Basketball - Elias Harris im Interview: "Kobe hat uns immer um mehrere Stunden geschlagen"

Von Frederick Koch
Elias Harris steht bei Brose Bamberg unter Vertrag.
© imago

Nach zwei Saisons mit vielen Verletzungssorgen ist Elias Harris wieder zurück bei Champions-League-Teilnehmer Brose Bamberg (das BCL-Achtelfinale live auf DAZN).. Im Interview mit SPOX und DAZN spricht der 29-Jährige über seine Verletzungszeit und den Aufwärtstrend in Freak City.

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Außerdem erzählt der Forward von Topstars wie Kobe Bryant oder LeBron James und erzählt von seinen Anfängen in Amerika. Und: Er erklärt, warum er einst zu naiv für den NBA-Draft war.

Elias, das Jahr ist noch recht jung. Haben Sie sich etwas Spezielles für 2019 gewünscht?

Elias Harris: Ich halte nichts von Neujahrsvorsätzen, daher habe ich mir da keine Gedanken gemacht. Das Wichtigste ist einfach Gesundheit für meine Familie und mich.

Die letzten zwei Jahren waren für Sie nicht ganz einfach. Sie litten immer wieder unter muskulären Problemen, waren am Knie verletzt und kamen so auf nur zehn Spiele in der vergangenen Saison. Jetzt sind Sie zurück und man hat das Gefühl, dass Sie sich neu in den Basketball verliebt haben. Würden Sie dem zustimmen?

Harris: Das kann man auf alle Fälle so sagen. Diese zwei Jahre waren sehr prägend für mich. Das Ganze mal aus einer anderen Perspektive zu sehen, hat mich meinen Sport, meine Leidenschaft wieder mehr wertschätzen lassen. Es hat auch sehr geholfen, Kraft zu tanken und neu angreifen zu können. Es gibt nicht immer nur schöne Tage und man hat auch nicht jeden Tag Lust aufs Training, das kann mir keiner erzählen. Aber ich habe jetzt einen anderen Ansatz und es macht wieder riesig Spaß. Ich gehe einfach positiver an alles heran.

Wie schwierig ist es denn in den Verletzungsphasen, positiv zu bleiben? Haben Sie mal daran gedacht, alles hinzuschmeißen?

Harris: Diesen Gedanken hatte ich eigentlich nie. Ich selbst würde schon von mir behaupten, dass ich ein Kämpfer in allen Belangen bin. Zusätzlich hat natürlich auch der Support meiner Familie geholfen. Die haben gesagt, dass wir das zusammen durchstehen und ich weiter Gas geben soll. Außerdem habe ich Kids, die beide relativ jung sind und wenigstens einmal ihren Vater live spielen sehen müssen. Das hat mich richtig motiviert.

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© getty

Anfang des Jahres gab es auf Social Media die 10-Year-Challenge, bei der man posten sollte, was man vor zehn Jahren gemacht hat. Bei Ihnen war da unter anderem ein Geburtstagsgruß an den langjährigen NBA-Spieler John Stockton zu sehen. Wie ist Ihre Beziehung zu ihm?

Harris: Ich habe (bei den Gonzaga Bulldogs; Anm. d. Red.) mit seinem Sohn David zusammengespielt. Dementsprechend habe John oft gesehen und auch individuell mit ihm gearbeitet. "Sunday Ball" hieß es immer - jeden Sonntag konnten die jungen Wilden in seiner eigenen Halle mitmischen, wenn keine Spiele waren. Wenn man da hingegangen ist und dachte, man zockt ein bisschen hin und her und macht Larifari, war John Stockton ganz anderer Meinung. Er war da immer sehr, sehr ehrgeizig.

Auf einem anderen Foto sind Sie zusammen mit LeBron James zu sehen. Wie kam es dazu?

Harris: Das muss 2013 in seinem Camp gewesen sein, in dem die besten 50 Highschool- und College-Spieler eingeladen waren. Da haben wir zusammen trainiert und ich durfte LeBron kennenlernen. Auf einem Bankett hat er dann mit allen gesprochen und Fotos mit uns gemacht. Eine sehr coole und prägende Erfahrung, ihn mal live zu erleben und zu sehen, wie er spricht und denkt.

Ist er der GOAT?

Harris: Auf diese Diskussion will ich mich gar nicht einlassen. (lacht) Da sagt einer so und einer so. Diejenigen, die in diesem Zusammenhang genannt werden, haben es alle verdient, als GOAT gehandelt zu werden. Demnach gibt es mehr als einen.

Das war eine gute Antwort, sonst hätten wir Sie jetzt nach Kobe Bryant gefragt.

