Basketball - DBB-Kapitän Robin Benzing im Interview: "Wir müssen nur 'gehorchen'"

Von Freddy Harder
Robin Benzing ist Kapitän der deutschen Nationalmannschaft und spielt für Basket Zaragoza in der spanischen Liga.
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Wie finden Sie denn grundsätzlich das Format mit so vielen Spielen in kurzer Zeit an einem Ort?

Benzing: Man ist da so ein bisschen zweischneidig unterwegs. Einerseits will man als Spieler gern die Saison beenden und sie nicht einfach enden lassen. Auf der anderen Seite muss man aber auch ehrlich sagen, dass es erstens ein großes Verletzungsrisiko gibt bei diesem Format und dass zweitens die Spieler überhaupt nicht mit ins Boot geholt werden. Das habe ich in Deutschland ebenfalls beobachtet, dass die Vereine und Ligen die Sachen entscheiden, über den Köpfen der Spieler hinweg. Das ist ein weiterer Punkt, über den sich wirklich viele Spieler beschweren. Wir sind diejenigen, für die das Risiko gilt und die sich an alle Regeln halten müssen. Da wäre es grundsätzlich besser gewesen, die Spieler mit einzubeziehen. Wir haben ja sozusagen keine Rechte und müssen nur "gehorchen". Das hat für viel Unmut gesorgt.

In der NBA gibt es eine mächtige Union der Spieler, die jedem Format erst zustimmen muss, bevor es möglich wird. Wäre das für den europäischen Basketball auch wichtig?

Benzing: In Spanien gibt es eine. Und das war sehr wichtig. Es wurde auch eine Befragung durchgeführt und es wurde berichtet, dass 60 bis 65 Prozent der Spieler gegen eine Fortsetzung der Saison waren. Es wurde dann trotzdem so entschieden. Deswegen denke ich: Es ist gut, dass es hier in Spanien eine Spielergewerkschaft gibt, aber es wurde nicht genug Einfluss genommen. Es wurde zwar nach der Meinung der Spieler gefragt, aber so richtig beachtet wurde sie trotzdem nicht. Aber zurück zur Frage: Dass es solche Gewerkschaften vermehrt geben muss, halte ich für sehr wichtig. Basti Doreth hat das ja beispielsweise vehement gefordert. Diese Kommunikation zwischen Vereinen, Ligen und Spielern muss einfach gewährleistet werden.

Verändert sich durch das neue Format auch etwas an der sportlichen Relevanz des Meistertitels?

Benzing: Absolut. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass das extrem wichtig für alle Mannschaften ist. Sind wir ehrlich: Es gibt keine Playoffs, die Saison wurde nicht zu Ende gespielt, es gibt keine Zuschauer, es gibt keinen Heimvorteil, all diese Dinge fallen einfach weg. Wir sind mit Saragossa ein gutes Beispiel. Wir hatten eine sehr gute Saison, standen auf dem dritten Platz, als die Saison unterbrochen wurde. Jetzt fehlen uns nach der Unterbrechung zwei sehr wichtige Spieler, Amerikaner, die nicht mehr dabei sind und uns damit schwächen. Dadurch sind unsere Chancen gefallen. Gleichzeitig sorgt unser dritter Platz dafür, dass wir selbst wenn wir jetzt alle Spiele verlieren trotzdem noch mindestens auf Platz sieben landen. Wenn wir dann auf Madrid treffen und sie vielleicht sogar schlagen, weil sie einen schlechten Tag haben, werden wir vielleicht auf einmal spanischer Meister. Das ist einfach nicht das Gleiche wie eine Playoff-Serie. Sicherlich tritt trotzdem jeder von uns mit dem Wunsch an, alles zu geben und das Ding zu gewinnen. Das steht für mich außer Frage. Aber ich glaube nicht, dass jemand im Nachhinein diese Saison mit einer normalen vergleichen wird.

