Hayman wird Degenkolb-Nachfolger

SID
Matthew Hayman (r.) sprintet Richtung Sieg
© getty

Matthew Hayman aus Australien hat völlig überraschend erstmals den Klassiker Paris-Roubaix gewonnen und damit die Nachfolge des abwesenden Titelverteidigers John Degenkolb angetreten.

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Tony Martin hatte bei seiner starken Premiere aufopferungsvoll gekämpft, doch sein Kapitän Tom Boonen konnte die Arbeit des deutschen Edelhelfers nicht veredeln. In einem packenden Sprint verpasste der belgische Volksheld seinen fünften Sieg beim Klassiker Paris-Roubaix denkbar knapp und fuhr mit gesenktem Kopf über den Zielstrich.

Stattdessen stemmte völlig überraschend der Australier Matthew Hayman die begehrte Kopfsteinpflaster-Trophäe in die Höhe und wurde Nachfolger von John Degenkolb.

Boonen hatte die Enttäuschung über den entgangenen Rekordtriumph in der "Hölle des Nordens" wenig später kurz verdrängt und lobte sofort seinen deutschen Helfer. "Tony war großartig", sagte der 35-Jährige lächelnd über den Zeitfahr-Spezialisten und fügte an: "Es war extrem hart und am Ende wie Roulette. Ich bin aber sehr zufrieden mit meinem Team. "Besonders mit Martin, der über viele Kilometer an der Spitze gefahren war und das Rennen lange Zeit mitprägte.

Hayman trat als zweiter australischer Sieger in der Geschichte der "Königin der Klassiker" die Nachfolge des abwesenden Titelverteidigers John Degenkolb an. Der 37 Jahre alte Routinier vom Team Orica-GreenEdge hatte nach 257,5 km und ingesamt 27 der gefürchteten Kopfsteinpflaster-Passagen im altehrwürdigen Velodrom von Roubaix schlicht die größten Reserven und krönte seine bisherige Laufbahn. Dritter wurde der Brite Ian Stannard.

Favoriten stürzen

Maßgeblich für den Rennverlauf war ein Sturz 110 km vor dem Ziel, durch den ein Großteil des Pelotons einschließlich der Top-Favoriten Fabian Cancellara (Schweiz/Trek) und Weltmeister Peter Sagan (Slowakei/Tinkoff) ausgebremst wurde.

Martin, der sich bereits zuvor in der Verfolgung einer Fluchtgruppe für sein stark aufgestelltes Etixx-QuickStep-Team aufrieb, nutzte die Situation für eine Tempoverschärfung und fuhr das Feld förmlich auseinander.

Es entwickelte sich ein Rennen im Rennen, in dem Debütant Martin eine Hauptrolle zuteil wurde. "Es war unglaublich hart, mental wie physisch. Ich hätte mir gewünscht, im Finale mitzufahren, aber ich bin am Ende nur noch Schlangenlinien über das Pavé gefahren", sagte der gebürtige Lausitzer.

Bester Deutscher wurde so der ebenfalls starke Marcel Sieberg (Castrop-Rauxel/Lotto-Soudal) als Siebter direkt hinter dem Deutsch-Australier Heinrich Haussler.

Martin mit viel Führungsarbeit

Der 30-Jährige Martin zeigte sich von den gefürchteten Kopfsteinpflaster-Passagen wie bei seinem Tour-Etappensieg im Vorjahr völlig unbeeindruckt. Ob der berüchtigte Wald von Arenberg oder der mit 3700 m längste Pavé-Sektor Hornaing - Martin flog über die zermürbende Ruckelpiste und die Feldwege aus der Zeit Napoleons.

Mit zunehmender Dauer schwanden Martins Kräfte, nach dem Zusammenschluss mit der Fluchtgruppe verteilte sich die Führungslast aber auf mehrere Schultern. Unter anderem engagierte sich auch der ebenfalls bestens aufgelegte Sieberg, Martin ließ sich nach knapp 150 km in vorderster Front zurückfallen.

Für den dreimaligen Roubaix-Sieger Cancellara geriet die Verfolgung der von Martin bestens platzierten Gruppe um Boonen und Sieberg zum Desaster. Auf der matschigen und rutschigen Passage Mons-en-Pévèle (209 km), einem der schwierigsten Abschnitte, stürzte der 35-Jährige und war aller Siegchancen beraubt.

Sagan akrobatisch

Sagan, der sich bei Cancellaras Sturz akrobatisch auf dem Rad hielt, konnte den durch das Malheur entstandenen zusätzlichen Zeitverlust ebenfalls nicht mehr aufholen. Die Führenden um Hayman und Boonen schenkten sich bis zur Einfahrt ins Velodrom nichts, aber keiner kam entscheidend davon.

John Degenkolb, der 2015 als zweiter Deutscher 119 Jahre nach Josef Fischer in Roubaix triumphiert hatte, verfolgte sein erklärtes Lieblingsrennen vom Fernseher aus. Am 23. Januar hatte ein Frontalcrash mit dem Auto einer Britin im Trainingslager in Spanien den ersten Teil seiner Saison zerstört. Vor allem der beinahe abgerissene Zeigefinger der linken Hand beeinträchtigt den gebürtigen Thüringer, der nun die Tour de France im Visier hat.

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