Vier Goldhoffnungen und ein Superstar

Von Alexander Mey/Christian Bernhard
Der jamaikanische Superstar Usain Bolt überstrahlt auch in Daegu alles
© Getty
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Die internationalen Stars

Eigentlich könnte diese Rubrik auch "der Star" heißen: Usain Bolt überstrahlt auch in Südkorea alle anderen Top-Athleten. Der Jamaikaner ist nach eigenen Angaben zwar nicht in "Tip-Top-Form", bastelt aber fleißig daran, "eine Legende" zu werden. Auf dem Weg dahin will Bolt seine drei WM-Titel von Berlin 2009 erfolgreich verteidigen.

Usain Bolt im SPOX-Interview

Eine sportliche Ausnahmestellung genießt auch David Rudisha, der sich über 800 Meter auf die Jagd nach der 100.000-Dollar-Weltrekordprämie macht. Der Kenianer hatte Bolt 2010 schon mal als Welt-Leichtathlet des Jahres abgelöst - an Bolts Glamourfaktor kommt er freilich nicht ran.

Dafür gibt es einige prominente Rückkehrer: Justin Gatlin beispielsweise. Der Doppel-Weltmeister von 2005, vor fünf Jahren positiv auf das männliche Sexualhormon Testosteron getestet und als Wiederholungstäter ursprünglich für acht Jahre gesperrt, wird in Südkorea über die 100 m und die Sprint-Staffel antreten und hält einen Platz auf dem Podium für möglich: "Bei Meisterschaften geht es um viel mehr, als nur ein Rennen zu laufen. Viele Menschen verstehen das nicht."

Die US-Anti-Doping-Agentur Usada hatte Gatlins achtjährige Sperre nachträglich halbiert. Diese Maßnahme war vom internationalen Sportgerichtshof CAS bestätigt worden. Oder auch Sprinterin Shelly-Ann Fraser (Jamaika). Die Weltmeisterin von Berlin 2009 kehrt am Samstag beim WM-Auftakt auf die Laufbahn zurück.

Ebenfalls dabei sind die Königinnen der Lüfte, Stabhochprung-Weltrekordlerin Jelena Issinbajewa und Hochsprung-Weltmeisterin Blanka Vlasic, sowie 800-m-Weltmeisterin Caster Semenya, doch das Damen-Trio schwächelte zuletzt. Bolt wird also noch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen, als er es eh schon tun würde.

Fehlende Stars

Diese Liste ist um einiges länger, als jene der anwesenden Topathleten: Tyson Gay (USA) ist zwar in Daegu, allerdings nur seines Ausrüsters wegen. Der Sprinter qualifizierte sich wegen einer Hüftverletzung bei den US-Trails nicht für die WM und musste sich danach auch noch an der Hüfte operieren lassen. Damit ist die Saison endgültig gelaufen. Gay war über 100 Meter mit 9,79 Sekunden der zweitschnellste Mann des Jahres.

Schneller war nur Bolts Landsmann Asafa Powell (9,78), doch auch der wird über die 100 m nicht am Start stehen. Das bestätigte sein Manager Paul Doyle zwei Tage vor dem WM-Auftakt: "Asafa hat Leistenprobleme. Eventuell läuft er Staffel", sagte Doyle der britischen BBC.

Steve Mullings (Jamaika, Nummer drei der Weltjahresbestenliste über 100 m) und Mike Rodgers (USA, Nummer vier) manövrierten sich selbst ins Aus, die beiden wurden wegen Dopings gesperrt. Das gleiche Schicksal ereilte im Frühsommer Kroatiens Diskus-Europameisterin Sandra Perkovic.

Powell-Manager Doyle hatte am Sonntag bereits ein Statement von seinem Schützling Bryan Clay, seines Zeichens Zehnkampf-Olympiasieger, verbreitet. Darin teilte der 31-jährige US-Boy seinen Startverzicht mit: "Ich spüre, dass ich nicht mein Bestes geben könnte. Ich möchte immer um Medaillen kämpfen, aber nach den vergangenen sechs Wochen weiß ich, dass mein Knie dafür im Moment nicht stabil genug ist." Clay war im Zehnkampf der US Trials im Juni über 110 m Hürden gestürzt und hatte dabei die Verletzung am rechten Knie erlitten. Sein Ziel sind nun die Olympischen Spiele 2012 in London, wo er als erster Zehnkämpfer der Geschichte seine dritte Olympia-Medaille nach Silber 2004 in Athen und Gold 2008 in Peking gewinnen will.

