Ex-Bundestrainer Henrik Dettmann im Interview: "Basketball war Dirk immer wichtiger als er selbst"

Henrik Dettmann betreute Dirk Nowitzki für viele Jahre bei der DBB-Auswahl.
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Ein Jahr später belohnte das Team sich dann aber ohnehin mit Bronze ...

Dettmann: Durch diese Niederlage hatten wir natürlich genügend zusätzliche Motivation. Auch 2002 schieden wir im Halbfinale aus, aber Marko Pesic sagte vor dem Spiel um Platz drei gegen Neuseeland genau das Richtige. Wir müssen dieses Spiel gewinnen, anders als 2001 in der Türkei, denn eine Medaille erinnert dich für den Rest deines Lebens an deine Leistungen. Und so ist es auch, es ist weiterhin der größte Erfolg in der Geschichte des deutschen Basketballs. Ich bin stolz, dass ich Teil dieses Erfolgs sein konnte.

Sie sprachen bereits an, dass dies ein Team mit Wurzeln von überall auf diesem Planeten war, trotzdem waren sie auf dem Feld allen Anschein nach stets eine Einheit.

Dettmann: Die Spieler und ihre Persönlichkeiten prägen ein Team und wir hatten damals eine sehr starke Einheit. Es herrschte die Bereitschaft vor, miteinander Basketball zu spielen und auch zusammen neben dem Feld Zeit miteinander zu verbringen.

Das ist nicht selbstverständlich, vor allem, wenn ein Spieler wie Nowitzki alles überstrahlt. War das einer seiner größten Errungenschaften, dass er eben nicht den Star raushängen ließ?

Dettmann: Für mich ist Dirks größter Erfolg, dass er ist, wie er ist: Nämlich Dirk. Er hat sich über die Jahre nicht verändert, auch wenn sich um ihn herum vieles verändert hat. Basketball war ihm schon immer wichtiger als er selbst. Wenn Dirk etwas zu sagen hatte, dann hat er das auch getan. Eine weitere seiner Stärken war aber, dass er auf dem Feld gelebt hat und dort als gutes Vorbild vorangegangen ist. Da sind wir wieder bei dem Beispiel mit der Reihe 13. Man kann viel reden, aber am Ende entscheidet sich alles auf dem Feld. Dort war Dirk einer der besten aller Zeiten und hat dem Team alles gegeben, damit es erfolgreich sein kann. Dirk war aber nicht der einzige Spieler, der geführt hat, da gab es noch andere Spieler. Dies war für den Teamerfolg ebenso wichtig.

Einer davon dürfte sicherlich auch der aktuelle Bundestrainer Henrik Rödl gewesen sein, oder?

Dettmann: Jeder hat die Spiele geschaut und gesehen, wie überragend Dirk war, das war auch nicht zu übersehen. Ich weiß aber mehr als die normalen Zuschauer, weil ich Einblick hinter die Kulissen hatte. Deswegen sage ich, dass die Mannschaft ohne Henrik Rödl nicht diese Erfolge gefeiert hätte. Sein Charakter, sein Umgang mit Menschen und seine Arbeitseinstellung waren und sind noch immer vorbildlich. Er war ein weiterer Eckpfeiler für uns, auch wenn es für die Öffentlichkeit nicht ersichtlich war.

Wie sehen Sie seine Arbeit als Coach? Was erwarten Sie von der deutschen Mannschaft in China?

Dettmann: Für mich ist Deutschland einer der Favoriten auf den Titel. Ich hoffe sehr, dass sie die Bronzemedaille von 2002 übertreffen und den größten Erfolg in der Verbandsgeschichte einfahren können. Dafür brauchen sie eine Medaille, aber ich glaube, dass diese Chance da ist.

Wirklich? Die Auslosung meinte es ja nicht gut mit den Deutschen. Schon in der Zwischenrunde wartet mit Frankreich sowie zwei aus Kanada, Australien und Litauen eine echte Todesgruppe und nur zwei kommen überhaupt ins Viertelfinale

Dettmann: Um eine Medaille zu gewinnen, muss man andere gute Teams schlagen. Es stimmt, die Auslosung ist hart, aber ich sehe keinen Grund, nicht an das deutsche Team zu glauben. In den einzelnen Spielen kann so viel passieren, die Tagesform wird entscheiden. Deutschland hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie große Teams schlagen können, deswegen ist die Chance auf eine Medaille gegeben.

Dennis Schröder in allen Ehren, aber im Gegensatz zu 2002 fehlt diesmal der absolute Superstar beim DBB. Ist es die Tiefe des Kaders, die Sie so optimistisch macht?

Dettmann: Für mich ist Deutschland sogar das tiefste Team im kompletten Turnier. Natürlich sind auch die USA sehr tief besetzt, aber vielleicht sind es auch nur ihre Taschen mit dem Geld. Ich sehe viele Parallelen zu 2002.

Dann schießen Sie mal los.

Dettmann: Natürlich muss man erst einmal ein paar Spiele abwarten. Aber Sie wissen doch, was ich über das Reden über Basketball gesagt habe ...

Natürlich, dann warten wir einfach mal ab. Wen haben Sie denn ansonsten noch bei der Medaillenvergabe auf dem Zettel?

Dettmann: Da sind natürlich die USA und die Top-Teams aus Europa zu nennen. Frankreich, Litauen, Spanien, Serbien. Die Teams außerhalb von Europa habe ich bisher zu wenig gesehen, da werde ich im Laufe des Turniers ein Auge drauf werfen. Es ist aber wohl keine Übertreibung zu sagen, dass aus den Top 12 die meisten Teams aus Europa kommen werden.