Im Ring ist Marco Huck ganz allein

SID
Marco Huck (r.) fordert am Samstag Alexander Powetkin heraus. Es geht um den WM-Titel
© Getty

Bescheiden, bodenständig und zurückhaltend, diszipliniert und im Ring stets eiskalt und überlegt - all das, was man an Boxern meist schätzt, ist Marco Huck nicht. Aber unterhaltsam: Der Berliner ist öffentlich eine lautstarke PR-Maschine in eigener Sache mit Hang zu wilden Prügelattacken im Ring, die Trainer Ulli Wegner regelmäßig an den Rand des Wahnsinns treiben. Am Samstag will der 27-Jährige in Stuttgart gegen den Russen Alexander Powetkin Schwergewichtsweltmeister des Verbandes WBA werden.

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Das kann interessant werden, ambitioniert ist der Plan allemal. "Jetzt stehe ich kurz davor, für die Sensation zu sorgen, meinen Traum wahr zu machen", verkündet Huck.

Erstmals forderte er Powetkin Anfang Dezember in Helsinki öffentlich auf einer Pressekonferenz nachts um kurz nach 2.00 Uhr nach dessen Titelverteidigung gegen Cedric Boswell (USA) heraus: "Kämpf gegen mich."

Promoter Sauerland setzte danach alle Hebel in Bewegung, um das Okay der WBA zu erhalten. Außerdem musste er Powetkin überzeugen, einen Kampf zu machen, der mehr Einschaltquote bringen wird, als die eigentlich anstehende Pflichtverteidigung gegen Hasim Rahman.

Win-Win-Situation für Sauerland

Ob die Idee für das interne Duell im Strategie-Büro des Stalls, bei dem beide Boxer unter Vertrag stehen, ersonnen wurde, oder ob sie tatsächlich einer spontanen Eingebung des amtierenden WBO-Weltmeisters im Cruisergewicht entsprangen, werden Außenstehende nie erfahren.

"Das wird ein richtiger Knaller und beste Werbung für das Schwergewichts-Boxen", sagt jedenfalls Kalle Sauerland euphorisch. Für das Berliner Entertainment-Unternehmen bringt der Fight eine reine Win-Win-Situation.

Sollte Huck verlieren, egal. Er behält dennoch seinen WM-Titel im leichteren Cruisergewicht. Hat er es halt probiert, mutig. Gleichzeitig wird der schweigsame Russe Powetkin beim deutschen ARD-Publikum bekannter.

Spätestens 2013 könnte er gegen Wladimir Klitschko boxen. Auch gut. Gewinnt Huck, hat Sauerland den ersten deutschen Schwergewichtsweltmeister seit Max Schmeling 1930. Noch besser.

Bohei um einen alten Drohbrief

Tatsächlich wird ein WM-Gürtel in Stuttgart nur vergeben, weil die WBA den tatsächlichen Weltmeister Klitschko zum "Superchamp" erhoben hat. Die beiden Brüder aus der Ukraine sind die Sonnen in der Szene, um die andere Schwergewichtler kreisen wie Trabanten, die versuchen, etwas Glanz abzubekommen.

Huck bezeichnete deshalb die Ohrfeige von Dereck Chisora gegen Witali Klitschko als "Inszenierung" und diagnostizierte bei Wladimir ein "Kükenherz."

Das zusätzliche Bohei um eine Morddrohung wäre vor dem Fight wahrscheinlich gar nicht nötig gewesen, schaden tut es jedoch höchstens der Konzentration von "Käpt´n" Huck. Vor etwa fünf Wochen traf der Brief bei ihm ein: "Deine Angeberei haben wir endlich satt", heißt es unter anderem.

Das Schreiben wurde nun mit Verspätung kurz vor dem Kampf in der "Bild-Zeitung" veröffentlicht. 36 Bodyguards sollen den gebürtigen Serben beschützen, erfahren wir. Alle mit Kampfsport- oder Selbstverteidigungsausbildung.

Nur im Ring ist er allein

Nur im Ring, da dürfen sie nicht eingreifen. Da muss sich Huck allein dem etwa sieben Kilo schwereren Olympiasieger von 2004 stellen, der alle seine 23 Kämpfe als Profi gewonnen hat. Der 32-Jährige spielte angesichts des Huck´schen Getöses im Vorfeld des Kampfes kaum eine Rolle.

"Jeder muss machen, was er für richtig hält. Freunde werden wir sicherlich nicht werden", sagte Powetkin zu Hucks Getrommel, "aber er wirkt physisch stark und hat einen großen Willen. Ich unterschätze ihn nicht."

Die Box-Weltmeister der vier großen Verbände

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