"Kai Ebel ist sehr bodenständig"

Marvin Kirchhöfer gewann 2013 den Deutschen Formel-3-Cup
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SPOX: Abseits der Rennstrecke treten Sie mittlerweile als Schirmherr des Myelin-Projekts auf, das sich für die Erforschung der Multiplen Sklerose einsetzt. Wie kam es dazu?

Kirchhöfer: Ich habe mich mit einem Freund meines Vaters darüber unterhalten und fand das sehr interessant. Wir als Sportler sind extrem auf einen fitten Körper angewiesen. Da ist es schwierig, sich vorzustellen, dass man den Sport wegen einer Krankheit nicht mehr ausüben kann. Deswegen versuche ich, durch den Motorsport das Projekt bekannt zu machen und damit zu helfen.

SPOX: Das ist aber nicht ihre einzige Beschäftigung. Sie lassen sich nebenbei ausbilden. Haben Sie überhaupt noch Freizeit?

Kirchhöfer: Es stimmt. Ich mache eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Wenn ich in Leipzig bin, verbringe ich die meiste Zeit damit. Ansonsten gehe ich ins Fitnessstudio oder zur Physiotherapie. Außerdem nehme ich den einen oder anderen Pressetermin wahr und gehe auf diverse Veranstaltungen. Es ist fast jeder Tag komplett ausgelastet. Wenn noch Zeit ist, unternehme ich etwas mit Freunden.

SPOX: Neben der GP3 saßen Sie dieses Jahr schon in einem Formel-3-Wagen. Wie groß sind die Unterschiede zwischen den beiden Rennserien?

Kirchhöfer: Wirklich aktiv bin ich in der Formel 3 nicht mehr. Ich habe am Anfang die Tests mitgemacht, weil ich in der GP3 nur sechs Testtage hatte. Das ist verdammt wenig. Ich habe das dann aber schnell beendet, da die Autos dort nichts mit denen der GP3 zu tun haben. Ein Formel-3-Wagen ist viel leichter und hat statt 400 nur 250 PS. Ein Riesenunterschied sind zudem die Reifen. Der Hankook-Reifen ist bezüglich der Arbeitsweise überhaupt nicht mit den Pirelli-Reifen in der GP3 zu vergleichen.

SPOX: Wie unterscheiden sich die beiden Reifentypen genau?

Kirchhöfer: Im Qualifying ist es beim Hankook so, dass man sechs Runden hat, in denen man seine Zeit fahren kann. Man baut das Ganze dementsprechend sukzessiv auf und sucht sich seine Bremspunkte immer später. Der Pirelli hält nur eine Runde durch. Das heißt, man muss in der ersten Runde sofort alles geben und es perfekt zusammenkriegen. Dadurch ist die Herausforderung viel größer.

SPOX: Die Formel 1 wird nicht nur wegen der auch dort verwendeten Pirelli-Slicks zunehmend kritisiert: Die Autos seien zu langsam, die Motoren zu leise, DRS zu künstlich. Sie sind selbst an den Wochenenden vor Ort. Wie bewerten Sie die Entwicklung?

Kirchhöfer: Die Autos sollten wieder schneller sein. Die sind im Schnitt fünf bis sieben Sekunden langsamer als früher. Was mit den Motoren passiert ist, finde ich sehr schade. Der Sound ist wirklich alles andere als das, was man unter einem Rennauto versteht. Die Formel 1 hört sich wirklich nicht schön an. DRS finde ich hingegen nicht so schlecht. Ich sehe es bei uns in der GP3: Der Effekt des Windschattens ist einfach zu gering zum Überholen. Das wird in der Formel 1 nicht viel anders sein und da hilft das DRS deutlich.

SPOX: Max Verstappen, Carlos Sainz jr. und Daniil Kvyat sind allesamt jünger als Sie. Wenn Sie die drei in der Formel 1 fahren sehen, sind Sie dann eifersüchtig auf deren raschen Aufstieg?

Kirchhöfer: Eifersüchtig bin ich nicht. Im Motorsport kann man nie einen Plan haben, wo man in welchem Alter ist. Manchmal geht es etwas schneller, manchmal dauert es etwas länger. Die drei sind auf jeden Fall gute Fahrer, also ist es nicht unverdient. Klar wäre ich gerne an deren Stelle, aber ich konzentriere mich auf mich.

SPOX: Alex Lynn holte den GP3-Titel 2014 vor Dean Stoneman und Ihnen. Nun ist er Entwicklungsfahrer bei Williams. Wie weit sehen Sie sich von einem derartigen Engagement entfernt?

Kirchhöfer: Die Chancen sind leider dann sehr hoch, wenn man finanzielle Mittel im Rücken hat. Es ist schade, aber die meisten Teams suchen Entwicklungsfahrer, die ein gewisses Budget mitbringen. Nur bei den großen Teams wie Mercedes, Ferrari und Red Bull ist das nicht unbedingt der Fall.

SPOX: Der Einstieg gelingt den meisten Fahrern über Tests im Simulator. Ihnen fehlt der ganz große Förderer a la Mercedes oder Red Bull. Haben Sie die Möglichkeit, diese bei einem Formel-1-Team zu fahren?

Kirchhöfer: Im Rahmen der Speed Academy habe ich das einmal bei Toyota gemacht. Das war eine sehr, sehr tolle Erfahrung, die aber leider schon drei Jahre her ist. Damals waren die Autos noch ganz anders, insofern ist das wohl nicht mit den aktuellen zu vergleichen.

SPOX: Glauben Sie, dass diese fehlende Erfahrung Ihre Aufstiegschancen schmälert?

Kirchhöfer: Ich bin dieses Jahr in dem ein oder anderen Gespräch, was die Simulatortests betrifft. Das läuft eigentlich alles ganz gut. Es ist definitiv eine gute Sache, wenn man sein Können in den Simulatoren beweisen kann. Es ist sehr fair für alle, da jeder unter den gleichen Bedingungen fährt. Dementsprechend kommt es mehr darauf an, was der Fahrer macht. Das Team kann sehen, wer wirklich ein oder zwei Zehntel schneller als alle anderen ist.

SPOX: Der Karriereplan ist also: GP3-Titel, Simulatortests, Formel-1-Einstieg?

Kirchhöfer: Das momentane Ziel ist nur, dieses Jahr um den Titel in der GP3 zu fahren. Daraufhin könnten sich einige Möglichkeiten ergeben - zum Beispiel in Richtung DTM. Von da aus kann ich weiter Richtung Formel 1 planen. Wobei es Stand heute sehr schwer ist, dorthin zu kommen. Denn die Teams, für die ich nicht das große Budget mitbringen müsste, sind momentan super besetzt. In den kleinen Teams hingegen wird der finanzielle Aspekt ziemlich stark abgefragt. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, über die DTM und Mercedes hin zu einem Mercedes-Kundenteam wie Force India meinen Weg in die Formel 1 zu finden. So stelle ich mir das zumindest vor - ob das dann auch so kommt, steht in den Sternen.

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