Harris: (lacht) Das habe ich mir schon gedacht, dass jetzt so etwas in die Richtung kommt. Kobe war zu dem Zeitpunkt, als ich noch bei den Lakers war, verletzt. Er war dann sehr viel in der Halle und hat seine Reha absolviert. Ich war damals immer so um acht Uhr in der Halle und dachte, ich wäre damit früh dran. Nur der Kollege war immer schon um sechs da und hat uns alle um mehrere Stunden geschlagen. Das war krass zu sehen und hat mich in meiner Verletzungszeit auch inspiriert.

Sie haben mal gesagt, dass Sie gerne mit einer Zeitmaschine ins Jahr 2010 zurückfliegen und sich da für den Draft anmelden wollen würden. Warum?

Harris: Ich komme aus dem kleinen Speyer und bin in der ProB herumgerannt. Als ich dann im September 2009 in die USA gegangen bin, stand ich erstmals auf einer großen Bühne vor tausenden Zuschauern, was auf Deutsch gesagt ein richtiges Brett war. Ich habe trotzdem eine starke Freshman-Season hingelegt, war mir dessen aber gar nicht so bewusst. Es gab auch niemanden, der gesagt hat: "Geh und melde dich für den Draft an. Du hast sehr gut gespielt. Du stehst gut da." Mir war das alles total fremd, ich war 20, naiv und hatte keine Ahnung von nichts. Mit dem Wissen von heute war es also wahrscheinlich dumm, sich nicht anzumelden. Auf der anderen Seite habe ich auf der Gonzaga University meinen Abschluss gemacht und viele Kontakte geknüpft. Das möchte ich im Nachhinein nicht missen.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Harris: (lacht) Sehr, sehr gute Frage. Das kann ich gar nicht so beantworten. Ich bin niemand, der weit in die Zukunft blickt. Ich versuche stattdessen eher, den Moment zu genießen.

Sie haben in Ihrer Zeit in Bamberg drei Meisterschaften in Folge gewonnen. Auch wenn Sie nun nach 2017 den nächsten Pokalsieg feiern durften, sind es gerade eher schwierige Zeiten in Freak City.

Harris: Das hat letztes Jahr schon angefangen. Da lief es schon nicht so, wie man es davor von uns kannte. Aber das ist nun mal so im Sport. Wenn man im Nachhinein betrachtet, wie viele Titel Bamberg über die Jahre gesammelt hat, ist das keine Selbstverständlichkeit. Dass das etwas ganz Besonderes ist, geht manchmal im Erfolg unter. Durch den Trainerwechsel haben wir uns jetzt aber wieder stetig gesteigert und mehr Struktur in unserem Spiel. Dass das alles nicht über Nacht passiert, ist ja auch klar. Da wird man ein paar Schritte vorgehen und auch mal wieder paar zurückfallen. Das ist ein Prozess. Doch die Grundmoral stimmt. Trotz der Höhen und Tiefen sind wir im Pokalfinale und voll auf Kurs. Wir müssen jetzt weiter Gas geben. Man hat gesehen, dass wir gegen alle verlieren, aber auch gegen alle gewinnen können. Von jedem Spieler ist es das Ziel, die Champions League zu gewinnen. Deshalb spielen wir den Wettbewerb. Offensiv sind wir sehr stark, jetzt müssen wir noch die Schrauben in der Verteidigung anziehen.

Machen wir einen kleinen Sprung. Was verbindet Sie mit Daniel Theis?

Harris: Er ist wie ein Bruder von mir. In Jahren gesehen kennen wir uns gar nicht so lange. Aber es gibt Menschen, da harmoniert es sofort. Und das ist mit Daniel von Anfang an der Fall. Wir hören uns jeden zweiten Tag und schreiben viel. Ich bin mega stolz und freue mich riesig über seine Entwicklung in der NBA. Ich bin mir auch sicher, dass er nach diesem Jahr einen neuen Vertrag in der NBA abräumen wird. Ob das dann in Boston oder woanders ist, wird man sehen. Er macht alles richtig.

Theis, Dennis Schröder, Dirk Nowitzki, Maximilian Kleber, Isaac Bonga und Isaiah Hartenstein sind mittlerweile eine echt solide Truppe in der NBA. Wie ist der Status Quo im deutschen Basketball?

Harris: Vor zehn Jahren haben die Deutschen in der Bundesliga nur auf der Bank gesessen und mussten den Amerikanern und weiteren Ausländern zugucken, wie die spielen. Heute hat sich das stark geändert. Man kann in jede Mannschaft gehen und sieht ambitionierte, deutsche Spieler, die Einsatzzeit bekommen und sich verbessern können. Ich glaube, das ist ganz entscheidend, um Spieler in die NBA zu bringen.

Seit 20 Jahren ist Nowitzki mittlerweile in der NBA. Wie ist Ihre Einschätzung zu seiner Karriere?

Harris: Es ist verrückt, absolut verrückt. Er war der erste Europäer, der auf dem Niveau so eingeschlagen ist und damit auch anderen die Türen geöffnet hat. Sensationell. Alle in Europa müssen ihm dafür dankbar sein.

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