Vier Goldhoffnungen und ein Superstar

Von Alexander Mey/Christian Bernhard
Der jamaikanische Superstar Usain Bolt überstrahlt auch in Daegu alles
© Getty

Die Leichtathletik-WM im südkoreanischen Daegu ist offiziell eröffnet und Deutschland macht sich Hoffnung auf reichlich Edelmetall. SPOX macht den Formcheck und schaut auf die Favoriten. Natürlich inklusive dem jamaikanischen Sprint-Superstar Usain Bolt, der als Favorit für das 100 m-Finale der Herren am Sonntag (11 Uhr im LIVE-TICKER) gilt.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Deutsche Goldhoffnungen

Betty Heidler (Hammerwurf): Wer Weltrekord wirft und damit die komplette Weltelite im Hammerwerfen schockt, der ist logischerweise Gold-Favoritin. Im Mai haute Heidler in Halle 79,42 Meter raus und verbesserte damit die alte Bestmarke um mehr als einen Meter. Kaum zu glauben: Es war der erste Weltrekord eines deutschen Leichtathleten in einer olympischen Disziplin seit fast 23 Jahren. Heiler hat die vier weitesten Würfe des Jahres auf ihrem Konto. Am dichtesten kamen die Russin Tatyana Lysenko (75,70 Meter) und die Chinesin Wenxiu Zhang (75,65 Meter) an sie heran.

Finale im Hammerwurf der Frauen: So., 4.9., 11.15 Uhr

Christina Obergföll (Speerwurf): In den letzten Jahren war sie immer eine Wundertüte, aber sie hat in dieser Saison an Gewicht abgenommen und an Konstanz zugelegt. Beleg dafür ist ihr Gesamtsieg in der Diamond League. Obergföll ist mit 68,86 Metern Zweite der Weltrangliste und sollte bei normalem Verlauf in Daegu eine von drei Werferinnen sein, die die Medaillen untereinander ausmachen. Die Tschechin Barbora Spotakova (69,45 Meter) und die Russin Maria Abakumova (67,98 Meter) sind die großen Konkurrentinnen.

Finale im Speerwurf der Frauen: Fr., 2.9., 12.10 Uhr

Robert Harting (Diskuswurf): Der Titelverteidiger von Berlin plagt sich zwar mit einer Knieverletzung herum und machte zuletzt mit heftiger Kritik am Verband von sich reden, aber er ist trotz aller Problemchen wild entschlossen, wieder Weltmeister zu werden. Zweiter sein ist Dreck, lautet die Devise des Berliner Originals. Zweiter ist er momentan in der Weltrangliste mit 68,99 Metern. Den vor ihm liegenden Zoltan Kövago aus Ungarn (69,50 Meter) bezeichnet Harting als Lucky Puncher. Größte Konkurrenten werden die üblichen Verdächtigen Piotr Malachowski, Virgilijus Alekna und Gerd Kanter sein. Aber auch der Amerikaner Jarred Rome ist mit seinen 68,76 Metern in dieser Saison nicht zu unterschätzen.

Finale im Diskuswurf der Männer: Di., 30.8., 12.55 Uhr

Nadine Müller (Diskuswurf): Als Nummer zwei der Weltjahresbestenliste muss man Müller in dieser Liste auftauchen, auch wenn sie noch nie eine Medaille bei einer großen internationalen Meisterschaft gewonnen hat und selbst schon mit einem Top-6-Resultat zufrieden wäre. Aber Müller hat das Potenzial für den ganz großen Wurf in Daegu. 66,05 Meter sind ihre offizielle Bestmarke, aber im Trainingslager in Kienbaum beeindruckte sie durch Konstanz und einen Bestwert von 66,99 Metern. Das ist genau 99 Zentimeter kürzer als die Bestleistung in diesem Jahr von der Chinesin Yanfeng Li. Mit der Kroatin Sandra Perkovic (69,99 Meter in diesem Jahr) wurde eine große Konkurrentin wegen Dopings aus dem Verkehr gezogen.

Finale im Diskuswurf der Frauen: So., 28.8., 12.15 Uhr

Deutsche Medaillenhoffnungen

Silke Spiegelburg und Martina Strutz (Stabhochsprung): Die deutsche Doppelspitze ist in Top-Form. Die fast schon abgeschriebene Strutz kam wie Phönix aus der Asche und stellte in diesem Jahr mit 4,78 Metern einen neuen deutschen Rekord auf. Spiegelburg blieb mit 4,75 Metern nur knapp hinter ihr zurück. Die große Frage in der Disziplin ist, wie gut Weltrekordlerin Jelena Issinbajewa nach ihrer langen Pause schon wieder in Form ist. Neben ihr ist die Polin Anna Rogowska eine große Favoritin. Weltjahresbeste ist aber die US-Amerikanerin Jennifer Suhr mit 4,91 Metern.

