Das Fragezeichen in der Mitte

Von SPOX
Dirk Nowitzki (l.) und Tibor Pleiß (r.) harmonierten bisher nicht optimal
© imago

Der Supercup in Hamburg gibt Bundestrainer Chris Fleming noch einmal drei Möglichkeiten, seine Kaderplätze und Rotationen festzulegen (Deutschland - Lettland, ab 17 Uhr im LIVETICKER). Tibor Pleiß muss beweisen, dass er mit Dirk Nowitzki koexistieren kann, während Co-Kapitän Heiko Schaffartzik noch nach seiner Rolle sucht. Auf der Zwei und Vier tobt der Konkurrenzkampf um die Backup-Minuten. SPOX blickt auf die Spieler im Fokus.

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Tibor Pleiß

Eigentlich könnte die Ausgangslage für den 2,18-Meter-Mann kaum besser sein: Er hat vor kurzem seinen Vertrag bei den Utah Jazz unterschrieben und ist folglich mit viel Selbstvertrauen zum DBB-Team gereist. Dort hat er seinen Platz als Starting Center sicher - eigentlich. Denn die beiden Testspiele gegen Kroatien deuteten an, dass neben Dirk Nowitzki eigentlich Maik Zirbes der "passendere" Center ist.

Zirbes ist enorm bullig und spielt am liebsten direkt am Korb, ist sich für keine Drecksarbeit zu schade. Er hat mit 2,07 m nicht unbedingt Gardemaß, macht dies durch seine Athletik in der Regel aber gut wett. Beim ersten Test gegen Kroatien war er mit 14 Punkten Topscorer, zudem griff er sich 6 Rebounds - und war als Starter daran beteiligt, dass die Deutschen bis zur letzten Minute der Verlängerung Siegchancen hatte.

Pleiß wiederum machte mit je 7 Punkten und 7 Rebounds von der Bank ebenfalls ein solides Spiel - allerdings verbrachte er den Großteil seiner Minuten eben auch ohne Nowitzki auf dem Court. Denn trotz seiner enormen Größe agiert auch Pleiß etwas lieber aus der Mitteldistanz, der Fight unterm Korb ist seine Sache eigentlich nicht. Seine größte Stärke in der Offensive ist der von Nowitzki relativ ähnlich.

Dennoch ließ ihn Chris Fleming im zweiten Test gegen Kroatien neben dem großen Blonden beginnen, die Resultate waren allerdings sehr enttäuschend. Pleiß kam bloß auf 4 Punkte, 3 Rebounds und foulte nach nur 15 Minuten aus, die Harmonie mit Nowitzki stimmte nicht. Auch Zirbes tat sich von der Bank ziemlich schwer (4 Punkte, 1 Rebound). Ohne einen guten Auftritt von wenigstens einem der drei wichtigsten Big Men war Deutschland in der Partie chancenlos (63:80).

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Ist die Lösung mit Pleiß als einer Art Sixth Man Deluxe daher vielleicht sogar die bessere? Schon möglich - zumal er damit unter Umständen eine deutlich größere Rolle in der Offense einnehmen könnte. Allerdings ist seine bloße Länge in der Defense eigentlich zu wichtig, um sie zu "opfern", gerade angesichts der Defizite von Nowitzki an diesem Ende des Courts. In Hamburg kann Pleiß beweisen, dass er sich anpassen kann - und dass die Koexistenz mit Nowitzki eben doch möglich ist.

Heiko Schaffartzik

Nicht wenige Experten und Fans reagierten eher verdutzt, als der FC Bayern am Mittwoch die Trennung von Schaffartzik bekannt gab, der sich "neu orientieren" wolle. Die ersten Spiele nach dieser Bekanntgabe haben für Schaffartzik folglich einen ganz neuen Stellenwert bekommen - schließlich hat er Stand jetzt noch keinen neuen Verein.

Dabei ist es gar nicht mal so einfach, vorauszusehen, welche Rolle dem Co-Kapitän beim DBB-Team überhaupt zugedacht ist. Für die Rolle des Shooting Guards ist er mit 1,83 m bekanntlich eher klein - neben dem ohnehin gesetzten Dennis Schröder kämpfen nun aber auch noch der frisch eingebürgerte Anton Gavel sowie Maodo Lo um Backup-Minuten auf der Eins.

