Lance Armstrong soll Millionen zurückzahlen

SID
Lance Armstrong soll zwölf Millionen Dollar zurückzahlen
© Getty

Nachdem der Weltverband UCI Lance Armstrong seine sieben Tour-de-France-Titel aberkannt hat, stellt nun eine Versicherungsgesellschaft die erste Rückforderung in Höhe von zwölf Millionen Dollar. Ein weiterer Sponsor hat die Zusammenarbeit mit dem US-Amerikaner beendet. Armstrongs bisher einzige Reaktion auf das Urteil: Er hat den Hinweis auf die Toursiege bei Twitter gelöscht. Derweil rückt auch die UCI in die Kritik.

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Geldrückforderungen in zweistelliger Millionenhöhe: Auf Lance Armstrong kommen Geldrückforderungen in zweistelliger Millionenhöhe zu. Nach der Aberkennung aller sportlichen Erfolge seit dem 1. August 1998 durch den Radsport-Weltverband UCI will insbesondere die Versicherungsgesellschaft SCA Promotions tätig werden. Insgesamt geht es um einen Betrag von zwölf Millionen Dollar (knapp 9,2 Millionen Euro).

"Wir werden eine formale Forderung nach Rückzahlung der Gelder stellen. Wenn dies nicht erfolgreich ist, werden wir innerhalb von fünf Tagen ein Gerichtsverfahren einleiten", sagte SCA-Anwalt Jeffrey M. Tillotson.

Die Firma hatte Armstrong 2002 eine Prämie von 1,5 Millionen Dollar für den Toursieg ausbezahlt, ein Jahr später wurden für den fünften Triumph bei der Frankreich-Rundfahrt weitere drei Millionen Dollar fällig. Nachdem im Jahr 2004 durch das von David Walsh und Pierre Ballester veröffentlichte Buch "L.A. Confidential" Doping-Anschuldigungen laut wurden, verweigerte SCA die vereinbarte Bonuszahlung von fünf Millionen Dollar für den sechsten Toursieg. Es kam zum Prozess, in dem Armstrong schwor, keine leistungssteigernden Mittel genommen zu haben. SCA verlor und musste inklusive Anwaltsgebühren und Prozesskosten 7,5 Millionen Dollar zahlen.

Hinweis auf Toursiege bei Twitter gelöscht: Lance Armstrong hat eine erste Reaktion auf die Aberkennung seiner sieben Titel bei der Tour de France gezeigt. Beim Kurznachrichtendienst Twitter änderte der 41-Jährige seine Statusmeldung und ließ den Hinweis auf die Toursiege zwischen 1999 und 2005 verschwinden.

"Erziehe meine 5 Kinder. Bekämpfe den Krebs. Schwimme, fahre Rad, laufe und golfe, wann immer ich kann", ist seit Dienstag auf dem Profil von Armstrong zu lesen. Zuvor hatte sein Status "Vater von fünf tollen Kindern, siebenmaliger Gewinner der Tour de France, Vollzeit-Krebsbekämpfer und Teilzeit-Triathlet" gelautet.

Armstrong zeigte damit zum ersten Mal seit elf Tagen wieder eine Aktivität bei Twitter.

Weiterer Sponsor beendet Zusammenarbeit: Nach der Ratifizierung der drastischen Strafen durch den Radsport-Weltverband UCI hat Lance Armstrong einen seiner letzten treuen Sponsoren verloren.

Der Sonnenbrillenhersteller Oakley beendete mit sofortiger Wirkung die Zusammenarbeit mit dem tief gefallenen Rad-Helden, nachdem die UCI die lebenslange Sperre für Armstrong und die Aberkennung all seiner sportlichen Erfolge seit dem 1. August 1998 am Dienstag bestätigt hatte.

"Als Lance vor vielen Jahren unserer Familie beigetreten ist, war er ein Symbol des Möglichen. Wir sind sehr traurig über die gewonnenen Erkenntnisse, blicken aber mit der Hoffnung nach vorne, dass Sportler und Mannschaften die Inspiration des Radsports sauber, fair und ehrlich wieder aufleben lassen", hieß es in einer Mitteilung.

Oakley will Armstrongs Krebsstiftung Livestrong aber weiter unterstützen. Zuvor hatten bereits eine Vielzahl an Sponsoren wie der Sportartikelhersteller Nike, die Brauerei Anheuser oder der Fahrradhersteller Trek das Sponsoring mit Armstrong eingestellt.

Armstrongs Krebsstiftung wirft Fragen auf: Bei einem Blick hinter das Gebilde von Armstrongs Krebsstiftung "Livestrong" kommen viele Unklarheiten zum Vorschein. So recherchierte Enthüllungsjournalist Bill Gifford, dass der größte Teil des Umsatzes in 2009 und 2010 in Höhe von 84 Millionen Dollar nicht in die Krebsforschung, sondern in Marketing und PR gegangen ist.