Malte Mohr (Stabhochsprung): Bei den Männern geht es so eng zu, dass eigentlich nur Mohr die Konstanz hat, um ganz vorne mitzuspringen. An einem besonders guten Tag ist ihm fast alles zuzutrauen, an einem schlechten aber auch leider sehr wenig. Mit 5,81 Metern liegt er in diesem Jahr auf Platz drei der Weltrangliste. Überragender Mann ist der Franzose Renaud Lavillenie (5,90 Meter), dem jederzeit sein nächster 6-Meter-Sprung zuzutrauen ist. Ebenfalls sehr stark einzuschätzen ist der US-Amerikaner Brad Walker.

Jennifer Oeser (Siebenkampf): Die WM-Zweite von Berlin hat auch in Daegu wieder die Chance, in diese Regionen vorzustoßen. Die hat in diesem Jahr in Ratingen mit exzellenten 6663 Punkten gewonnen und ist damit Drittbeste des Jahres hinter Superstar Jessica Ennis (6790 Punkte) und der Russin Tatjana Chernova (6773 Punkte).

Kathrin Klaas (Hammerwurf): Vergessen wir im Windschatten der übermächtigen Betty Heidler bloß Kathrin Klaas nicht! Sie liegt in der Weltrangliste auf Platz vier und hat in diesem Jahr schon stattliche 75,48 Meter auf dem Konto. Damit ist sie fast gleichauf mit Lysenko und Zhang. Warum soll es an einem guten Tag also keinen deutschen Doppelsieg geben?

Markus Esser (Hammerwurf): Bei den letzten beiden Großereignissen hat Esser seine eigenen Erwartungen nicht erfüllt. Nun sinnt er auf Wiedergutmachung. Platz sechs in der Weltrangliste mit 79,69 Metern macht Hoffnung, zumal mit dem Russen Aleksej Zagornyi der Weltjahresbeste in Daegu fehlt. Im Vorfeld klagte er über ein leichtes Zwicken im Knie, aber sein Hauptgegner werden wohl wie so oft seine Nerven sein.

Matthias de Zordo (Speerwurf): Ist der Überraschungs-Zweite der EM im vergangenen Jahr erneut bereit für einen Coup? De Zordo ist in der Weltrangliste mit 85,78 Metern Vierter, hatte aber auch ein paar schwächere Wettkämpfe dabei. Egal, wie gut er drauf ist, den überragenden Norweger Andreas Thorkildsen wird er wohl auf keinen Fall schlagen. Immerhin hat der in diesem Jahr schon 90,61 Meter geworfen. Dahinter ist aber einiges möglich.

Raul Spank (Hochsprung): 2009 war seine Bronzemedaille eine kleine Sensation. Zwei Jahre später wäre eine Wiederholung immer noch eine Überraschung, so ehrlich muss man sein. Mit seiner Bestleitung von 2,32 Metern in diesem Jahr rangiert er auf Platz neun der Weltrangliste. Geht man davon aus, dass bei Weltmeisterschaften selten Bestleistungen gesprungen werden, hätte er mit 2,32 Metern eine kleine Medaillenchance. Um Gold sollte sich der Weltjahresbeste Jesse Williams (2,37 Meter) mit dem russischen Trio streiten.

David Storl und Ralf Bartels (Kugelstoßen): Realistisch sind die Chancen der beiden angesichts der Leistungen in diesem Jahr eigentlich nicht, aber bei WM oder EM ist bisher meistens ein Deutscher über sich hinausgewachsen. Warum nicht auch diesmal, obwohl Storl nur auf Platz zehn und Bartels nur auf Rang 24 der Weltrangliste liegt? Ein Blick auf die Zahlen zeigt jedoch, dass objektiv gesehen mindestens ein Meter auf die Weltelite aus Kanada, Weißrussland und den USA fehlt.

Christian Reif und Sebastian Bayer (Weitsprung): Ebenfalls zwei Athleten, die Außenseiterchancen haben. Zwar waren beide deutsche Weitsprung-Helden der letzten Jahre in dieser Saison nicht schlecht, aber das Niveau bei den Männern ist enorm. Reif kam 2011 bisher auf 8,26 Meter, Bayer auf 8,17 Meter. Der Jahresbeste Mitchell Watt kam aber schon auf 8,54 Meter. Sechs Springer haben schon 8,30 Meter übertroffen.

Die fehlenden Medaillenhoffnungen

In dieser Rubrik ist vor allem Ariane Friedrich zu nennen. Für die Hochspringerin kommt die WM nach ihrem Achillessehnenriss einfach noch zu früh. Sie konzentriert sich auf Olympia 2012. Gleiches müssen Hürdensprinterin Carolin Nytra und 100m-Europameisterin Verena Sailer tun. Sailer hätte im Duell mit Jamaika und den USA aber ohnehin höchstens eine Endlaufchance gehabt.

Bei den Männern tut der Ausfall der beiden hoffnungsvollen Zehnkämpfer Michael Schrader und Norman Müller weh. In Top-Form wären beide Medaillenkandidaten. Ebenso wie Geher Andre Höhne, der kurzfristig wegen einer Oberschenkelverletzung passen musste.

Seite 2: Usain Bolt und die fehlenden Stars

Artikel und Videos zum Thema