Nur Einer kann ihn stoppen

Von SPOX
Der Kameramann nähert sich seinem Ziel von hinten an
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Flops

Russlands Absturz: Es ist ein heftiger Fall, den das russische Team in den kommenden Wochen und Monaten aufarbeiten muss. Nach 17 Medaillen bei der Heim-WM vor zwei Jahren reichte es in Peking zu ganzen vier (zwei Mal Gold, je ein Mal Silber und Bronze). Ein historischer Tiefstwert für die Sbornaja, der ohne die späten Goldmedaillen der Hochspringerin Maria Kutschina sowie von Hürdensprinter Sergej Schubenkow noch deutlich finsterer ausgesehen hätte.

"Unsere Leichtathletik macht eine schwierige Phase durch", musste da selbst Sportminister Witali Mutko zugeben und schob kleinlaut hinterher: "Zwei, drei Medaillen in Rio wären ein Erfolg." Dem russischen Leichtathletik-Verband, der durch den Doping-Skandal besonders schwer erschüttert wurde, steht eine längst überfällige Generalüberholung bevor.

Dem stimmte auch Clemens Prokop, Präsident des deutschen Leichtathletik-Verbandes, laut der FAZ bereits am Freitag zu: "Fakt ist, dass zahlreiche Doping-Sperren, gerade auch von Leistungsträgern, die russischen Medaillenchancen ausgedünnt haben und insgesamt zu einer Verunsicherung geführt haben. Russland steht in der Leichtathletik vor einem Umbruch und einem erforderlichen Neuanfang."

Der Segway-Crash: Es war einer der Schocker der WM: Beim Versuch, möglichst gute Aufnahmen von Usain Bolt zu bekommen, stürzte ein Kameramann mit seinem Segway und räumte den schnellsten Mann der Welt (und damit zwei der teuersten Beine) nach dessen Sieg über 200 Meter knallhart ab.

Nur wenige Minuten später sprang zu allem Überfluss ein Fan über die Absperrungen und kam bis auf wenige Zentimeter an Bolt ran, ehe er schließlich von den Sicherheitskräften zu Boden geworfen wurde. Alles in allem hinterließen die Gastgeber so definitiv kein gutes Bild bei einem der weltweit am intensivsten verfolgten Events der WM.

Doch Bolt nahm es immerhin mit Humor. Der Kameramann entschuldigte sich mehrfach und überreichte dem erneuten Weltmeister über 100 und 200 Meter sowie über die 4x100-Meter-Staffel nach der Siegerehrung ein Freundschaftsband. Bolt, ganz Medienprofi, ließ sich das Band anlegen und grinste den ganzen Vorfall einfach weg.

Die Chinesische Organisation: Stichwort Gastgeber: Die Organisatoren bekleckerten sich auch abgesehen von dem Bolt-Vorfall nicht gerade mit Ruhm. Da war zum einen der Vorfall um Diskus-Werfer Christoph Harting. Bei seinem achten und letzten Versuch gelang ihm sein bester Wurf, der zunächst für ungültig erklärt wurde. Harting beschwerte sich, was zunächst eine Messung zur Folge hat, um für alle Fälle gewappnet zu sein. Doch laut Harting wurde fälschlicherweise der Wurf seines Vorgängers gemessen.

Daraufhin beschwerte sich auch der Kampfrichter bei der Wettkampfleiterin, "die hat aber kein Englisch verstanden und einfach entschieden: Der Wettkampf ist vorbei", berichtete Harting. "Das Kampfgericht hat leider keine hohe Kompetenz bewiesen", monierte Harting weiter, wenngleich er dennoch klarstellte: "Ich habe alles, was ich in dieser Saison erreichen wollte, erreicht. Es gibt ein Sprichwort, das besagt: Man muss die bitteren Pillen im Leben einfach runterschlucken."

Auch ansonsten gab es zahlreiche Pannen. So liefen etwa vor dem entscheidenden Hochsprung die Staffelläufer ein, alles andere als ein gutes Timing. 800-Meter-Läufer Robin Schembera monierte, dass es im Hotel "nur jeden zweiten Tag" Bananen gebe und auf dem Weg zum Stadion standen Athleten in kilometerlangen Staus, weil durch den Marathon Straßen gesperrt werden mussten. Sprinter Julian Reus vermeldete, dass auf dem Einlaufplatz "definitiv Toiletten fehlen" und Kugelstoß-Weltmeisterin Christina Schwanitz kritisierte einen generell schroffen Umgangston vonseiten der Gastgeber.

Der IAAF und der Umgang mit dem Doping: Das Thema Doping dominierte weit vor allen sportlichen Aspekten im Vorfeld der WM die Schlagzeilen. Die Kritik an der Rolle des Verbandes wurde immer lauter, Nachforschungen legten offen, dass viel mehr im Argen liegt, als bisher befürchtet. An dem Tenor dürfte sich wenig ändern. Dass bei der WM dann viele Athleten des besonders stark kritisierten russischen Verbandes fehlten, war zumindest ein gutes Zeichen - mehr aber auch nicht.

Obwohl 400-Meter-Läuferin Joyce Zakary und Hürdenspezialistin Koki Manunga aus Kenia sowie der russische Geher Alexander Jargunkin positiv getestet und vorläufig suspendiert wurden, wurde das Thema von offizieller Seite totgeschwiegen. Immerhin: Die Doping-Experten Michael Ashenden und Robin Parisotto ließen sich nicht entmutigen und verschärften ihre Kritik am löchrigen Kontrollsystem des IAAF.

Die Ausschlachtung von Fajdeks Medaillen-Lapsus: Pawel Fajdek sorgte zweifellos für eine der unterhaltsamen Anekdoten der WM. Der frisch gebackene polnische Hammerwurf-Weltmeister feierte nach seinem Triumph losgelöst - und wachte am nächsten Morgen ohne seine Medaille auf. Das chinesische Online-Portal Tencent verbreitete die Meldung, wonach Fajdek seine Taxifahrt zurück ins Hotel völlig betrunken mit seiner Goldmedaille bezahlt hatte - bis es Fajdek zu bunt wurde.

Als "betrunkener Idiot" sei er bezeichnet worden, tatsächlich aber habe er seine Medaille lediglich im Auto vergessen - und keineswegs damit bezahlt. Zurecht ärgerte sich Fajdek darüber, dass die Auto-Story seinen sportlichen Triumph überschattete und kritisierte so die lokalen Medien. Zumindest gab es das Happyend, der Fahrer wurde ausfindig gemacht und gab das gute Stück zurück.

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