irland die interessanteste Nummer

Ich freue mich auf jeden Fall auf das zweite Six-Nations-Wochenende. Los geht's mit Italien gegen Irland. Das dürfte eine klare Sache werden. Irland muss liefern, Irland muss jetzt mit Bonuspunkt gewinnen, wenn am Ende der Gesamtsieg herausspringen soll. Bei Italien könnte Kapitän Sergio Parisse (der gegen Wales selbst immer wieder beim Schiedsrichter lamentierte und so zur Undiszipliniertheit seiner Mannschaft beitrug) ausfallen, das dürfte die Mannschaft nicht kompensieren können. Aber auch so ist mir Italien im Vergleich zu Irland zu schwach.

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Das zweite Spiel am Samstag heißt Wales gegen England. Ich denke, danach werden wir schon eher sagen können, wo beide Teams stehen. England sollte das Ding sicher gewinnen, die Frage ist, wie hoch und ob mit Bonuspunkt. Das Angriffsspiel lahmte gegen Frankreich doch die meiste Zeit.

Das Kräftemessen zwischen Frankreich und Schottland ist für mich die interessanteste Nummer am Wochenende. Frankreich, mit den eigenen Fans im Rücken, kann ein echtes Ausrufezeichen setzen. Dass die Franzosen dazu in der Lage sind, haben sie gegen England bewiesen. Sie haben mit Kevin Gourdon endlich wieder einen richtig guten Mann für das Trikot mit der Nummer 7 auf dem Rücken, Camille Lopez steigert sich in der Rolle als Verbinder.

Schottland kann natürlich jetzt die Weichen in Richtung erster Sieg überhaupt bei den Six Nations stellen (der letzte Erfolg datiert von 1999, dem letzten Jahr der Five Nations, also bevor Italien aufgenommen wurde). Die Schotten haben eine homogene Mannschaft, sind auf alle Positionen stark besetzt und gehören nach dem Sieg über Irland ganz klar mittlerweile zum Favoritenkreis.

Bis zum nächsten Mal!

Euer Jan Lüdeke

Jan Lüdeke, geboren am 1. Juni 1985, verliebte sich vor vielen Jahren während eines Irland-Urlaubs in Rugby und spielte später einige Jahre als Dritte-Reihe-Stürmer für den Zweitligisten Studentenstadt Rugby München. Hofft, durch die vielen Rugby-Übertragungen auf DAZN den schönsten und ehrlichsten Sport der Welt auch vielen deutschen Sportfans näher zu bringen.

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