Basketball-WM - Gründe für das DBB-Scheitern: Wo war das Konzept?

DBB-Bundestrainer Henrik Rödl erklärt seinen Spielern die Taktik.
© getty

Deutschland hat durch zwei Niederlagen zum Start der WM in China keine Chance mehr auf das Weiterkommen. Nun geht es noch um die Qualifikation für das Vorturnier für Olympia. Doch warum läuft es bei der deutschen Mannschaft nicht? Eine Suche nach Antworten.

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Waren die Gegner zu leicht?

Hinterher ist man immer schlauer, aber schon im Vorfeld auf die WM gab es kritische Stimmen, dass die Gegnerauswahl der Deutschen in der Vorbereitung alles andere als optimal war. Schweden, Ungarn, Tschechien, Polen, Japan und Tunesien waren alles keine Prüfsteine und selbst da setzte es gegen Japan eine Niederlage.

Der einzige nennenswerte Test fand wenige Tage vor dem Auftakt gegen die Mit-Favoriten aus Australien statt. Die Deutschen konnten dabei überzeugen und gewannen auch, doch es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Boomers erst am Spieltag aus der Heimat nach Jiangmen zur Partie anreisten.

Zu abhängig von Dennis Schröder

Auch Danilo Barthel merkte dies in der Presserunde am Mittwochvormittag nüchtern an. Schröder habe es beim Supercup zu einfach gehabt, um zu scoren, so wären viele Mängel des deutschen Spiels überdeckt worden. Im Turnier, als sich alle Gegner voll auf den Deutschen eingestellt hatten, funktionierte dies nicht mehr.

Schröder versuchte viel, war gefühlt in jeden Angriff involviert, konnte aber nie effizient sein. Über beide Spiele lesen sich die reinen Zahlen mit durchschnittlich 21,5 Punkten und 7,5 Assists gut, doch 32 Prozent aus dem Feld und 4,0 Ballverluste (verständlich bei der hohen Usage) eben nicht.

"Wir haben uns alle zu sehr auf die Qualität von Dennis verlassen, wir haben ihm zu viel auf die Schultern gepackt", befand Barthel weiter.

Schröder und Theis - aber wo war der Plan B?

Das ist ein valider Punkt, den der Bayern-Kapitän da nannte. Das deutsche Team war viel zu abhängig von den Leistungen des Thunder-Spielers. Natürlich sollte der beste Spieler der Mannschaft den Ball häufig in der Hand halten, als Point Guard ist dies ohnehin nötig. Dennoch machten es die Deutschen ihren Gegnern zu leicht bei der Verteidigung.

Sowohl Frankreich als auch die Dominikanische Republik stellten den Weg zum Korb meist geschickt zu und forcierten Schröder so immer wieder zu schlechten Entscheidungen. So gab es unzählige versuchte Lob-Anspiele auf Kumpel Daniel Theis, die zwar schön aussehen, wenn sie funktionieren, aber umso katastrophaler sind, wenn sie schiefgehen - wie gesehen in der letzten (!) Minute gegen die Dominikaner.

Ob Rödl das angesagt hat, ist zu bezweifeln, allerdings bot der Coach auch nur wenig Alternativen. Oft wirkte es so, dass nur Schröder und Theis zusammen spielen, der Rest dagegen nur Schmückwerk ist. Eines muss man Schröder dennoch zu Gute halten. Er versuchte seine Mitspieler zu finden, wie zum Beispiel in Halbzeit eins von Spiel zwei, als er den sichtlich verunsicherten Paul Zipser einen leichten Korbleger schenken wollte anstatt selbst abzuschließen.

DBB: Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander

Ansonsten mangelte es den Deutschen aber an Initiative, an der Fähigkeit eigene Würfe herauszuarbeiten. Maodo Lo hatte so seine Momente und ist bislang mit Barthel wohl einer der Lichtblicke. Robin Benzing hatte Probleme mit dem Wurf, konnte aber immerhin einige Freiwürfe erarbeiten.

