Peter Sagan: "Habe nichts falsch gemacht"

SID
Peter Sagan bezahlt mit dem Auschluss für seine rücksichtslose Fahrweise beim Zielsprint
© getty

Peter Sagans letzter Sprint dauerte genau 62 Sekunden. Im Trainingsanzug trat der von Tour de France ausgeschlossene Radsport-Superstar am noblem Teamhotel eilig vor die Presse und verabschiedete sich schmallippig. "Ich muss die Entscheidung akzeptieren", sagte der Weltmeister, "aber natürlich stimme ich mit der Jury nicht überein. Ich denke, ich habe nichts falsch gemacht."

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Bis Mittwochmittag war ein Einspruch bei der Tour-Rennleitung gegen den Bann für den Kapitän des deutschen Teams Bora-hansgrohe erfolglos geblieben. Laut Bora-Angaben habe das Team sogar beim Internationalen Sportgerichtshof CAS einen Eilantrag auf eine einstweilige Verfügung eingereicht - vergeblich.

Als um 13.10 Uhr das Feld in Vittel in die fünfte Etappe zur Bergankunft in La Planche des Belles Filles startete, wo der Italiener Fabiu Aru siegte und Titelverteidiger Christopher Froome das Gelbe Trikot übernahm, fehlte der Weltmeister.

Sagan verlässt damit als erklärter Sündenbock des üblen Massensturzes im Finale der vierten Etappe die Frankreich-Rundfahrt. Mit dem Slowaken geht auch der Brite Mark Cavendish, der sich als Folge der Kollision mit seinem Kontrahenten das Schulterblatt gebrochen hat.

"Es war schlimm, dass Mark gestürzt ist, das tut mir leid. Ich hoffe, er erholt sich gut", sagte Sagan in ehrlicher Betroffenheit. Er trug sein Aus mit Fassung, bekräftigte aber, dass es sich mitnichten um ein übles Foul gehandelt habe: "Es war ein verrückter Sprint, aber es war nicht der erste dieser Art und es wird nicht der letzte gewesen sein."

Bora-hansgrohe: "Kein Vorsatz gegen Cavendish"

Weitere Fragen zum Thema ließ Sagan nicht zu, er werde sich zu gegebener Zeit äußern. Bei Bora herrschte Unverständnis über das Aus für den millionenschweren Neuzugang, der dem Team am Montag noch den ersten Tour-Sieg beschert hatte. "Für uns war das ein klarer Rennunfall", sagte Teamchef Ralph Denk: "Es gab eine Berührung, Peter musste auf dem Bike balancieren, und dafür brauchte er seine Ellbogen. Das war kein Vorsatz und nicht gegen Cavendish gerichtet."

Das habe man auch im schriftlichen Einspruch an die UCI-Kommissäre so übermittelt. An jenen übte Denk angesichts des Umgangs mit dem Fall Sagan deutliche Kritik. "Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass uns einfach eine Entscheidung mitgeteilt wurde, ohne dass eine Anhörung stattgefunden hat", sagte der 43-Jährige: "Ich kenne das aus der Formel 1, da kracht es auch, und dann holt man die Fahrer an einen Tisch. Das ist hier nicht passiert."

Die Tour-Rennleitung rückte auch am Mittwoch nicht vom ihrem Verdikt des Vortages ab. "Wir haben uns dazu entschieden, Peter Sagan von der Tour de France 2017 zu disqualifizieren. Er hat auf den letzten Metern des Sprints Kollegen ernsthaft gefährdet", hatte Jury-Präsident Philippe Marien gesagt.

Greipel verteidigt Sagan, Cavendish zurückhaltend

Nicht nur Sagan und sein Bora-Team sahen dies anders. Auch von Kollegen und früheren Stars bekam der Slowake reichlich Zuspruch. "Manchmal sollte ich mir die Bilder ansehen, bevor ich rede. Entschuldigung an Peter Sagan - die Strafe ist zu hart", sagte der deutsche Sprintstar Andre Greipel, der den Weltmeister zunächst hart angegangen war ("Du hast mich zweimal beinahe getötet").

Die einstige Tour-Institution Jens Voigt meinte: "Die Disqualifikation ist meiner Meinung nach zu viel. Es wäre auch okay, wenn ihm 80 Punkte im Kampf um das Grüne Trikot abgezogen würden, er auf den letzten Platz der Etappe zurückversetzt würde und eine Zeitstrafe erhielte." Selbst der schwer verletzte Cavendish äußerte nur verhaltene Kritik: "Ich komme mit Peter gut klar, bin nur kein Freund davon, wenn er den Ellbogen so einsetzt."

Sagan ist ein harter Fahrer, aber keinesfalls ein unfairer, er wird der Tour 2017 fehlen - so der Tenor am Mittwoch. Und wenn es aus deutscher Sicht etwas Positives an der Causa Sagan gibt, dann dies: Der Weg zum Grünen Trikot, das der Slowake zuletzt fünfmal in Folge gewonnen hatte, ist nun für Marcel Kittel und Greipel weit weniger steinig.

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