"Ich verabscheue Felix Sturm"

Von Interview: Ingo Rohrbach
Ahmet Öner holt zum Rundumschlag aus: Felix Sturm und Don King müssen ordentlich einstecken
© getty

Box-Promoter Ahmet Öner holt einmal mehr zum Rundumschlag aus. Im Interview spricht der 41-jährige Ex-Profi über die Schwierigkeit der Suche nach einem ebenbürtigen Gegner für die Klitschko-Brüder, seine Abneigung gegen Felix Sturm und erklärt, warum die Zeit von Don King endgültig vorbei ist.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Öner, Sie haben mit Odlanier Solis und Selcuk Aydin zwei großartige Boxer unter Vertrag. Können Sie beide kurz charakterisieren?

Öner: Solis wurde ja zuletzt durch den Kampf gegen Witali Klitschko bekannt. Er hat schon sehr viele Gegner geboxt, aber im Profigeschäft hat er immer noch nicht die Erfahrung. Er hat insgesamt einfach zu wenige Runden geboxt, gegen Witali war es ja nur eine, gegen Monte Barrett zwei Runden. Ich glaube, er hat nur einmal zehn bis zwölf und einmal acht Runden geboxt, das war es eigentlich.

SPOX: Und Aydin?

Öner: Er ist der Beste der Türken, hat aber zuletzt in Las Vegas unglücklich nach Punkten verloren. Das war ein Kampf, in dem ich die Welt nicht mehr verstanden habe. Er hat stilistisch einfach völlig falsch geboxt. Davor hat er einen Kampf gegen Robert Guerrero umstritten verloren, woanders hätte er den vielleicht gewonnen oder er wäre unentschieden gewertet worden.

SPOX: Wie geht es mit ihm weiter?

Öner: Aydin hat seine Klasse in Amerika bewiesen. Ich bin immer noch mit den Showtime-Bossen in Kontakt, die wollen ihn wieder haben. Er muss sich jetzt mit ein oder zwei Siegen rehabilitieren, dann wird er wieder über dem Teich boxen.

SPOX: Kommen wir nochmals zu Solis. Witali war sichtlich verblüfft, als Solis damals in der ersten Runde kam...

Öner: Definitiv. Wir waren zuletzt auch wieder mit Wladimir im Gespräch. Ich glaube, wir wurden als Finte ausgenutzt - jetzt haben sie sich an Francesco Pianeta vergriffen. Das ist wirklich eine peinliche Nummer für das Schwergewicht.

SPOX: Wie meinen Sie das?

Öner: Ich weiß nicht, warum Pianeta das verdient hat. Ich gönne es ihm, ich gönne ihm jeden Pfennig und jeden Euro. Ich gönne es auch Ulf Steinforth, aber es ist kein weltmeisterliches Boxen und es ist einfach peinlich.

SPOX: Sie haben vor Jahren angeprangert, dass die Auswahl der Klitschko-Gegner seit David Haye zu wünschen übrig lässt. Allerdings haben sie auch fast keine andere Wahl, oder?

Öner: Ja, ich muss den Klitschkos zu Gute halten, dass sie auch nicht viele Möglichkeiten haben. Alexander Powetkin, den ich übrigens auch nicht für so gut halte, wollen sie nicht boxen. Das ist aber mehr eine politische Management-Sache, da geht es um Geld.

SPOX: Kubrat Pulew?

Öner: Er hat sich einen Namen gemacht, ist neu am Markt. Das ist ein Gegner, über den noch nicht so richtig diskutiert wurde. Dann ist da noch Solis und mehr gibt's ja auch nicht. Also wen sollen sie sich aussuchen? Schade ist nur, dass sie sich von den Möglichkeiten, die da sind, auch noch die Schwächsten aussuchen. Das ärgert mich schon ein bisschen.

SPOX: Welchen Gegner würden Sie den Klitschkos empfehlen? Einen Amerikaner oder einen der so hoch gepriesenen neuen Engländer, zum Beispiel Tyson Fury?

Öner: Da sind ein paar Namen dabei, aber ich finde, sie sollten Solis boxen. Als Erstes sollten sie aber Powetkin boxen. Das sollten sie mit der WBA klären und auch mal auf ein bisschen Geld verzichten. Und dann sollten sie sich nach ihren Pflichtaufgaben wirklich an Solis ranmachen.

SPOX: David Haye bringt sich auch immer wieder ins Spiel. Was halten Sie von ihm, bringt es den Klitschkos etwas, nochmals gegen ihn zu boxen?

Öner: In meinen Augen will Haye gegen Witali boxen. Ich glaube, dass er gegen Wladimir verlieren würde. Aufgrund seines Alters hat er gegen Witali vielleicht eine Chance, weil er nicht mehr so beweglich ist. Er hat schon viel gerissen, aber er ist jetzt auch schon 41 Jahre alt. Bei allem Respekt, wenn Witali überhaupt noch boxt, dann wahrscheinlich nur noch, weil er sich falsch einschätzt. Oder wegen Geld oder Ruhm. Wenn ich Witali wäre, würde ich Haye nicht mehr boxen.

