"Ich war immer ein bisschen speckig"

Tyron Zeuge (l.) und Jürgen Brähmer (r.) trainieren beide unter Karsten Röwer
© getty
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SPOX: Maske war im Halbschwergewicht unterwegs. Auch Sie boxten während Ihrer Amateurkarriere in dieser Gewichtsklasse und wurden sogar Deutscher Meister. Warum stiegen Sie als Profi ins Super-Mittelgewicht ab?

Zeuge: Ich war immer ein bisschen speckig in meiner Klasse (lacht). Aber im Ernst: Ich war ja nicht nur Deutscher Meister im Halbschwergewicht, sondern auch Europameister im Mittelgewicht. Es war gut, als Amateur verschiedene Klassen kennen zu lernen. Im Endeffekt habe ich mich erst als Super-Mittelgewichtler richtig spritzig und schnell gefühlt. Es war im Nachhinein auf jeden Fall die richtige Entscheidung.

SPOX: Sie haben 140 Amateurkämpfe auf dem Buckel. Wie wichtig sind diese Erfahrungen heutzutage? Marco Huck ist beispielsweise Weltmeister geworden, hat aber eine überschaubare Amateurkarriere vorzuweisen.

Zeuge: Da gibt es kein allgemein gültiges Erfolgsrezept. Ich will diese Kämpfe allerdings nicht missen. Man lernt in dieser Zeit die Grundlagen, von denen man später profitiert. Ganz zu schweigen von meinen Reisen. Ich habe an Veranstaltungen in Polen, Baku und Ankara teilgenommen. Man reift dabei nicht nur als Boxer, sondern auch als Mensch. Es ist vielleicht ein wenig vergleichbar mit vielen jungen Leuten, die nach der Schule eine Weltreise machen. Ich habe das eben mit meiner Leidenschaft verbunden und bin auf diesem Weg selbstständiger geworden.

SPOX: Wie schwer fiel Ihnen die Umstellung auf das Profi-Boxen?

Zeuge: Der größte Unterschied ist die Anzahl der Runden. Man muss sich das so vorstellen: Als Amateur darf man nicht großartig abwartend agieren. Da ist drei Runden Vollgas angesagt. Bei den Profis läuft alles weniger hektisch ab. Man kann taktieren und versuchen, dem Gegner seinen Stil aufzudrücken. Und wenn man mal eine Runde verliert, ist es auch nicht so tragisch, weil man weiß, das noch viel Zeit ist, den Fight zu drehen.

SPOX: Gab es als Amateur Momente, in denen Sie genug vom Boxen hatten?

Zeuge: Nicht unbedingt genug, aber es ist ganz normal, dass man als Jugendlicher auch mal ein wenig Ablenkung braucht und anfängt, zu zweifeln, gerade nach Niederlagen. Aber man darf nicht aufgeben. Das hat mir mein Vater eingetrichtert und mich dadurch an meinen großen Traum erinnert. Ich wollte immer im Scheinwerferlicht stehen und live im Fernsehen boxen.

SPOX: Das haben Sie mittlerweile geschafft. Und wenn man Ihrem Promoter Kalle Sauerland glauben mag, liegt eine große Zukunft vor Ihnen. Zuletzt sprach er gar von einem Kampf gegen Robert Stieglitz. Interesse?

Zeuge: Klar, ich boxe gegen jeden, der mir vor die Fäuste kommt. Er ist ehemaliger Weltmeister, das wäre ein großer Schritt für meine Entwicklung. Ich könnte trotzdem ganz entspannt an die Sache rangehen, weil ich nichts zu verlieren hätte. Er wäre sicherlich mehr unter Zugzwang.

SPOX: Rein theoretisch gesprochen: Wie schätzen Sie Ihre Chancen gegen den konditionsstarken Stieglitz ein?

Zeuge: Er würde mir schon liegen. Ich habe es zuletzt immer geschafft, ganz ruhig zu boxen und auf meine Chancen zu warten. Und wenn Stieglitz nach vorne geht, würde er meine Konterattacken zu spüren bekommen.

SPOX: Stieglitz hat seinen Titel Anfang März gegen Abraham verloren. Wie weit ist eine WM-Chance für Sie noch entfernt?

Zeuge: Das ist das große Ziel. Es wäre auch schlimm, wenn es nicht so wäre. Gegen wen es dann geht, wäre mir egal, auch wenn ich schon ganz gerne mal in den USA boxen würde. Aber ein Schritt nach dem anderen. Ich brauche noch viel Ringerfahrung, bevor das auf den Tisch kommt.

SPOX: Kann man sich denn von den Weltmeistern wie Abraham, Carl Froch oder Andre Ward Sachen abschauen?

Zeuge: Bis zu einem gewissen Punkt ist das möglich. Aber man darf nie den Fehler machen, seinen eigenen Stil aus den Augen verlieren. Ansonsten landet man in einer Sackgasse. Bislang bin ich auch ganz gut damit gefahren.

Seite 1: Zeuge über Druck und Vorbild Maske

Seite 2: Zeuge über das Super-Mittelgewicht und ein Duell mit Stieglitz

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