"Prima gemacht, Usain!"

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© getty

Der nunmehr zehnfache Weltmeister Usain Bolt spart nach seinem Sieg über die 200m nicht mit Eigenlob. Jetzt weiß er auch: Nur den Kameramann muss er fürchten. Die deutschen Hammerwerferinnen enttäuschen ebenso wie 800-m-Hoffnung Fabienne Kohlmann. In der Dreisprunggrube geschieht derweil Historisches!

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"Ich habe immer gesagt, dass ich das schaffe. Ich hatte nie einen Zweifel", ließ sich Usain Bolt nach seinem Sieg höchst selbst hochleben, "auf den 200 Metern bin ich ein anderer Mensch. Das ist ein großes Geschenk für mich und unser Land."

Der heutige Tag zum Nachlesen

Als größter Widersacher erwies sich nach Bolts Triumph überraschend ein Chinese. Der Kameramann kam auf einem Segway hinter dem Triumphator herangefahren, war schon fast vorbei, als er doch noch mit seinem wackeligen Untersatz in der Kameraschiene hängenblieb - und Bolt umnietete.

"Es gehen schon Gerüchte um, dass Justin ihn dafür bezahlt hat", sagte der Jamaikaner und freute sich diebisch über seinen Scherz: "Aber im Ernst: Ich war schon ein bisschen erschrocken, als es passiert ist, aber meine Beine sind in Ordnung. Das ist kein Problem für die Staffeln."

Staffeln? Bolt will noch zwei Titel

Mit dieser Aussage ließ der Jamaikaner erstmals erkennen, dass er neben den 4x100m auch noch die 4x400m-Staffel in Angriff nehmen möchte, so er denn fit bleibt.

Am Freitag hat Bolt definitiv Pause: Weitspringerin Malaika Mihambo hingegen liebäugelt am siebten Wettkampftag mit einer Medaille. Über 100 m Hürden hofft Cindy Roleder aufs Finale. Dazu gibt's die 110 m Hürden, 20 km Gehen der Frauen und die 200 m der Frauen ohne deutsche Beteiligung. Und was machen unsere Zehnkämpfer um Michael Schrader? Im LIVETICKER verpasst Ihr nichts.

In den Vorkämpfen sind auch Hochspringer und die Speerwerferinnen um Christina Obergföll im Einsatz. Apropos Vorkämpfe: Da konnten am ersten medaillenlosen Tag für den DLV lediglich Christoph Harting mit dem Diskus, Marie-Laurence Jungfleisch im Hochsprung und Malaika Mihombo in der Sandgrube überzeugen. Etliche Hoffnungen schieden sang- und klanglos aus.

Die Entscheidungen des Tages

Hammerwurf Frauen: Dass es ein Tag ohne deutsche Medaillen werden würde, war nach spätestens zwei Durchgängen im Ring klar. Die Top drei lagen da schon klar über der 74-m-Marke - und Kathrin Klaas und Betty Heidler lagen deutlich zurück. Dennoch muss man zwischen beiden trennen: Heidler schwächelte klar, kämpfte mit ihrer Technik und erwischte keinen Abwurf vernünftig. Klaas hingegen steigerte sich in ihrer Serie deutlich und erzielte zwei Saisonbestleistungen. Rang fünf ist aller Ehren Wert. An Rekordwerferin Anita Wlodarczyk (80,85m) reichte aber niemand heran.

Dreisprung Männer: Es war ein historischer Clash in der Sandgrube. Zum Duell zwischen Olympiasieger Christian Taylor und 18-m-Springer Pedro P. Pichardo ausgerufen, hielt der Wettkampf allen Erwartungen Stand. Jonathan Edwards musste auf der Tribüne um seinen ewigen Weltrekord bangen, Taylor tastete sich mit 18,21m bis auf eine Handbreit heran. Der Kubaner verwies in 17,73m den Portugiesen Nelson Evora (17,53) auf Platz drei.

400 m Frauen: Allyson Felix ist zum neunten Mal Weltmeisterin - und Usain Bolt damit dicht auf den Fersen. Zum ersten Mal gelang der US-Amerikanerin in Peking der Sieg über die Stadionrunde. Und es war ein taktisch brillantes Rennen: Felix sprintete los, als sei es eines ihrer 200-m-Rennen. Als Christine Ohuruogu aufkam, zog Felix wieder an - und zog der Titelverteidigerin aus Great Britain sauber den Zahn.

