Ullrich lässt viele Fragen offen

SID
Jan Ullrich gab Kontakte zu Doping-Arzt Fuentes zu, aber nicht, gedopt zu haben
© Getty

Viel geschrieben, und doch nichts gesagt: Dopingsünder Jan Ullrich ist mit einem Geständnis zweiter Klasse der Radsport-Welt wieder einmal eine Erklärung über seine zweifelhafte Vergangenheit schuldig geblieben.

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Der Toursieger von 1997 hat das zugegeben, was ohnehin bekannt war. "Das ist kein Geständnis, das ist Pipifax. Da gab es ganz andere Geständnisse von Telekom-Fahrern wie etwa Jörg Jaksche", sagte Chefankläger Werner Franke der Nachrichtenagentur "dapd".

Zuvor hatte Ullrich in seiner Stellungnahme zwar Kontakte zum spanischen Skandalarzt Eufemiano Fuentes eingeräumt, Doping aber nur indirekt zugegeben. "Ich bestätige, dass ich Kontakt zu Fuentes hatte. Ich weiß, dass das ein großer Fehler war, den ich sehr bereue. Für dieses Verhalten möchte ich mich aufrichtig bei allen entschuldigen - es tut mir sehr leid", teilte Ullrich mit und kündigte an, das Urteil nicht anfechten zu wollen.

Rechtliche Schritte durch seinen früheren Teamsponsor muss er nicht befürchten. "Wir werden nach dem CAS-Urteil keine Schadenersatzforderungen stellen. Wir haben mit dem Kapitel komplett abgeschlossen und das ist auch gut so", sagte Stephan Althoff, der Leiter des Konzernsponsorings, auf dapd-Anfrage.

Ullrich klammert Zeit vor 2005 aus

Ullrich bezieht sich in seiner Erklärung ausschließlich auf jene Sünden, die ihm durch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ohnehin schon bewiesen worden und wofür er auch vom Internationalen Sportgerichtshof CAS am Donnerstag für zwei Jahre gesperrt worden war. Seine zweifelhafte Vergangenheit im Team Telekom bzw. T-Mobile vor 2005 - viele seiner früheren Mitstreiter von Rolf Aldag über Bjarne Riis bishin zu Erik Zabel hatten bereits 2007 ein Doping-Geständnis abgelegt - klammerte Ullrich komplett aus.

Damit kam Ullrich nicht dem Rat von DOSB-Präsident Thomas Bach nach, "zumindest jetzt einsichtig zu sein und sich entsprechend zu erklären". Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) wollte die Causa Ullrich nicht weiter bewerten. "Man muss jedem die Freiheit lassen, wie sehr er sich äußert. Für ihn wäre es wohl einfacher gewesen, wenn er im Vorfeld etwas gesagt hätte", sagte Vizepräsident Udo Sprenger.

"Druck war immens groß"

Diese Freiheit nahm sich Ullrich und ging in seiner Stellungnahme ausschließlich auf die Tour 2006 ein, die er nach dem Abtritt von Lance Armstrong unbedingt gewinnen wollte. "Nach meinem Toursieg 1997 und fünf zweiten Plätzen war der Druck der Öffentlichkeit, der Sponsoren und auch mein Eigendruck immens groß. Alle wollten einen zweiten Toursieg, besonders nach dem Rücktritt von Lance Armstrong", sagte Ullrich.

Dazu war es aber gar nicht mehr gekommen. Kurz vor der Tour war seine Verwicklung in der Operacion Puerto bekannt geworden. Unmittelbar vor dem Startschuss der Tour 2006 wurde Ullrich von T-Mobile aus dem Aufgebot gestrichen und suspendiert. Bereits damals waren pikante Details an die Öffentlichkeit gelangt, die später in den Ermittlungen bestätigt worden waren. So waren Blutbeutel sichergestellt worden, die per DNA-Abgleich Ullrich zugeordnet wurden. Das Bundeskriminalamt hatte außerdem wegen Geldzahlungen in Höhe von 80.000 Euro ermittelt. Im zivilrechtlichen Verfahren hatte Ullrich mit der Staatsanwaltschaft Bonn gegen Zahlung von 250.000 Euro eine Einstellung der Ermittlungen erwirkt.

So verurteilte der CAS am Donnerstag Ullrich zu einer zweijährigen Sperre, die rückwirkend vom 22. August 2011 an ausgesprochen wurde. Außerdem wurden ihm alle Resultate seit dem 1. Mai 2005 aberkannt, darunter der dritte Platz bei der Tour 2005, der zweite Rang bei der Deutschland-Tour im gleichen Jahr und der Sieg bei der Tour de Suisse 2006.

Ullrich will Urteil nicht anfechten

Gegen das Urteil will Ullrich nicht vorgehen. "Ich nehme den Schiedsspruch hin und werde ihn nicht anfechten. Nicht, weil ich mit allen Punkten in der Urteilsbegründung übereinstimme, sondern, weil ich das Thema endgültig beenden möchte. Persönliche Konsequenzen habe ich ja bereits 2007 mit dem Rücktritt vom Profiradsport gezogen", sagte Ullrich weiter.

Dass er so lange geschwiegen habe, sei auf Anraten seiner Anwälte geschehen. "Letztendlich hat mich dieses Thema über Jahre so sehr belastet, dass ich krank wurde und irgendwann zusammengebrochen bin", berichtete der gebürtige Rostocker. Mit dem Urteil sei das Kapitel seiner aktiven Radsportkarriere abgeschlossen.

Weitere Stellungnahmen und Interviews werde es nicht geben, ergänzte Ullrich, der dem Radsport im Jedermann-Bereich verbunden bleiben will. "Mit dieser Erklärung ist von meiner Seite alles gesagt." Alles gesagt, und doch nichts aufgeklärt.

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