"Modern, schnell, mit Pace"

Dirk Bauermann möchte in der kommenden Saison wieder einen Klub übernehmen
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SPOX: Sie verfolgen den europäischen Basketball intensiv und kennen die Trends. Dennoch gelten Sie speziell in Deutschland als borniert, was Taktik anbelangt. Viele sagen, dass Sie nur langsam, systematisch und Defensiv-orientierten Basketball predigen würden. Woher kommt dieses Schubladen-Denken?

Bauermann: Womöglich aus meiner Zeit in Bamberg. Für mich gehört es zur Qualität eines Trainers, die Philosophie dem vorhandenen Spielerpotenzial anzupassen, um das Maximale zu erreichen. Das gelang mir mit zwei deutschen Meisterschaften. Als Trainer werde ich zwar immer ein Verfechter einer aggressiven, physischen Verteidigung sein, aber daraus ergebend sollte man schnell attackieren, mit Tempo spielen, variabel sein - und auch auf Intuition setzen, statt immer auf Organisation. Das ist für mich das Ideale. Aber noch mal: Das vorhandene Spielerpotential muss das auch hergeben. Wir haben mit Rytas bereits einen ähnlichen Basketball spielen lassen wie Maccabi oder Real, modern, schnell, mit Pace. Nur ist das in Deutschland leider kaum jemandem aufgefallen.

Euroleague: Sensation! Maccabi ist Champion!

SPOX: Ohnehin scheint Ihr Ruf im Ausland weniger vorurteilsbeladen zu sein als in Deutschland. Sie überstanden mit Rytas immerhin die knüppelharte Qualifikation und erreichten die Euroleague, was in Europa durchaus positiv aufgenommen wurde. Spekulieren Sie entsprechend auf einen neuen Top-Posten im Sommer? Alleine die bevorstehenden Trennungen bei ZSKA Moskau von Ettore Messina und bei Barca von Xavi Pascual werden wohl eine Kettenreaktion auslösen.

Bauermann: Das Rad fängt sich langsam an zu drehen und es gibt so viele Gerüchte, dass ich es verstehe, dass sich Journalisten damit von Berufs wegen auseinandersetzen müssen. Ich mache das hingegen gar nicht und vertraue meinem Agenten. Ich bin entspannt und warte einfach, was passiert.

SPOX: Was ist Ihr Anspruch?

Bauermann: Das Land ist mir nicht wichtig, das Thermometer darf von mir aus -10 Grad oder +20 Grad anzeigen. Es ist ohnehin unrealistisch, sich eine Lieblingsliga auszusuchen. Viel wichtiger ist es, dass es ein einigermaßen stabiler Klub ist mit Verantwortlichen, die das Spiel verstehen und den Finger nicht gleich am Abzug haben. Dazu müsste beim Klub eine sportliche Qualität vorhanden sein, um im nationalen Wettbewerb um Titel zu konkurrieren und europäisch vertreten zu sein, sei es Euroleague oder Eurocup. Ich weiß natürlich, dass so eine Kombination in Europa rar ist.

SPOX: Für ein Abenteuer wie Lietuvos Rytas sind Sie weiterhin offen?

Bauermann: Ich wusste, was mich erwartet, trotzdem muss ich das nicht noch einmal haben. Bei Lietuvos gibt ja eine ungute Tradition, diese Saison alleine hat es nach mir auch Aleksandar Petrovic erwischt, so dass jetzt der dritte Trainer innerhalb eines Jahres dort tätig ist. So läuft es eben dort.

SPOX: Sie sind neben Svetislav Pesic der mit Abstand namhafteste Trainer aus Deutschland. Wie schwierig ist es, in einer der traditionellen Ligen wie Spanien oder Griechenland eine Stelle zu finden?

Bauermann: Es ist nicht ganz unmöglich, allerdings bin ich für einen der absoluten Topklubs sehr skeptisch. Vielleicht eine Ebene darunter. In all diesen Ländern genießt es allerhöchste Priorität, Trainer aus dem eigenen Land zu verpflichten. Es hat sprachliche Gründe, vor allem jedoch politische Gründe. Selbst serbische Trainer, egal welche Erfolge sie feierten und wie gut das Netzwerk ist, haben es da sehr schwer.

SPOX: Bliebe womöglich Bamberg als Option? Nach dem Aus im Playoff-Viertelfinale könnte Headcoach Chris Fleming abgelöst werden und Sie werden als einer der wenigen Kandidaten gehandelt.

Bauermann: Es gibt keinerlei Kontakt und ich beschäftige mich damit nicht.

SPOX: Ein wesentlich wilderes Gerücht besagt, dass es Alba-Trainer Sasa Obradovic zu einem größeren Klub ziehen und in Berlin die Stelle vakant werden könnte.

Bauermann: Davon höre ich zum ersten Mal und selbst ohne Insider-Wissen kann ich es mir nicht vorstellen, dass nach einer jetzt schon erfolgreichen Saison Überlegungen bestehen, getrennte Wege zu gehen.

SPOX: Die deutsche Nationalmannschaft sucht ebenfalls nach einem Trainer. Ist für Sie eine Rückkehr zur Verbandsarbeit ausgeschlossen?

Kommentar zum DBB: Endlich eine Entscheidung

Bauermann: Ich stehe in keinerlei Gesprächen mit einem Verband. Das würde unter anderem ja bedeuten, dass ich nur für zwei Monate im Jahr als Coach arbeiten könnte, und das war damals neben dem Projekt FC Bayern der Grund dafür, beim DBB aufzuhören. Daher habe ich keinerlei Ambitionen. Sollten die Gerüchte stimmen, dass Emir Mutapcic der neue Bundestrainer wird, würde ich mich freuen. Mucki wäre eine sehr gute Lösung.

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