Träfen sich die Ausfälle aller Nationen zum sportlichen Vergleich, es würde sich ein Feld ergeben, das jenem der WM ebenbürtig wäre. Besonders hart hat es die USA erwischt: Vor Clay und Gay mussten schon der zweimalige 400-m-Weltmeister Jeremy Wariner und 400-m-Hallenweltmeisterin Debbie Dunn verletzt passen.

Doch nicht nur die Leichtathletik-Nation Nummer eins hat herbe Verluste zu verkraften. Im Vorfeld der WM trudelten beinahe stündlich Absagen aus aller Herren Länder ein: Die Titelverteidiger Mbulaeni Mulaudzi (Südafrika/800 m) und Jaroslaw Rybakow (Russland/Hochsprung) sind ebenso verletzt wie der Weltranglistenerste Alexej Sagorny (Russland/Hammer), Hallen-Weltrekordler Teddy Tamgho (Frankreich/Dreisprung) und Vizeweltmeister Andrew Howe (Italien/Weitsprung). Der britischen Marathon-Weltrekordlerin Paula Radcliffe passt die asiatische Hitzeschlacht nach langer Pause nicht in ihr auf London 2012 ausgerichtetes Wettkampfprogramm.

Andere wiederum sind fit, scheiterten aber sportlich: Der russsische Hochspringer Andrej Silnow, mit 2,36 m Nummer zwei der Welt, patzte bei den nationalen Ausscheidungen. Auch Sprint-Legende Merlene Ottey kann sich mit 51 Jahren den strapaziösen Trip nach Korea sparen. Die Staffel ihrer Wahlheimat Slowenien ist schlicht zu langsam. Das tragischste WM-Aus traf Kenia: Marathon-Olympiasieger Samuel Wanjiru stürzte im Mai vom Balkon seiner Wohnung in den Tod. Er wurde nur 24 Jahre alt.

Die besten Sprüche vor der WM

Usain Bolt (Sprinter): "Ich will zur Legende werden. Daegu ist dafür nur der erste Schritt, der zweite wird London sein." Dort strebt der Jamaikaner 2012 wie schon vor drei Jahren in Peking drei olympische Goldmedaillen an: "Das nach vier Jahren zu wiederholen, haben nur wenige geschafft. Ich bin noch keine Legende, aber ich arbeite dran."

Robert Harting (Diskuswurf) über...

...die Siegprämie: "Ein polnischer Olympiasieger kriegt nach Karriereende 2000 Euro monatlich bis ans Lebensende. Da braucht man in Polen gar nicht mehr arbeiten zu gehen. Wir kriegen als Olympiasieger eine Kiste Bier - ein Jahr lang. Wie behämmert ist das?"

...und weiter: "Das muss man sich einmal reinziehen: Der DOSB lässt sich das Sponsoring teuer bezahlen, und wir kriegen dann eine Kiste Bier. Super. Bier. So etwas Profanes. Oder fünf Prozent auf Reiseangebote. Fünf Prozent. Das sind fünf Euro von 100. Das ist total lächerlich. Da müsste man sich lieber etwas einfallen lassen, wie man Olympiasieger besser absichern kann."

...seine Konsequenz: "Jetzt mache ich einfach, was ich will. Ich kann nicht mein ganzes Leben nach dem Werfen umstellen. Mal einen Donnerstagabend mit Freunden rumhängen, in eine Bar gehen, sich danebenbenehmen, die Bedienung bequatschen, das Lokal zerlegen und dann wieder gehen. Ich fühle mich wieder viel dynamischer. Ich glaube, dass ich so noch mehr Leistung bei der WM herausholen kann"

Betty Heidler (Hammerwurf): "Der Kraftraum ist als solches für uns nicht nutzbar, da wir die Hantelstangen fallen lassen müssen und dies nicht möglich war. Also musste alles auf den Parkplatz getragen werden, damit wir einen festen Untergrund hatten. Doof wurde es nur, als es anfing zu regnen ..."

Justin Gatlin (Sprinter): "Bei Meisterschaften geht es um viel mehr, als nur ein Rennen zu laufen. Viele Menschen verstehen das nicht."

Der Zeitplan zur Leichtathletik-WM

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