Elias Harris von Brose Bamberg im Interview: "Wir dachten, dass es ein Selbstläufer wird"

Elias Harris will in dieser Saison wieder angreifen.
© getty

Elias Harris von Brose Bamberg hat sich in den vergangenen beiden Jahren mit Verletzungspech herumgeplagt, nun ist der deutsche Nationalspieler wieder fit. Im Interview mit SPOX spricht der Forward vor dem Start der BBL-Saison mit dem Spiel in Würzburg am Samstag über seine Leidenszeit, die veränderten Bedingungen in Bamberg, die Entlassung von Coach Andrea Trinchieri und die neue Aufgabe Basketball Champions League.

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Außerdem blickt Harris auf seine Zeit bei den Los Angeles Lakers zurück und spricht über seine verpasste Chance im Draft.

SPOX: Herr Harris, die vergangenen zwei Jahre hatten Sie unglaubliches Verletzungspech, mussten zweimal am Knie operiert werden. Nun sind Sie zum Saisonstart wieder fit, haben das Programm voll runtergespult. Wie geht es dem Knie?

Elias Harris: Ich fühle mich richtig gut. Klar, nach zehn Monaten Spielpause musste ich mich erst einmal wieder reinfinden und einen Rhythmus bekommen, aber es ist nun alles so, wie ich es mir erwünscht und erhofft habe.

SPOX: Wie war das für Sie in der vergangenen Saison? Sie kamen gerade erst von einer Meniskusverletzung zurück und mussten dann nach wenigen Spielen wieder operiert werden. Gleichzeitig lief es sportlich für Bamberg nicht mehr wie gewohnt.

Harris: Es war sehr ärgerlich, weil es auch wieder die gleiche Stelle war. Da fragt man sich dann natürlich selbst, ob man zu früh wieder angefangen hat. Andererseits hatte ich zu diesem Zeitpunkt keine Probleme mehr, ich fühlte mich fit. Das war alles schon sehr anstrengend und nervig, auch weil es beim Team nicht so lief. Ich wollte unbedingt helfen und war zum Zuschauen verdammt. So ist das leider im Leben eines Sportlers. Ich war da nicht der Erste, dem so etwas passiert und werde auch nicht der Letzte gewesen sein.

SPOX: Konnten Sie wenigstens ein paar Lehren aus dieser Zeit ziehen?

Harris: Das klingt ein wenig abgedroschen, aber du darfst nie aufhören, positiv zu denken. Diese Einstellung hat mir während der Zeit extrem geholfen, auch wenn es nicht immer leicht war. Ich habe darum versucht, nur auf mich und meine Gesundheit zu schauen, damit ich in dieser Saison wieder angreifen kann. Gleichzeitig bringe ich dem Sport nun eine ganz andere Wertschätzung entgegen. Ich kenne es ja selbst von früher, wo ich aufgestanden bin und mal keine Lust auf die Vorbereitung oder ein Spiel hatte. Durch eine solche Verletzung bekommt man die Augen geöffnet, wie kurz und kostbar diese Zeit ist, in der man sein Hobby zum Beruf machen darf.

SPOX: Das klingt so, als ob Sie diese Saison einiges vorhaben.

Harris: Oh ja, ich habe richtig Bock. Früher war es so, dass ein, zwei Wochen mehr Urlaub ganz schön gewesen wären, das war diesmal genau das Gegenteil. Ich hätte auch einen Monat früher loslegen können, aber nun geht es endlich los und ich bin richtig heiß.

SPOX: Das hört Ihr Team sicher gerne, wenn man bedenkt, dass es einige Veränderungen über den Sommer gab. Das Budget ist geringer, das Durchschnittsalter jünger, dazu ist mit Ainars Bagatskis ein neuer Coach da. Wie beurteilen Sie diese Moves?

Harris: Eine Garantie für Erfolg gibt es ja nie. Wenn man sich unsere Mannschaft aus der vergangenen Saison auf dem Papier anschaute, dachte man, dass es ein Selbstläufer wird. Das war bekanntlich nicht der Fall. Deswegen bin ich mit solchen Prognosen immer sehr vorsichtig, auch wenn ich glaube, dass wir dieses Jahr eine gute Mischung aus jungen Spielern, Veteranen und einigen Jungs, die in der Mitte rumbaumeln, haben. Nach unserer Vorbereitung glaube ich auch, dass die Charaktere gut zusammenpassen, was essentiell für eine gute Saison ist.

