BBL - Chemnitz-Coach Pastore im Interview: "Maradona wird für immer als der Beste aller Zeiten gelten"

Von Ulli Ludwig
Im Interview mit SPOX spricht Chemnitz-Coach Rodrigo Pastore über die rasante Entwicklung der Niners und verrät, warum er Steffi Graf verehrte, aber nie ein Fan von Diego Maradona war.
© IMAGO / fotoduda
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2006 haben Sie als Spielertrainer beim Schweizer Zweitligisten SAV Vacallo angeheuert, sind auf Anhieb aufgestiegen und zwei Jahre später waren Sie mit dem Team Meister und Pokalsieger. Ist eine ähnliche Erfolgsgeschichte auch in Chemnitz denkbar?

Pastore: Ein bisschen was von dieser Entwicklung habe ich mit nach Chemnitz gebracht. Ich fand hier ein großes Potential vor, wenn es darum geht, von Dingen zu träumen, von denen zuvor noch nie jemand geträumt hatte. Die Leute haben verstanden, dass es möglich ist. Deshalb ist in Chemnitz wie auch damals in der Schweiz das Team hinter dem Team entscheidend. Sie alle ermöglichen es uns, unseren Job so gut wie möglich zu machen, nur deshalb können wir erfolgreich sein. Wir wollen diesen Weg fortsetzen, weiter junge Spieler ausbilden und ihnen die Chance geben, den Sprung zu besseren Teams zu schaffen.

Als 15. der BBL übertreffen die Niners alle Erwartungen. Man könnte fast von einer Cinderella-Story sprechen. Was ist in der Zukunft noch alles möglich?

Pastore: Wir träumen davon, erfolgreich zu sein, aber der Fokus liegt wie bereits erwähnt auf dem Prozess. Alles andere wird sich daraus ergeben. Wir versuchen jeden Tag, das beste Training zu machen und das macht uns täglich besser. Wir sind in Chemnitz noch nicht einmal annähernd am Ende angekommen, es gibt so viel Raum für Verbesserungen. Vielleicht gehören wir in fünf Jahren zu den Teams, die unter den ersten Fünf landen können. Wir wissen ziemlich genau, wie wir dahin kommen. Aber aktuell geht es nur um den Klassenerhalt und danach darum, uns zu etablieren. Aber dann vielleicht - wir haben gute Coaches in der Nachwuchsabteilung und die nötige Infrastruktur.

Chemnitz hat viele junge Spieler in seinen Reihen und mit Niklas Wimberg mittlerweile sogar einen Nationalspieler. Halten Sie große Stücke auf Ihn?

Pastore: Auf Niklas bin ich sehr stolz. Er ist von der BBL zu uns in die 2. Liga gewechselt, was die meisten jungen Spieler nie gemacht hätten. Vielen anderen Talenten geht es um den besten Vertrag, das meiste Geld. Er aber hat bewusst einen Schritt zurück gemacht. Wir haben ihm immer die Wahrheit gesagt, dass er wie jeder andere Spieler behandelt wird und sich jeden Tag verbessern muss. Niklas hat sich komplett darauf eingelassen. Er hat eine starke Arbeitseinstellung, einen hohen Basketball-IQ, will sich immer verbessern. Nur deshalb konnte er von einem Nobody zu einem Spieler werden, der von den besten Teams Europas und einigen US-Teams beobachtet wird. Wir werden ihn in den kommenden Jahren auf einem sehr hohen Niveau spielen sehen.

Pastore: "Trinchieri hat einen großen Einfluss auf mich!"

Ihre Philosophie lautet "WE over ME". Das bedeutet, dass sich das Team gemeinsam den besten Wurf erarbeitet und es letztlich relativ egal ist, welcher Spieler den Wurf dann nimmt. Was passiert mit einem Spieler, der nicht in diese Philosophie passt?

Pastore: Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder er passt sich an oder es gibt keinen Platz für ihn. Man fühlt sich dann wie ein Fisch aus einem fremden Meer. Unsere Spielweise macht Spaß und ich glaube nicht, dass die Fans in Chemnitz lieber eine andere Spielweise sehen würden. Das Talent eines jeden Spielers muss so genutzt werden, dass es jedem anderen Spieler im Team dient. Sobald ein Spieler das versteht, wird er von einem guten zu einem großartigen Spieler.

Vor einigen Jahren sagten Sie in einem Interview, dass Sie gerne einmal bei Bayern-Cheftrainer Andrea Trinchieri hospitieren würden, der damals noch Bamberg betreute. Mitte Februar standen Sie neben ihm an der Seitenlinie und haben ihn sogar besiegt. Was verbindet Sie mit Trinchieri?

Pastore: Trinchieri hat einen großen Einfluss auf mich als Coach. Das damalige Bamberg-Team mit ihm als Trainer war eines der besten Teams, das Deutschland je gesehen hat. Ich lernte von ihm, wie wichtig Training und die persönliche Entwicklung sind. Nach dem Sieg gegen Bayern hätte ich mich eigentlich bei ihm bedanken sollen. Ich hoffe, dass er trotz der Niederlage stolz war, denn seine Spuren sind indirekt über die gesamte Niners-Entwicklung der vergangenen sechs Jahre verteilt. Die Art wie wir trainieren, wie wir junge Spieler entwickeln, die Spielweise, die Selbstlosigkeit, all das haben wir schon in Bamberg gesehen.

Sind Sie auch ähnlich emotional wie Trinchieri?

Pastore: Ich bin, wer ich bin. Ich habe mich verändert und bin vor allem in Sachen emotionaler Intelligenz besser geworden. In der Vergangenheit habe ich manchmal die Kontrolle verloren. Jetzt will ich einfach nur der bestmögliche Coach für meine Spieler sein.

Sie sind seit knapp sechs Jahren bei den Niners und haben noch einen Vertrag bis 2022, der für die BBL und die 2. Liga gilt. Bleiben Sie oder suchen Sie sich im nächsten Sommer eine neue Herausforderung?

Pastore: Ich fühle mich sehr wohl hier. Manchmal witzeln wir und sagen, dass sie mich schon feuern müssten, um mich loszuwerden. (lacht) Ganz ehrlich: Es müsste etwas sehr Besonderes sein, was mich dazu bringen könnte, hier von mir aus wegzugehen. Die Zukunft wird sich um die Zukunft kümmern.

Die Karrierestationen von Rodrigo Pastore

als Spielerals Trainer

1996 TG Landshut

2006 - 2013 SAV Vacallo
1996 - 1998 Bayreuth2015 - heute Niners Chemnitz
1998 - 1999 Aurora Basket Jesi
1999 - 2000 Telekom Baskets Bonn
2000 - 2001 Popolare Ragusa
2001 - 2002 Trieste
2002 - 2003 Popolare Ragusa
2004 - 2005 Garofoli Osimo
2005 - 2006 Lugano Tigers
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