Schmeling gegen Louis: Die Legende lebt...

SID
Da geht's lang: Max Schmeling (l.) und Joe Louis waren bis zu ihrem Tod gute Freunde
© Imago

19. Juni 1936, New York, das legendäre Yankee Stadium in der Bronx: Max Schmeling, der schwarze Ulan vom Rhein, knockt den Unschlagbaren aus. Joe Louis torkelt acht Runden lang durch den Ring, ehe er in der zwölften endgültig zu Boden geht.

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In der Vorbereitung auf den Kampf gegen Max Schmeling hat Joe Louis viel trainiert. Nicht nur am Sandsack oder an den Pratzen, da ist er ohnehin der Beste. Der 22-Jährige glaubt das, was alle ihm sagen, dass er einfach unschlagbar ist und schon sehr bald Weltmeister sein wird. Nur noch dieser eine Kampf gegen den Deutschen, dann wartet Champion Jim Braddock.

Louis macht sich deshalb keine großen Sorgen über Schmeling, sondern über sein Handicap auf dem Golfplatz. Auf den Grüns muss er besser werden, im Ring kann er ja schon alles.

Der junge Schwergewichtler hat ein von Gott gegebenes Talent, er kombiniert wie kein anderer Boxer auf der Welt Schnelligkeit, Technik und Schlagkraft.

Max Schmeling: Außenseiter im Yankee Stadium

Die 45.000 Menschen, die am 19. Juni 1936 ins Yankee Stadium im New Yorker Arbeiterviertel Bronx pilgern, haben nicht den geringsten Zweifel daran, dass Max Schmeling zu Boden gehen wird.

Der schwarze Ulan vom Rhein war zwar mal Weltmeister, aber das liegt schon eine Weile zurück. Schmeling ist 30, acht Jahre älter als Louis, seine Karriere neigt sich dem Ende zu, die von Louis beginnt gerade erst.

Was die Zuschauer und vor allem Louis nicht wissen: Schmeling hat sich akribisch auf den Kampf vorbereitet. Für ihn ist es die Chance, noch einmal ins Rampenlicht zurückzukehren, dorthin, wo er nach seinem WM-Sieg gegen Jack Sharkey 1930 schon einmal war. 1932 hatte er den Titel nach einem skandalösen Fehlurteil wieder an Sharkey verloren, seither war es still geworden um den Deutschen.

Dominanter Beginn von Joe Louis

Schmeling geht verhalten in den Kampf. Louis landet mit seiner krachenden Linken Treffer um Treffer im Gesicht seines Gegners, der Bereich um Schmelings Augen schwillt bedrohlich an. Die Arena brodelt, Louis tänzelt, wie immer mit jenem regungslosen Gesichtsausdruck, der seinen Gegnern die Wirkungslosigkeit ihrer Treffer vernichtend vor Augen führen soll.

Dann, in der vierten Runde geschieht das Unvorstellbare. Nach zwei schnellen Jabs lässt Rechtsausleger Louis den linken Arm wie üblich für den Bruchteil eine Sekunde sinken - und wie ein Dampfhammer trifft ihn Schmelings Rechte am Kinn.

Louis' Kopf wird von einer Urgewalt nach hinten gerissen, er geht zum ersten Mal in seinem 28. Kampf zu Boden, steht aber sofort wieder auf. Nur nicht aufgeben, er wird schon noch gewinnen, das haben doch alle gesagt.

Schmeling zermürbt Louis mit seiner Rechten

Doch der Kampf, das weiß zu diesem frühen Zeitpunkt noch niemand, ist entschieden. Schmeling setzt nach, er deckt seinen Gegner von Runde zu Runde mit einer Serie von Schlägen ein, immer und immer wieder trifft seine gefürchtete Rechte ins Ziel.

Louis' linker Jab ist nicht mehr da, er nimmt und nimmt, er torkelt, er rudert, er fällt. Lilly Louis verlässt tränenüberströmt das Stadion. Sie kann es nicht mitansehen, wie Schmeling ihren Sohn windelweich prügelt. Statistiker werden später herausfinden, dass Schmelings Rechte fast 60-mal im Gesicht von Louis explodierte.

In der zwölften Runde ist es endlich vorbei. Die letzte Rechte des Deutschen schickt Louis final auf die Bretter. Der junge Boxer fällt, er dreht sich von der rechten auf die linke Seite, will wieder aufstehen und bleibt dann doch auf dem Rücken liegen, geschlagen, zerstört, entzaubert. Die Menge tobt, der 1:18-Außenseiter reißt die Fäuste in die Luft.

Einziger deutscher Schwergewichts-Weltmeister

Der Kampf wird zur Legende. "Schmeling-Louis", nicht "Schmeling-Sharkey" begründet den Mythos des Mannes aus der Uckermark, der bis heute der einzige deutsche Schwergewichts-Weltmeister ist.

Eine WM-Chance bekommt Schmeling damals nicht, Jim Braddock hatte schon weit vor jenem 19. Juni für einen Kampf gegen Louis unterschrieben, den er dann ein Jahr später durch K.o. verlor.

Der zweite Kampf zwischen Schmeling und Louis, in dem es im Juni 1938 um die WM geht, dauert nur wenig mehr als zwei Minuten. Schmeling hat keine Chance, Louis ist das geworden, was er 1936 eben noch nicht war: Ein gereifter Weltklasse-Athlet. Niemand hätte an diesem Tag gegen seinen Vater gewonnen, wird Schmeling später Louis' Sohn erzählen.

Schmeling zahlt Louis-Beerdigung

Die Freundschaft zwischen Max Schmeling und Joe Louis überdauert alles. Der erfolgreiche Geschäftsmann Schmeling schickt in den späteren Jahren immer wieder Geld nach Übersee, wo sich der einst beste Boxer der Welt als Türsteher in einem Casino in Las Vegas mehr schlecht als recht über Wasser hält.

Jedes Jahr fliegt Schmeling in die USA und verbringt dort einige Wochen mit dem Gegner von einst. Als Louis am 12. April 1981 völlig verarmt stirbt, finanziert Schmeling die Beerdigung, bei der er einer der Sargträger ist.

Schmelings Leben endet am 2. Februar 2005, knapp acht Monate vor seinem 100. Geburtstag. Die Legende lebt weiter. Für immer.

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