Déjà-vu in Vegas

Floyd Mayweather Jr. und Marcos Maidana wollen im Rückkampf für Klarheit sorgen
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Das erste Duell: Die erwartete Überraschung

Die bedingungslose Offensive Maidanas überraschte Mayweather. Und das, obwohl sich dieser im Vorfeld eigentlich darauf einstellen konnte. Die Tatsache, dass die Aggressivität des Argentiniers weniger Taktik als vielmehr naturgegebenes Talent ist, sollte inzwischen bekannt sein. Es handelt sich um einen Instinkt, dem der 31-Jährige folgen muss - ohne Rücksicht auf Verluste. Rund 100 abgefeuerte Schläge in den ersten drei Minuten und 858 insgesamt lassen die Dimensionen deutlich werden.

Jedoch war es nicht nur die schiere Anzahl, die bei Mayweather für Probleme sorgte, auch die unkonventionellen Winkel und Varianten verfehlten ihre Wirkung nicht. Vor allem Maidanas Rechte, welche er in der Regel über Kopfhöhe schlug und die bereits Adrian Broner vernichtete, fand ihr Ziel. Da Garcia darüber hinaus erneut den Jab seines Schützlings verbessern konnte, diente dieser neben der Distanzfindung als gute Vorbereitung für die Power Punches.

Um überhaupt schlagen zu können, war die Positionierung enorm wichtig. Mayweather zu treffen, ist aufgrund seiner Erfahrung, Schnelligkeit und speziellen Shoulder-Roll-Defense grundsätzlich eine Kunst für sich. Nicht so für Maidana. Der Argentinier profitierte zwar primär von seiner überlegenen Physis, allerdings auch von eben jener Positionierung.

Simpel und doch effektiv

Auch die Tatsache, dass Mayweather es favorisiert, nach links auszuweichen, war Maidanas Ecke bekannt. Die Lösung: simpel und doch effektiv. Um den Kontrahenten in der gewünschten Position zu halten, stellte sich Maidana leicht seitlich zu Mayweather, sein Kopf drückte dabei stets an dessen linke Kopfseite beziehungsweise Teile des Halses.

Die Gewichtsverhältnisse spielten ihm dabei zusätzlich in die Karten. Zwar brachte der Argentinier beim offiziellen Wiegen nur 146 Pfund (Mayweather 146,5) auf die Waage, allerdings legte er bis zum Kampfbeginn zu und stieg mit 165 Pfund in den Ring. Bei seinem Gegner waren es hingegen nur 148. Dieser Unterschied entspricht rund drei Gewichtsklassen.

Befand sich Mayweather an den Seilen, suchte Maidana sofort den Infight. Dabei blockierte er beispielsweise mit dem rechten Arm seinen Gegner. Mit seiner Linken schlug er anschließend wiederholt Haken zu Körper und Kopf. Speziell am Anfang konnte er so die boxerische Unterlegenheit nahezu komplett negieren. Die höchste Anzahl an Treffern (221), die Mayweather jemals einstecken musste, dient als Beleg.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg

Auffällig war zudem der Wille, sämtliche zur Verfügung stehenden Mittel auszunutzen. Egal, ob diese nun dem Reglement entsprachen oder nicht. Stand der Ringrichter etwa auf der abgewandten Seite, so setzte der Argentinier seine Schläge zum Körper gerne etwas tiefer an.

Über den Kampf verteilt, ergab sich so eine große Anzahl an Treffern, die unterhalb der Gürtellinie einschlugen. Zudem blieb auch der Hinterkopf Mayweathers nicht verschont, sogar der eine oder andere Kopfstoß war dabei. Die Folge: Ein Cut beim Champion. Sehr zu dessen Unmut: "Er hat mich mit einer Hand gehalten und mit der anderen getroffen. Ich dachte, ich wäre ein Boxer und kein WWE-Wrestler."

Kommt Zeit, kommt Rat

Der Erfolg gab Maidana allerdings Recht. Die ersten fünf Runden dominierte er klar, bestimmte Distanz und Gechwindigkeit. Mit zunehmender Dauer fand dann jedoch auch Mayweather zu seinen Stärken. Hauptsächlich verantwortlich war dabei der Jab des ungeschlagenen Champions. Immer wenn Maidana Druck ausübte, platzierte er diesen knapp oberhalb der Gürtellinie. Bot sich etwas Platz, kamen seine schnelle Rechte sowie linke Haken dazu, die immer häufiger ins Schwarze trafen.

Ferner profitierte er von seiner gnadenlosen Effektivität. Von seinen Power Punches landeten 65 (!) Prozent (178/274) im Ziel, bei Maidana waren es zwar sieben Treffer mehr, allerdings benötigte der Argentinier auch 540 Versuche (34 Prozent). Eine erhebliche Kraftersparnis war die Folge. Ein Muster, welches sich wiederholte. Während Mayweather von seinen 152 Jabs 52 unterbringen konnte (34 Prozent), gelang dies Maidana nur in 36 Fällen - und das bei 318 Versuchen (11 Prozent).

Der Alte war Mayweather jedoch nicht und es darf zu Recht gefragt werden, ob er es jemals wieder sein wird. Das Alter macht schließlich auch vor dem besten Boxer der Generation keinen Halt. Zwar ist er noch immer ein überragender Techniker, jedoch wurden Grenzen sichtbar. Grenzen, die es zuvor nie zu geben schien. Noch sieht Mayweather das Thema allerdings gelassen: "Ich bin fast 40, aber immernoch unheimlich stark. Ich will rausgehen und es allen zeigen", so der Champion.

Wer ist der Chef im Ring?

War Tony Weeks im ersten Kampf deutlich zu nachlässig - obwohl er einige der illegalen Schläge Maidanas durchaus bemerkte und monierte -, wird dies unter der Leitung von Kenny Bayless mit Sicherheit nicht der Fall sein. Ändert Maidana seine Herangehensweise nicht, wird es diesmal definitiv Punktabzüge geben.

Zu konsequent ist der 65-jährige US-Amerikaner, der in der Vergangenheit bereits große Kämpfe leiten durfte und zu Recht als einer der besten seiner Zunft gilt. Zudem kennt er beide Kontrahenten. So stand er bei den Siegen Mayweathers gegen Oscar De La Hoya (2007), Shane Mosley (2010) und Saul Alvarez (2013) im Ring. Im Jahr 2012 leitete er zudem Maidanas Sieg gegen Jesus Soto Karass.

Seite 1: Alles beim Alten

Seite 2: Das erste Duell und der Chef im Ring

Seite 3: Weg zum Sieg und hohe Erwartungen

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