In der aktuellen Saison lief Benzing bisher in 23 ACB-Spielen auf und kam im Schnitt auf 10,4 Punkte für Basket Zaragoza.
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In der aktuellen Saison lief Benzing bisher in 23 ACB-Spielen auf und kam im Schnitt auf 10,4 Punkte für Basket Zaragoza.

Robin Benzing über Geisterspiele und neue Regeln

Lässt es sich unter diesen Bedingungen im Vorhinein überhaupt sagen, wer favorisiert ist oder wo Ihr Team Saragossa sich einordnet?

Benzing: Aus unserer Perspektive kann ich sagen, dass wir es schwer haben werden. Wir nehmen viele junge Spieler mit aus der zweiten Mannschaft, wir haben wie erwähnt zwei Amerikaner verloren, dazu hat Fran Vazquez zwischenzeitlich seine Karriere beendet und ist auch nicht mehr dabei. Außerdem ist noch ein weiterer Center verletzt. Es wird also schon sehr schwierig - und dann wissen wir auch noch nicht, wer bei den anderen Teams spielt. Nicht nur wir haben Spieler verloren. Ich glaube, nach wie vor muss man trotzdem Real Madrid und Barcelona auf dem Zettel haben, wenn sie einigermaßen komplett sind. Wir haben im Lauf der Saison zwar beide Teams bei uns zuhause schlagen können, aber eigentlich geht an ihnen kein Weg vorbei.

Was erwarten Sie sich von der Spielsituation ohne Fans in der Halle?

Benzing: Ich kenne es ja aus dem vergangenen Jahr mit Besiktas, da hatten wir auch einige Geisterspiele. Es ist schon etwas merkwürdiger. Man hört alles, jedes Gerede, die ganze Zeit hört man den Trainer. Und man bekommt eben nicht diesen Push seitens der Fans, der manchmal so wichtig sein kann. Bei diesen angesprochenen Spielen gegen Real und Barca hatten wir tausende Fans in der Halle, die Stimmung war unglaublich, sonst gewinnen wir diese Partien vielleicht auch nicht. Das gibt es jetzt eben einfach nicht.

Kennen Sie schon alle Regeln, wie Sie und die anderen Spieler sich abgesehen von den Spielen selbst in Valencia verhalten sollen?

Benzing: Das grobe Konstrukt kann ich beschreiben. Es gibt drei Hotels, auf die alle Teams aufgeteilt sind. Im Hotel ist es erlaubt, mit den eigenen Mitspielern in den Räumen zu interagieren, aber man darf nicht mit den gegnerischen Teams interagieren. Wir dürfen wohl auch mal rausgehen, aber nur mit einem "Guide", der uns sozusagen bewacht. Es ist also alles sehr eingeschränkt. Was ich manchmal nicht verstehe: Wir spielen auf dem Feld gegen die Mannschaften, aber wir dürfen im Hotel nicht mit ihnen reden. Das ist alles sehr merkwürdig. Ich habe auch gehört, dass es während des Spiels keine Handshakes geben darf. Allerdings ist das in der Bundesliga ja beispielsweise auch so und es hält sich kaum jemand dran. Aber so ist das mit all diesen Protokollen, die jetzt durch die Gegend geistern. Da wird viel diskutiert. Wir werden sehen, ob das alles so umgesetzt werden kann.

Auch im Fußball müssen sich die Spieler umstellen. Eigentlich soll man beispielsweise keinem Mitspieler aufhelfen, wenn dieser zu Boden geht. Das passiert beim Basketball wiederum ständig.

Benzing: Ja, das ist sehr dubios. Es wird sehr interessant, was passieren wird, wenn das erste Spiel mal losgeht, ob sich dann jeder daran hält. Ich glaube es nicht. Wenn mein Mitspieler runterfällt, dann helfe ich ihm auf. Scheißegal, ob das gegen die Regeln geht. So wird jeder denken und dann bin ich mal gespannt, was passiert.

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