DLV-Präsident: "Die Panik nie geteilt"

SID
Clemens Prokop zieht Bilanz zur WM in London
© getty

Mit einem starken Samstag haben die deutschen Leichtathleten bei der WM ihre Bilanz aufpoliert - dennoch offenbarten sich in London auch einige Schwachstellen.

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Der "Super-Samstag" hat den deutschen Leichtathleten die WM-Bilanz gerettet, Begeisterungsstürme entfachte der insgesamt durchwachsene Auftritt bei den Titelkämpfen in London aber nicht. Auf dem Weg zu den Olympischen Spielen 2020 sehen sich die Verantwortlichen dennoch bestens gerüstet.

"Es ist nicht angebracht, in Pessimismus zu verfallen. Wir können zufrieden sein. Die Leichtathletik hat Potenzial, das gibt Anlass zu Optimismus für Tokio", sagte DLV-Präsident Clemens Prokop dem SID: "Mir war immer klar, dass wir in London unsere besten Chancen am Samstag haben. Daher habe ich auch die unter der Woche ein bisschen aufkommende Panik nie geteilt." Am Schlusstag blieb das deutsche Team ohne weiteres Edelmetall.

Gold für Speerwerfer Johannes Vetter, Silber und Bronze für die Zehnkämpfer Rico Freimuth und Kai Kazmirek, Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz als Überraschungsdritte - am Samstagabend war endlich der ersehnte Durchbruch da. "Vier Medaillen wie am Samstag, das ist natürlich geil, und das wünscht man sich als Sportnation, die Deutschland ja ist, am besten für jeden Tag", sagte Vetter, einziger deutscher Weltmeister in London: "Aber wir sind nicht in der Lage, das immer abzurufen. Wir sind eben auch nur Menschen."

Mildernde Umstände angesichts der mühsamen ersten acht Wettkampftage mit nur einer Silbermedaille für Siebenkämpferin Carolin Schäfer gab es vor allem dafür, dass der im Team grassierende Norovirus viele Planungen auf den Kopf stellte. "Es lief schon anders, als wir uns das gewünscht haben", sagte Chefbundestrainer Idriss Gonschinska.

Virus schwächte DLV-Team

Ein halbes Dutzend Sportler lag virusgeschwächt zeitweise flach, und auch jene, die von Brechdurchfall verschont blieben, hatten unter den Auswirkungen der Eindämmungs-Maßnahmen zu leiden: Hotel-Wechsel, fehlende Trainings-Einheiten und abgesagte Physiotherapie.

Zudem war auf die alte Garde in London kein Verlass mehr: Die (nun) Ex-Weltmeister Robert Harting (33/Diskus/Platz sechs), Katharina Molitor (33/Speer/7.), David Storl (27/Kugel/10.) und Raphael Holzdeppe (27/Stab/ohne Höhe im Finale) blieben hinter den Erwartungen zurück. Andere wie die Diskuswerfer Christoph Harting und Daniel Jasinski, bei Olympia 2016 noch Sieger und Dritter, hatten sich gar nicht erst qualifiziert.

Dafür übernahmen jüngere Athleten das Kommando. In der Tat ist von den Medaillengewinnern nur Freimuth (29) im gesetzteren Leichtathletik-Alter, dagegen kommen die Speerwerfer um Vetter (24) und Olympiasieger Thomas Röhler (25) gerade erst in ihre beste Karrierephase oder stehen kurz davor.

Andere drängten auch ohne Medaille ins Rampenlicht. Die kecke Sprinterin Gina Lückenkemper, die mit 10,95 im Vorlauf als erste Deutsche seit 26 Jahren die 100 m unter elf Sekunden rannte. Auch der vor der Quali verletzte Dreisprung-Europameister Max Heß, die von einer stürzenden Kenianerin gestoppte Hindernis-Europameisterin Gesa Felicitas Krause und Konstanze Klosterhalfen auf der Mittelstrecke sind Optionen für die Zukunft.

"Unsere Athleten sind hier unheimlich sympathisch aufgetreten, sie haben gekämpft bis zum letzten Tag", sagte Gonschinska und richtete den Blick schon auf die Heim-EM im kommenden Jahr in Berlin: "Wenn eine sehr junge Mannschaft hier so auftritt im ersten Jahr der Neuformierung, dann kann man sich auf das Team im nächsten Jahr in Berlin freuen. Wir werden in Europa sehr konkurrenzfähig sein."

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