SPOX: Sie sprechen die vergangene Saison an, als Sie vor der Entlassung von Coach Andrea Trinchieri Gefahr liefen, sogar die Playoffs zu verpassen. Sie konnten das bestens von der Seitenlinie beobachten. Welche Schlüsse haben Sie gezogen?

Harris: Das ist schwer zu sagen, aber wir haben Charakter bewiesen, als wir im Februar auf Platz neun oder zehn standen. Da schien der Zug abgefahren und dennoch sind wir noch Dritter geworden und haben ordentliche Playoffs gespielt, wenn man bedenkt, wie gering da die Erwartungen waren. Allerdings muss man auch so ehrlich sein und sagen, dass der Funke nie wirklich übergesprungen ist.

SPOX: Machte sich da auch eine gewisse Abnutzung zwischen Mannschaft und Coach bemerkbar? Sie haben Trinchieri die komplette Zeit in Bamberg erlebt und können sicher bestätigen, dass er immer sehr fordernd war.

Harris: Auf jeden Fall ist er extrem anspruchsvoll. Ich habe aber viel von ihm gelernt und habe ihm viel zu verdanken, aber dass es Verschleißerscheinungen gab, ist durchaus möglich. Das ist aber von Spieler zu Spieler unterschiedlich, auch wie man auf einen Coach wie Trinchieri reagiert. Er ist sehr temperamentvoll und da kann es auch passieren, dass man gewisse Spieler nicht mehr erreicht. Ob das nun der ultimative Grund für eine solche Saison war, kann ich nicht sagen. Da spielten sicher noch mehr Faktoren eine Rolle, dass sich der Verein entschied, die Reißleine zu ziehen.

SPOX: Mit Bagatskis steht nun das komplette Kontrastprogramm an der Seitenlinie, ein Coach, der deutlich introvertierter als Trinchieri auftritt. Wie sind Ihre Eindrücke von ihm?

Harris: Ich bin ehrlich, ich habe ihn davor gar nicht gekannt und war wie alle hier sehr neugierig, was seine Vorstellung von Basketball ist. Und Sie haben es gesagt, er ist wirklich das komplette Gegenteil von Andrea. In den ersten zwei Wochen ist er nicht einmal laut geworden und bringt jede Menge Geduld mit. Ich kann die beiden gar nicht richtig vergleichen, so unterschiedlich sind sie. Das ist auch ein weiterer Beleg dafür, dass in Bamberg eine neue Zeitrechnung, eine neue Ära beginnt. Wir müssen offen für Neues sein, gerade ältere Spieler wie ich, das wird sehr wichtig sein.

SPOX: Neu ist auch, dass Bamberg in den kommenden fünf Jahren in der Basketball Champions League an den Start gehen wird. Wie haben Sie das aufgenommen, vor allem wenn man bedenkt, dass Sie wahrscheinlich Ihren Vertrag in Bamberg auch langfristig verlängerten, als noch die Perspektive EuroLeague gegeben war?

Harris: Natürlich will jeder EuroLeague spielen, da dort jede Menge namhafte Teams vertreten sind. Wir müssen diese neuen Herausforderungen aber annehmen. Keiner hat hier Champions League gespielt, keiner kann wissen, wie gut die Gegner wirklich sind. Wir sollten uns da nicht täuschen lassen, auch in der Champions League gibt es genug Teams, die wissen, wie man Basketball spielt. Wir dürfen das auf keinen Fall unterschätzen und nicht denken, dass es ein Selbstläufer wird, nur weil wir direkt aus der EuroLeague kommen. Gewonnen haben wir nämlich noch überhaupt nichts, stattdessen müssen wir da sehr vorsichtig sein.

SPOX: Kann die Champions League auch ein Vorteil für Bamberg sein? Stichwort Belastung. In der EuroLeague kamen zur BBL auch noch 30 garantierte Spiele alleine in der Regular Season. In der BCL werden es ein paar weniger.

Harris: Wer mal in der EuroLeague gespielt hat, weiß, wie viele Körner das kostet. Es ist unglaublich heftig, deswegen wird die Belastung durch die Champions League ein bisschen geringer sein. Aber ich muss noch einmal warnen: Wir müssen da aufpassen. Da laufen keine Blinden rum. Wir müssen das annehmen und uns nicht anschauen und fragen: 'Champions League? Was soll das denn jetzt?' Ich freue mich jedenfalls darauf, auch weil ich lange genug zuschauen musste, und werde diesen Wettbewerb voll annehmen.

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