"Man fragt sich, wenn sie soviel Geld für die Krebsforschung ausgeben, warum gibt es dann soviel tolle Werbung für Lance Armstrong", sagte Daniel Borochoff, Leiter des amerikanischen Instituts für Philantropie. "Livestrong war eine Win-Win-Situation. Er hat das Fundament gebaut und sie bauen ihn." Ein Denkmal, das jetzt eingestürzt ist.

Hamilton greift UCI-Boss McQuaid an: Der geständige Dopingsünder Tyler Hamilton hat mit scharfer Kritik auf die "Drecksack"-Kommentare von UCI-Präsident Pat McQuaid reagiert. "McQuaids Kommentare entlarven die Heuchelei seiner Führung und zeigen, warum er nicht in der Lage ist, einen Wandel im Radsport herbeizuführen", sagte Hamilton und ergänzte: "Anstatt die Gelegenheit zu ergreifen, bei der nächsten Generation Hoffnungen zu wecken, zeigt er mit dem Finger auf die Leute, die geredet haben. McQuaid hat keine Zukunft mehr im Radsport."

Der Präsident des Radsport-Weltverbandes hatte auf der Pressekonferenz am Montag in Genf Hamilton und Floyd Landis, die mit ihren Geständnissen entscheidend zur Aufdeckung des einzigartigen Sportbetrugs um Lance Amstrong mitgeholfen hatten, scharf angegriffen. "Hamilton und Landis sind weit davon entfernt, Helden zu sein. Sie sind Drecksäcke. Alles was sie gemacht haben, ist dem Sport zu schaden", sagte der Ire.

WADA-Präsident John Fahey begrüßt Urteil: Der Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA, John Fahey, kann das vom Radsport-Weltverband UCI gefällte Urteil zu Ex-Profi Lance Armstrong "nachvollziehen" und glaubt, dass es bei einem weiteren konsequenten Vorgehen als Katalysator zur Verbannung von Doping aus dem Radsport wirken kann. Die UCI hatte Armstrongs lebenslange Sperre durch die amerikanische Anti-Doping-Agentur USADA am Montag bestätigt und ihm seine sieben Titel bei der Tour de France aberkannt.

Der Abschlussbericht der USADA basiere auf dem "überwältigenden Nachweis von systematischem Doping im Team von US Postal", teilte Fahey am Montag (Ortszeit) mit. Für Versäumnisse im Kampf gegen Doping könnte aber nicht der als weltweites Anti-Doping-Regelwerk geltende WADA-Code verantwortlich gemacht werden, da dieser erst im Jahr 2004 in Kraft getreten sei.

Zudem betonte Fahey, dass beim Kampf gegen Doping "Tests und Analysen alleine nicht ausreichen". Dies habe der USADA-Abschlussbericht gezeigt, der "fast ausschließlich auf nicht-analytischen Daten" beruht habe.

Die WADA sei froh, dass der "größte Dopingskandal in der Geschichte des Sports kurz vor der Auflösung steht."

WADA-Forderung an den Verband: Der Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA hat den Radsport-Weltverband UCI nach dem Urteil gegen Ex-Profi Lance Armstrong zur umfassenden Vergangenheitsaufarbeitung aufgefordert.

"Die UCI muss definitiv die Scheuklappen abnehmen, sich die Leute anschauen, die damals für sie gearbeitet haben und sich fragen: Sind diese Leute immer noch dabei und können wir mit ihnen in Zukunft weitermachen?", sagte John Fahey am Dienstag im australischen Fernsehen.

Doping-Fachanwalt fordert Rücktritt des UCI-Präsidiums: Die UCI verstößt laut Doping-Fachanwalt Michael Lehner mit der Aberkennung aller Resultate zurück bis 1998 im Fall Armstrong gegen den Code der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA.

"Dass die UCI das Urteil der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA voll übernommen hat, ist nicht okay. Sie schießt über das Ziel hinaus, denn sie darf das Sportrecht nicht beliebig handhaben. Dopingvergehen unterliegen einer achtjährigen Verjährungsfrist. Der WADA-Code lässt ein Urteil mit Aberkennung von Titeln und Resultaten bis zurück zum Jahr 1998 nicht zu", sagte Lehner dem "SID".

Der Internationale Sportgerichtshof CAS in Lausanne, so Lehner, müsse die Entscheidung der UCI im Falle einer Intervention von Lance Armstrong korrigieren. "Aber ich habe in den CAS genauso wenig Vertrauen wie in die Verbände."

Lehner fordert Konsequenzen: "Wenn die UCI-Führung Anstand hätte, würde sie genauso zurücktreten wie dies in der Politik üblich ist."

Die Chronologie des Dopingfalls Lance Armstrong

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