200 m Männer: Der unumstrittene Höhepunkt des Tages geriet zu einer unerwarteten Demonstration. Was war nicht geunkt worden über fehlende Tempohärte Bolts nach den Trainingspausen aufgrund seiner Rückenprobleme. Oder darüber, dass Gatlin zwei Bahnen hinter ihm starten würde. Doch Bolt war einfach nur bärenstark und stellte in 19,55 Sekunden eine neue Jahresweltbestleistung auf. Gatlin lief 19,74s, Bronze ging an den Südafrikaner Anaso Jobodwana (19,87).

Mann des Tages: Aries Merritt

Unglaubliche Geschichte um den Olympiasieger von London. Kurz nach den Spielen krönte der Hürdensprinter seine Goldsaison noch mit dem Weltrekord von 12.80 Sekunden. Die Marke hat bis heute Bestand.

Doch in Peking ist der US-Amerikaner zum vorerst letzten Mal auf der Bahn. Am Dienstag unterzieht er sich einer Nierentransplantation, er bekommt das Spenderorgan von seiner Schwester. "Das könnten meine letzten Meisterschaften sein, falls die Operation nicht klappt", hatte Merritt vor dem Halbfinale gesagt.

Nun steht der 30-Jährige trotz schwerer Niereninsuffizienz mit nur noch 20 Prozent Nierenfunktion als Schnellster in 13,08 Sekunden im Finale.

Frau des Tages: Olivia Mugove Chitate

Die 28-Jährige gab auf der Zielgeraden noch einmal richtig Gas - und bekam von allen 5000-Meter-Läuferinnen den meisten Applaus. Chitate genoss das Gejohle sichtlich.

Dass die Dame aus Simbabwe trotz persönlicher Bestzeit in 16:34,70 Minuten abgeschlagen Letzte wurde, störte niemanden. Chitate in ihren Turnschuhen am wenigsten. Topfavoritin Genzebe Dibaba (15:20,82) hatte da schon das erste Interview hinter sich.

Sprüche des Tages:

"Prima gemacht, Usain!" (Bolt nach seinem 200-m-Gold über sich)

"Es gehen schon Gerüchte um, dass Justin ihn dafür bezahlt hat." (Bolt über den Crash mit dem Kameramann)

"Ich will mein Geld." (Gatlin über Bolts Scherz zum Crash)

"Da habe ich geschlafen, irgendwie war der Stecker gezogen." (Fabienne Kohlmann über ihr Aus im 800-m-Halbfinale)

"Beim Saison-Höhepunkt im Halbfinale rauszufliegen, ist wie das i ohne Tüpfelchen." (Da hat sie recht, die Fabienne)

Zahlen des Tages:

4 von 5: Bis auf ihren ersten Versuch hätten alle fünf gültigen Würfe Anita Wlodarczyks für Gold gereicht.

4,52 Meter: So riesengroß war Wlodarczyks Vorsprung auf Silber.

8 Zentimeter: So hauchdünn verpasste Dreisprung-Olympiasieger Christian Taylor bei seinem zweiten WM-Gold den Weltrekord des Briten Jonathan Edwards.

20 Jahre: So alte ist Edwards- Bestmarke bereits, die graue Eminenz zitterte auf der Pressetribüne des Vogelnestes mit.

Name des Tages: Christina Hering

Sie ist erst 20 Jahre alt, die hoch aufgeschossene Münchnerin kann sich mit Sicherheit noch gut an die Namenswitze auf dem Schulhof erinnern. Bei ihrer ersten WM zeigte sie in zwei sehr schnellen Rennen ihr Potenzial auf den 800m. Das gilt auch schon für Rio, obwohl Hering in ihrem Halbfinale von Peking nie über den letzten Platz hinauskam.

"Da ging schon wieder so die Post ab von Anfang an. Aber ich bin saustolz darauf, hier in dem Stadion noch einmal die tolle Atmosphäre erlebt zu haben." Das Ziel, Erfahrungen zu sammeln, ist definitiv erreicht.

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