SPOX: Es gibt da dieses Sprichwort: "Man ist über Nacht alt geworden." Trifft das auf Witali zu?

Öner: Ja, das würde ich bei Witali anbringen. Er ist körperlich in sehr guter Verfassung, aber allein das Alter ist nicht mehr hilfreich. Ich könnte jetzt aus eigenem geschäftlichem Interesse sagen: 'Solis gegen Witali', aber nein, das ist nicht interessant für mich. Wenn Solis' Knie damals nicht kaputt gegangen wäre, hätte Witali verloren.

SPOX: Wie sieht es mit Ihrer persönlichen Fehde gegen die Klitschkos aus? Haben Sie die beigelegt oder gab es da nie etwas?

Öner: Ich hatte persönlich nie etwas gegen die Klitschkos. Ich fand sie nur in ihrem ganzen Auftreten arrogant und vergesslich gegenüber der Vergangenheit, die wir alle gemeinsam erlebt haben. Man hat mich als den Bösen hingestellt. Bernd Bönte hat da einen großen Beitrag geleistet. Es gibt ein paar Leute, die ich im Boxgeschäft ganz und gar nicht mag, dazu zählen aber weder die Klitschkos noch Bönte.

SPOX: Wer dann?

Öner: Ich verabscheue Felix Sturm. Sturm hat die Strafe für seine Arroganz bekommen, indem er jetzt zwei Kämpfe hintereinander verloren hat. Er sollte lieber Leute wie Ronald Hearns boxen, die ich ihm ausgesucht habe. Seine Fähigkeiten sind einfach limitiert.

SPOX: Inwiefern limitiert? Können Sie das näher erklären?

Öner: Er hat jetzt gegen Sam Soliman verloren und der Mann war auch schon 39 Jahre alt. Ob er nun gedopt war oder nicht, das macht die Leistung von Sturm nicht besser. Soliman war einfach nichts Besonderes und Felix als richtiger Champion sollte sich lieber mal an Gennadi Golowkin oder Sergio Gabriel Martinez ranmachen. Das wollen die Leute sehen! Aber deshalb sind auch seine Quoten nicht so gut, die werden ja stetig schlechter.

SPOX: Wie stehen Sie zu Leuten wie Don King oder Frank Warren?

Öner: Warren ist in England eine ganz besondere Nummer. Er ist für mich dort unantastbar. Don King ist eine One-Man-Show. Er ist lange im Geschäft - eigentlich ein cleverer Typ, dem man nichts vormachen kann. Er hat viele Leute bevorteilt und in seine eigene Tasche gewirtschaftet, aber er hat auch nicht erkannt, wann die Zeit vorbei ist.

SPOX: Ist sie denn vorbei?

Öner: Es macht keinen Sinn mehr, mit 81 Jahren mit einem Fähnchen im Ring rumzulaufen. Das ist für mich zu einer Freak-Show geworden. Er kann ihnen helfen, er kann bei Ranglisten was drehen. Don King ist wirklich jenseits von Gut und Böse. Das ist eigentlich schade für seinen Namen. Er hat ein tolles Büro, eine tolle Firma und ist echt ein cooler Typ - aber er hört sich nur selbst reden. Das ist auf die Dauer langweilig.

SPOX: Sollte er ins Altenheim?

Öner: Das weiß ich nicht. Aber er sollte sich schon zurückziehen. Platzhirsche räumen doch auch das Feld, Alpha-Wölfen fallen irgendwann die Zähne aus. Sie ziehen sich zurück oder werden vertrieben. Und er ist ja auch schon von Top-Rank und Golden Boy richtig vertrieben worden. Das ist nicht mehr gut, das schadet ihm.

SPOX: Wie viel Biss, wie viele Zähne hat denn Ahmet Öner noch?

Öner: Zähne habe ich genug, alle 32, schauen Sie (bleckt seine Zähne und deutet darauf)! Und Biss habe ich auch noch, biologische Power sowieso (deutet auf angespannten Bizeps). Also wie man sieht, bin ich gut dabei.

SPOX: Wann sehen wir Ihren Schützling Solis als Schwergewichts-Weltmeister?

Öner: Die Klitschkos müssen jetzt ihre Pflichtaufgaben erst einmal erfüllen und dann kann es sein, dass wir in naher Zukunft - wir reden vielleicht von 365 Tagen oder kürzer - wieder ins Gespräch kommen. Ich wäre froh, wenn ich dann mit Solis Weltmeister werden kann. Das wäre meine kleine Erfüllung.

Artikel und Videos zum Thema