Der "Teufel" zerstört das Happy End

SID
Usain Bolt bestritt bei der WM in London sein letztes 100-Meter-Rennen
© getty

Ausgerechnet sein letztes großes Rennen ging verloren. Doch Usain Bolt trug die Niederlage gegen seinen umstrittenen Rivalen Justin Gatlin mit Fassung und sieht sich weiter als den Größten an.

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Als wäre alles wie immer gewesen, hielt Usain Bolt noch einmal Hof. Der Superstar zeigte seinen berühmten Blitz, die Fans grölten, "Usain Bolt, Usain Bolt"-Rufe hallten durch die Arena, Bolt posierte grinsend für Selfies mit seinen Anhängern, sprang in ihre Arme, er kniete auf der Ziellinie nieder und küsste sie.

Bolt wurde gefeiert wie der Sieger. So, als wäre alles wie immer gewesen - dabei passierte das bisher Unvorstellbare. "Ich habe alles gegeben, was ich hatte - aber es hat nicht gereicht", sagte Bolt.

Der Unschlagbare war tatsächlich geschlagen, nach 9,95 Sekunden blieb dem Jamaikaner am Samstagabend nur WM-Bronze über 100 m in seinem letzten ganz großen Rennen. Ausgerechnet sein alter Rivale Justin Gatlin, zwei Mal überführter Dopingsünder, der Bad Boy der Leichtathletik, holte Gold in 9,92 Sekunden.

Die große Show gehört erneut Bolt

"Er hat es verdient", sagte Bolt, der die Niederlage überraschend gelassen hinnahm - der 30-Jährige hatte wohl schon damit gerechnet, dass der Abend kein Märchen für ihn bereithalten würde. "Ich denke, ich habe gegen einen großartigen Wettkämpfer verloren und gegen einen Jungen, der nach oben drängt. Ich bedaure nichts", sagte Bolt. Silber sicherte sich Youngster Christian Coleman (9,94/USA).

Doch die große Show gehörte trotzdem dem Schlaks aus dem Dörfchen Sherwood Content auf Jamaika, alle im Stadion wussten, dass dies ein spezieller Moment war. Elf WM-Titel hatte Bolt bis dahin gewonnen, acht Mal wurde er Olympiasieger.

Mit seinem vierten WM-Gold über 100 m wollte sich König Bolt eigentlich in die Sprint-Rente verabschieden - es hat nicht sollen sein.

Der Start misslingt - mal wieder!

Sein Start war wieder einmal miserabel, im Schlussspurt fehlte ihm die Power. Bolt wirkte plötzlich menschlich. "Nach dem Start wusste ich, dass ich in Trouble war", sagte Bolt, der nach der WM seine Karriere beenden wird: "Ich habe für den Sport alles getan, was ich konnte. Ich habe bewiesen, dass ich einer der Größten bin. Es ist Zeit zu gehen."

Hinterher schäkerte Bolt mit Gatlin, beide sprachen von ihrem großen gegenseitigen Respekt. "Er hat hart gearbeitet, und er ist einer der besten Konkurrenten, gegen die ich je gelaufen bin", sagte Bolt, als hätte es Gatlins positive Tests in den Jahren 2001 und 2006 nie gegeben: "Für mich hat er es verdient, hier zu sein."

Presse meckert über "bösen Gatlin"

Die internationale Presse sah es etwas anders. "Der 'böse Gatlin' besiegt den legendären Bolt. Es hätten die letzten 100 Meter zum Paradies sein können, doch Bolt hat auf seinem Weg den Teufel getroffen", schrieb etwa der Corriere della Sera aus Italien.

Nun fällt bald der Vorhang für Bolt, endgültig. Am Samstag steht noch das Finale über 4x100 m auf dem Programm, auf seine Lieblingsstrecke 200 m verzichtet Bolt. Da würde er "noch schlimmer" aussehen, sagte er.

Bolt freut sich auf die Rente

Nach all den Strapazen der Vergangenheit reicht es für den Supermann von einst nicht mehr für ganz vorne. Umso mehr freut sich Bolt auf die Sprint-Rente.

"Ich bin aufgeregt, endlich normal leben zu können, aufzustehen, wann ich will, und zu wissen, dass ich kein Training habe", sagte Bolt: "Ich kann tun und lassen, was ich will."

Natürlich werde er den "Sport vermissen, aber ich bekomme die Chance, zu leben und zu reisen, wann ich will. Ich weiß nicht, wo ich hin will oder wohin mich meine Karriere führen wird, aber es ist spannend."

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