Zurückholen, was ihm gehört

SID
Tony Martin will das Regenbogen-Trikot des Zeitfahr-Weltmeisters zurück
© getty

Tony Martin ruht in sich selbst. So sehr, dass der dreimalige Zeitfahrweltmeister in Spaniens Wintersonne genüsslich auf einer Strandliege döst, während 20 Meter entfernt sein sportlicher Leiter Rolf Aldag bei der Präsentation von Martins Team Etixx-Quick Step die Stärken des 29-Jährigen preist.

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Es ist die Ruhe vor dem Sturm. "Das Kribbeln kommt zurück. Ich habe Monate trainiert, bin heiß, die Arbeit des Winters im Rennen zu bestätigen", sagt Martin dem "SID".

In Calpe an der Costa Blanca holt sich der gebürtige Cottbuser dafür den Feinschliff. Am Dienstag beginnt in Australien mit der Tour Down under das erste World-Tour-Rennen. Martin selbst steigt zwei Wochen später in Dubai in eine Saison ein, in der er eine große Rechnung begleichen will.

"Ich habe gemischte Gefühle, wenn ich an 2014 denke. Es gab eine grandiose Tour de France, die mich als Fahrerpersönlichkeit nochmal nach vorne gebracht hat", sagt Martin, "aber auch das enttäuschende Ende mit WM-Silber, anstatt meinen vierten Titel zu holen."

"Ungewohnt, ihn ohne das Shirt zu sehen"

Martin unterlag in Ponferrada Bradley Wiggins und wird somit erstmals seit 2010 nicht im Regenbogen-Trikot des Weltmeisters fahren.

"Es wird ungewohnt sein, ihn ohne das Shirt zu sehen", sagt Aldag: "Tony soll sich wiederholen, was ihm gehört." Das will sich Martin nicht zweimal sagen lassen, der Zeitfahr-Triumph bei der WM im September in Richmond/USA steht weit oben auf seiner To-Do-Liste: "Ich möchte das Trikot zurückhaben, habe es liebgewonnen, will es 2016 wieder dauerhaft tragen."

Auch Martins zweites Objekt der Begierde in der Saison 2015 ist aus Stoff, zu holen bei der Tour. Diese bietet nur ein kurzes Zeitfahren, das aber gleich zum Auftakt in Utrecht.

"Dieses Jahr habe ich eine seltene Chance, am ersten Tag das Gelbe Trikot zu erobern. Das steht auf der Prioritätenliste für 2015 ganz oben", sagt der viermalige Tour-Etappensieger, "das, was ich noch nicht erreicht habe, ist, das Gelb zu tragen".

Die Ziele für 2015 sind klar definiert, bei allem weiteren hält sich Martin bedeckt. Im April wird er 30, er ist in den goldenen Jahren einer Radsport-Karriere. Optionen bieten sich reichlich, die Umschulung zum klassischen Rundfahrer steht weiterhin im Raum.

"Tour de France nicht abgeschrieben"

"Immer wieder dieselbe Frage, immer wieder dieselbe Antwort", sagt Martin: "Ich möchte erstmal zeigen, dass ich in den kleineren Rundfahrten vorne mitfahren kann. Das Thema Tour de France ist nicht abgeschrieben, aber in fernere Zukunft verschoben, es wird mich 2015 und 2016 nicht tangieren."

Eher schon die Jagd auf den Stundenweltrekord, die seit dem Vorjahr eine Renaissance erlebt. "Das ist auf jeden Fall ein Thema, bringt aber viel zeitlichen Aufwand mit sich", sagt Martin: "Einen definitiven Fahrplan gibt es noch nicht."

Vielleicht wird der Stundenrekord ein Abschiedsgeschenk von Martin an Quick-Step. Dort läuft sein Vertrag bis 2016, dann dürfte er zu den begehrtesten Fahrern auf dem Transfermarkt gehören.

"Es fehlt die gemeinsame Plattform"

Der Riesen-Rummel um das neue deutsche Team Giant-Alpecin mit den Stars Marcel Kittel und John Degenkolb imponiert Martin, die Aussicht eines deutschen "Super-Teams" ist reizvoll.

"Es ist schon das Ziel, irgendwann mal mit den ganz großen deutschen Fahrern in einem Team zu fahren", sagte Martin: "Es fehlt noch die gemeinsame Plattform. Aber wenn sich die irgendwann rauskristallisiert, sind wir alle sicherlich dafür offen."

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