Aufgrund seiner Defensivstärke dürfte Gavel vermutlich neben Schröder starten, auch Lo scheint bei Fleming durchaus hoch im Kurs zu stehen. Wohl auch deshalb, weil er Schröder von der Spielanlage her durchaus ähnelt und man das System mit ihm als zweitem Einser nicht groß verändern müsste.

Welche Rolle bleibt also Schaffartzik? In der Crunchtime wird er weiterhin gefragt sein - er hat schließlich oft genug bewiesen, dass er keinen wichtigen Wurf scheut. Den Großteil der Spielzeit dürfte er aber wohl als designierter Spot-Up-Shooter verbringen, und im Vergleich zu den Vorjahren wird definitiv weniger Spielzeit für ihn abfallen. Der Backcourt ist schlichtweg deutlich tiefer geworden.

Robin Benzing und Alex King

Eine der etwas größeren Überraschungen der bisherigen Vorbereitung war das Vertrauen von Fleming in Paul Zipser: Der Jungstar des FC Bayern startete zumeist auf der Drei, unter anderem in beiden Spielen gegen Kroatien. Seine Athletik und Vielseitigkeit scheint ihm den Vorzug gegenüber Backup Niels Giffey zu bescheren - aber auch gegenüber Benzing und King.

Beide gelten eigentlich als Small Forwards, unter Fleming könnte ihre Chance allerdings auf der Vier kommen. Fleming hat ohnehin angekündigt, viel Small-Ball spielen zu wollen, und dies kommt bisher vor allem Benzing zugute, der in Abwesenheit der verletzten Maxi Kleber oder Daniel Theis zuletzt den designierten Dirk-Backup auf der Vier geben konnte.

Mit seiner Athletik, Wurfstärke und nicht zuletzt Länge (2,08 m) erfüllt er das Anforderungsprofil für diese Position offensiv ziemlich gut, wenngleich er gegen die echten Brecher unterm Korb wohl zu wenig Masse mitbringt. Diese Aufgabe würde eigentlich eher King liegen - doch dessen Verhältnis zum DBB ist und bleibt ein kurioses.

Bei Alba Berlin hat sich der Forward in den letzten Jahren zum absoluten Chef gemausert, ist defensiv trotz seiner 2,01 m eine Bank und kann mittlerweile auch zumindest solide werfen (34 Prozent vom Perimeter in der letzten Saison).

Mit seinem Hustle sollte er eigentlich auch für Deutschland eine echte Option sein, zumal die Optionen auf der Vier hinter Nowitzki eben nicht gerade üppig sind. Dennoch bekommt er bisher auch bei Fleming kaum Minuten. Vielleicht kann er den Supercup nutzen, um seinen Wert doch noch zu demonstrieren. Sonst droht ihm vermutlich der Cut.

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Karsten Tadda und Akeem Vargas

Ein Duo aus der Kategorie "Es kann nur einen geben", zumindest ist das wahrscheinlich. Tadda und Vargas bringen sehr ähnliche Skillpakete mit und gelten vor allem als Defensivspezialisten, die gegnerischen Guards das Leben zur Hölle machen können. Zudem treffen beide ihre (offenen) Dreier: Vargas brachte es für Alba zuletzt auf 38 Prozent, Tadda traf in der vergangenen Saison sogar 45,7 Prozent.

Aufgrund ihrer Ähnlichkeit ist es gut möglich, dass Fleming nur einen der beiden Backup-Zweier mitnimmt, zumal Gavel, Lo und Schaffartzik eben auch zwischenzeitlich als Shooting Guard spielen können. Angesichts Flemings Vorgeschichte mit Tadda (beide arbeiteten von 2008 bis 2014 zusammen in Bamberg) wurden ihm eigentlich bessere Chancen attestiert, die Vorbereitungsspiele zeichneten bis dato aber ein anderes Bild.

In den letzten drei Testspielen stand Vargas jedes Mal länger auf dem Court als Tadda, im ersten Spiel gegen Kroatien wurde der Bamberger nicht einmal berücksichtigt. Offensiv war Vargas dabei zwar kaum mal ein Faktor, allerdings funktionierte die Mannschaft in seinen Minuten etwas besser als mit seinem Konkurrenten. Die finale Entscheidung wird aber vermutlich erst in Hamburg fallen.

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