Fall Armstrong überschattet Tour-Präsentation

SID
UCI-Präsident Pat McQuaid steht nach dem Doping-Skandal um Armstrong unter Beschuss
© Getty

Es ist der traditionelle Festakt zum unpassendsten Zeitpunkt. Wenn am Mittwoch im Palais des Congres der Vorhang zum großen Jubiläum der Tour de France fällt, dürfte die Strecken-Präsentation der 100. Auflage eher einer Trauerfeier gleichkommen.

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Denn der Dopingfall Lance Armstrong lastet wie ein großer Ballast auf dem französischen Nationalheiligtum, das nach all den Skandalen der vergangenen Jahren schon als "Apotheker-Rundfahrt" verschrien wurde und spätestens mit der Enttarnung ihres Rekordsiegers als einer der größten Betrüger der Sportgeschichte endgültig am Abgrund angelangt ist.

"Die Tour de France wird sich davon erholen", sagt Tourchef Christian Prudhomme getreu dem Motto "The games must go on". So werden wohl wieder leuchtende Bilder von begeisterten Zuschauern an den Rampen in den Alpen oder Pyrenäen auf der großen Leinwand zu sehen sein, die den vermeintlichen Helden der Landstraße in den bunten Trikots zujubeln. Prudhomme wird wieder auf den unermüdlichen Kampf gegen Doping hinweisen. Was soll er auch anderes tun, schließlich ist die Tour eine einzigartige Geldmaschine für die Amaury Sport Organisation.

Doch ein "Weiter so" mit den handelnden Personen dürfte schwer zu vermitteln sein. "Der Fisch stinkt vom Kopf", sagte der geständige Dopingsünder Jörg Jaksche dem ZDF und zielt auf den Weltverband UCI mit Präsident Pat McQuaid und dessen Vorgänger Hein Verbruggen ab. Er habe selbst die "Verlogenheit" feststellen müssen, als er nach seiner Dopingbeichte im Jahre 2007 zu einem "Höflichkeitsgespräch" bei der UCI eingeladen worden ist. Passiert sei damals nichts, wie so oft in der Vergangenheit.

Pat McQuaid gerät unter Beschuss

"Es tut mir leid, dass wir nicht jeden verdammten Dopingsünder erwischen konnten", sagte McQuaid auf der Pressekonferenz in Genf und wusch seine Hände in Unschuld. Warum er oder Verbruggen einem "verdächtig" gemeldeten Dopingtest Armstrongs bei der Tour de Suisse nicht nachgegangen sind, bleibt ihr Geheimnis. Stattdessen wurde der Star der Szene von höchster Stelle protegiert, Geldzahlungen Armstrongs in Höhe von 125.000 Dollar wurden freudig entgegen genommen, während Geständnisse von Ex-Dopern wie Floyd Landis oder Tyler Hamilton ungehört blieben.

Was McQuaid etwa von den Beiden hält, die entscheidend zur Aufdeckung des einzigartigen Sportbetrugs um Armstrong mithalfen, gab er in Genf ebenso preis. "Hamilton und Landis sind weit davon entfernt, Helden zu sein. Sie sind Drecksäcke. Alles was sie gemacht haben, ist dem Sport zu schaden", sagte der Ire, der selten ein Fettnäpfchen auslässt und einen Rücktritt kategorisch ausschließt.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. "McQuaids Kommentare entlarven die Heuchelei seiner Führung und zeigen, warum er nicht in der Lage ist, einen Wandel im Radsport herbeizuführen", sagte Hamilton und ergänzte: "Anstatt die Gelegenheit zu ergreifen, bei der nächsten Generation Hoffnungen zu wecken, zeigt er mit dem Finger auf die Leute, die geredet haben. McQuaid hat keine Zukunft mehr im Radsport."

"UCI muss die Scheuklappen abnehmen"

Es wird die nächsten Wochen zeigen, in wieweit sich eine Allianz gegen die UCI-Spitze bildet. Jean Regenwetter vom luxemburgischen Radsport-Verband hatte die UCI jüngst bereits mit einer Bananenrepublik verglichen.

Gegenwind gibt es auch vonseiten der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). "Die UCI muss definitiv die Scheuklappen abnehmen, sich die Leute anschauen, die damals für sie gearbeitet haben und sich fragen: Sind diese Leute immer noch dabei und können wir mit ihnen in Zukunft weitermachen?", sagte WADA-Boss John Fahey im australischen Fernsehen.

So dürfte am Mittwoch in Paris nicht nur mit, sondern auch über McQuaid geredet werden. Denn ob die Tour de France eine weitere schwarze Ära, wie die Armstrong-Zeit deklariert werden soll, überleben wird, ist fraglich. Schon jetzt kehren die Sponsoren dem Radsport den Rücken zu, wie der Ausstieg der Rabobank nach fast zwei Jahrzehnten jüngst zeigt.

Sicher ist in diesen Tagen nur, dass die Tour am 29. Juni auf der Mittelmeerinsel Korsika gestartet und am 21. Juli in Paris enden wird.

Die Chronologie des Dopingfalls Lance Armstrong

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