Leichtathletik-Sumpf weitet sich aus

SID
Der Skandal um den IAAF zieht immer weitere Kreise
© getty

Erpressung, Vertuschung, Schmiergeld in Millionenhöhe: Der Doping- und Korruptionssumpf in der internationalen Leichtathletik soll nun auch Medaillengewinner bei den Olympischen Spielen in London betreffen.

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Der Sumpf aus Doping, Erpressung und Vertuschung in der Leichtathletik-Welt hat nun auch die Olympische Spiele erreicht. Medaillen sollen erkauft worden sein.

Nach Informationen der englischen Tageszeitung The Sunday Times sollen im Vorfeld der Sommerspiele 2012 Zahlungen in siebenstelliger Höhe die Dopingsperren von acht russischen Athleten verhindert haben. Darunter angeblich auch ein späterer Gold- sowie ein Silbermedaillengewinner.

Im Mittelpunkt des Skandals steht der langjährige Präsident des Weltverbandes IAAF, Lamine Diack. Gegen den Senegalesen und weitere Beschuldigte ist in Frankreich mittlerweile ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Korruption eingeleitet worden. Sie sollen insgesamt mehr als eine Million Euro an Bestechungsgelder angenommen haben.

"Andere Dimension als im FIFA-Skandal"

Am Montag stellt in Genf die unabhängige Untersuchungskommission der WADA ihren Bericht vor. Die Kommission war nach den Enthüllungen durch die ARD und der Sunday Times Ende des vergangenen Jahres eingerichtet worden. "Der Inhalt dieses Berichts wird den Sport grundlegend verändern. Dies ist eine ganz andere Dimension an Korruption als im FIFA-Skandal", sagte Richard McLaren, Mitglied der WADA-Kommission.

Nach tagelangem Schweigen meldete sich am Wochenende auch der neue IAAF-Präsident Sebastian Coe zu Wort. "Dies sind traurige Tage für unseren Sport", sagte der ehemalige Mittelstreckler und zweimalige Olympiasieger über 1500m der BBC. Zuvor hatte er in einem Statement bereits erklärt: "Dass Leute in unserem Sport angeblich Geld von überführten Dopingsündern erpresst haben, ist widerlich"

Doch Coes Verhalten in der Affäre ist zumindest fragwürdig. Nach Bekanntwerden der Affäre hatte der 59-Jährige die Vorwürfe noch als "Kriegserklärung an die Sportart" tituliert. Bei der WM in Peking Ende August bezeichnete er die Leichtathletik als "augenscheinlich saubere Sportart" und kritisierte Medien wegen "einseitiger Darstellungen".

Wie ein Drehbuch eines Mafia-Films

Dabei liest sich die von der Sunday Times nun enthüllte Vorgehensweise der Beschuldigten eher wie das Drehbuch eines Mafia-Films. So soll im Vorfeld der Olympischen Spiele das IAAF-Expertengremium Sanktionen gegen die acht russischen Athleten befürwortet haben, die Behandlung der Fälle sei jedoch überraschend Diacks Anwalt Habib Cissé übertragen worden - obwohl dieser nichts mit dem Anti-Doping-Programm der IAAF zu tun gehabt habe.

Bei den betreffenden Athleten sollen im Jahr vor Olympia bei Kontrollen Unregelmäßigkeiten im sogenannten Blutpass aufgetaucht sein, die Rückschlüsse auf den Gebrauch von Epo oder auf illegales Blutdoping gaben. Cissé habe die Liste darauf dem russischen Leichtathletik-Verband übergeben und einen Deal ausgehandelt, zitiert die Sunday Times einen Informanten. Auch gegen Cissé wird in Frankreich ermittelt.

Bereits am Donnerstag hatten französische Medienberichtet, dass auch Diacks Söhne Pape Massata Diack und Khalil Diack der Erpressung beschuldigt werden. Sie sollen demnach 500.000 Dollar von der türkischen 1500-m-Läuferin Asli Cakir Alptekin verlangt haben, um ihr Dopingvergehen zu vertuschen. Die Olympiasiegerin von London soll abgelehnt haben, mittlerweile ist sie für acht Jahre gesperrt und hat ihr Olympia-Gold verloren. Die Diack-Familie habe derweil eine Firma in Singapur für die Geldtransfers unterhalten.

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