Trotz aller Probleme fehlte aber auch die klare Spielidee. Die Kaderzusammenstellung zeigte eigentlich, wohin die Reise für das deutsche Team hingehen sollte. Um die Stärken von Schröder sollte ein Team aufgestellt werden, welches schnellen Basketball spielen kann, extrem variabel und jederzeit gefährlich aus der Distanz. Zudem sollte die Defense das Faustpfand dieser Mannschaft sein, auf ihr sollte das Spiel fundieren.

Davon war in Shenzhen bisher nichts zu sehen. Eine Horror-Statistik: Außerhalb der Restricted Area trafen die Deutschen bisher 35 Prozent in der Zone. Und trotz aller Probleme ging Rödl sparsam mit Auszeiten um, verzichtete im Huddle teilweise auf lange Ansprachen, sodass die deutschen Spieler nach dem ersten Viertel gegen die Dominikaner über eine Minute an der Bande warteten. Auch fragwürdig: Warum nahm Rödl im letzten Angriff keine Auszeit? Einen schlechteren Versuch, als den von Barthel, hätte auch er nicht aufzeichnen können.

Rödls Personalentscheidungen

Dass Barthel in dieser Situation auf dem Feld stand, war richtig. Er konnte am besten gegen die Dominikaner scoren, auch wenn er nur sehr selten eingesetzt wurde. Dieses Schicksal teilte der Münchner mit Maxi Kleber, der im zweiten Spiel ohne Wurf blieb, nachdem er gegen Frankreich nur wenig Fortune hatte.

Dass aber Kleber als bester deutscher Verteidiger am Ende nicht auf dem Feld stand, bleibt unverständlich, genauso wie seine Rolle in der Offense. Gefühlt liefen die Deutschen in den zwei Spielen drei Plays für den Mavs-Forward, der mit seiner Athletik prädestiniert für das schnelle Spiel gewesen wäre. Doch Kleber lungerte meist in der Ecke rum, in der Hoffnung mal einen Ball zu sehen - vergeblich.

Stattdessen gab es jede Menge Pick'n'Roll und Pick'n'Pop mit Theis und das regelmäßig. Es war kaum Bewegung drin, keine Cuts, wenig Ballbewegung. So erspielte sich das deutsche Team bisher nur vier Eckendreier, ließ aber fast dreimal so viele zu. Auch Zipser (1/9 FG in 43 Minuten bislang) sollte so ein Eckenspezialist sein, war auch meist aktiv, aber völlig von der Rolle, sein vergebener Leger in der Crunchtime war im Endeffekt verhängnisvoll, auch wenn der DBB nicht deswegen verlor.

War das Team nicht eingespielt genug?

Trotzdem ist es schwer zu rechtfertigen, dass der Alt- und Neu-Bayer trotz seiner schwachen Vorstellungen am Ende auf dem Feld stand. Im Gegenzug musste der solide Benzing auf die Bank, obwohl er das benötigte Penetrieren vom Flügel anbot und sich so sechs Freiwürfe erarbeitete.

Mit einer Auszeit hätte man Benzing bringen können, wie auch zum Beispiel Andi Obst, den besten Schützen der Mannschaft, der stattdessen ein DNP kassierte. Das gleiche Schicksal teilte Center Johannes Thiemann, der in der Big-Men-Rotation das fünfte Rad am Wagen ist.

Dieser Auszug aus der Schlussphase war nur ein Teil des Personalkarussells der Deutschen, die sich bisher einfach nicht gefunden haben. Das verwundert, schließlich waren acht der zwölf Akteure bereits bei der EuroBasket 2017 mit dabei. Auch hier muss die Frage gestellt werden, was Rödl eigentlich genau in der Vorbereitung einstudieren wollte. Vielleicht gibt es im dritten Gruppenspiel gegen Jordanien (Do. ab 10.30 Uhr) endlich mal etwas zu sehen - auch wenn der WM-Zug nun bereits abgefahren ist.

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