"In ihrer Heimat brennt es"

SID
Artem Harutyunyan (hier in rot) hat sich zuletzt das Ticket für Olympia gesichert
© getty

Neu-Profi Artem Harutyunyan hat sich zuletzt bis in die Weltspitze durchgeboxt. Doch deshalb verliert der gebürtige Armenier nicht den Blick für die Not anderer und besuchte jüngst ein Flüchtlingslager in Hamburg.

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WM-Titel gewonnen, Olympia-Ticket gesichert - bei Profiboxer Artem Harutyunyan ging es zuletzt sportlich steil bergauf. Das Engagement des Hamburgers endet jedoch nicht am Seilgeviert.

Der 25-Jährige besuchte jetzt ein Flüchtlingscamp in Hamburg und sprach den Menschen dort Mut zu. Harutyunyan kann die Schicksale der Flüchtinge gut nachempfinden. 1991 war er selbst mit seiner Familie von Armenien nach Deutschland gekommen.

"Ich weiß: Die haben einen schweren Weg hinter sich. Das sind Kriegsflüchtlinge. In ihrer Heimat brennt es. Deswegen ist es wichtig, diese Menschen hier zu empfangen und ihnen zu helfen", sagte der Halbweltergewichtler dem SID.

Nach seinem Punktsieg vor gut einer Woche über den Russen Armen Sakarjan, der Harutyunyan zum Weltmeister des vom Amateurbox-Weltverband neu geschaffenen APB-Programms machte, entspannt er zurzeit im "Champions Club" im türkischen Belek mit anderen deutschen Ausnahmesportlern. Doch in Gedanken ist er auch bei den Flüchtlingen.

"Ich habe selbst in einem Asylheim gelebt"

Harutyunyan war ein Jahr alt, als die Hoffnung auf ein besseres Leben seine Familie nach Deutschland trieb. "Wir waren keine Kriegsflüchtlinge, aber ich habe auch in einem Asylheim gelebt und weiß, was man dort durchmacht", sagte er.

Bei seinem Besuch in einer Hamburger Erstaufnahmestation für Flüchtlinge legte sich Harutyunyan mächtig ins Zeug, gab einigen neugierigen Ankömmlingen Box-Unterricht und brachte sie mit ein paar Einheiten Sport auf andere Gedanken. "Ich wollte ihnen ein Vorbild sein und ihnen zeigen, dass man es aus eigener Kraft aus solch einem Lager rausschaffen kann", sagte der neue Champion.

Harutyunyan gehörte eigentlich dem deutschen Amateurbox-Lager an, boxte sich aber in der neuen Profi-Abteilung der AIBA bis an die Spitze. Das APB-Programm ermöglicht es Boxern, als Profi gutes Geld zu verdienen, gleichzeitig aber noch an Olympischen Spielen teilzunehmen.

Große Ziele für Olympia

Sein Ticket für Rio de Janeiro hatte sich Harutyunyan bereits im Juli mit einem Punktsieg gegen den Algerier Abdelkader Chadi gesichert. "Ich möchte dort eine Medaille holen für Deutschland, wenn möglich natürlich Gold", sagte der selbstbewusste Boxer, der den ersten Gong bei Olympia kaum erwarten kann: "Ich denke jeden Tag an Rio und schaue immer in mein Handy, wie das Wetter dort ist."

Und auch die Siegerehrung mit ihm als Gewinner hat sich Harutyunyan schon öfters vorgestellt: "Die Goldmedaille glänzt natürlich am meisten. Es wäre klasse, wenn ich da oben stehen könnte, und die deutsche Nationalhymne läuft."

Bei seinem letzten Kämpfen ging es über zwölf Runden, bei Olympia dauern die Kämpfe wieder nur drei Runden. "Das wird wieder eine riesige Umstellung für mich. Das ist so, als würde ein Marathon-Läufer plötzlich einen 100-Meter-Sprint laufen", sagte Harutyunyan. Er weiß aber ganz genau, dass dies ein kleines Problem ist verglichen mit der Umstellung, mit der die Flüchtlinge zurecht kommen müssen.

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