"Halb Mensch, halb grünes Etwas"

SID
Tibor Pleiß ist in Spanien nun richtig angekommen und fühlt sich derzeit sehr wohl
© Getty

Ein Kölner Junge fern vom Karneval: Wie Tibor Pleiß das Heimweh besiegt, warum er mal Asterix war - und wie er durch ein Schneechaos neue Einblicke bekam. In seinem neuen Tagebuch-Eintrag spricht der 23-Jährige über die privaten Seiten seines Umzugs.

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Hallo Basketball-Fans!

Diesmal möchte ich weg vom Sportlichen gehen und ein bisschen erzählen, wie es mir privat in Vitoria geht und wie mein Leben in der neuen Heimat so aussieht.

Mittlerweile fühle ich mich in Spanien richtig, richtig wohl. Am Anfang war es wie immer nach einem Umzug: Man muss sich an eine komplett neue Umgebung gewöhnen - nur dass hier noch eine neue Kultur und eine neue Sprache hinzukamen.

Jetzt fühlt es sich so an, als ob alles zusammenpasst. Ich kenne die Mitspieler, ich kenne die Stadt, ich kenne die nettesten Restaurants und die schönsten Spazierwege.

Sehnsucht nach Karneval

Heimweh war ohnehin nie ein Thema. Ich bekomme Gott sei Dank viel Besuch aus der deutschen Heimat - und mit zwei Spielen in der Woche hat man eh nie Zeit, sich über so etwas wie Heimweh Gedanken zu machen.

Na gut, eine kleine Ausnahme gibt es: Ein Kölner Junge wie ich vermisst die Karnevals-Zeit. Karneval war immer ein großes Thema in meiner Familie, alleine schon, weil genau vor unserer Wohnung in Dellbrück der Umzug vorbeifährt.

Ich war zwar nie der besonders Innovative beim Verkleiden, dennoch hatte es mir früher großen Spaß gemacht. Ich zog öfter als Vampir los, wobei das lustigste Kostüm vielleicht der "Halbe Kobold" war: halb Mensch, halb grünes Etwas. Heutzutage kann man sich das kaum vorstellen, aber als Kind ging ich sogar mal als Asterix, weil ich die Comics damals verschlungen hatte. Jetzt würde ich als Asterix wohl deutlich alberner aussehen.

Andere Mentalitäten

Mit Bamberg und Vitoria habe ich nun zwei Vergleichsmöglichkeiten zu Köln. So gerne ich die anderen beiden Städte mag - da kommt nichts an Köln zu Karneval heran. In Bamberg heißt es auch noch Fasching! Wie seltsam! Um mir das närrische Treiben im Baskenland anzuschauen, bin ich vor einer Woche nach San Sebastian rübergefahren. Eine wirklich schöne Stadt direkt am Meer. Leider regnete es aus Kübeln.

Was mich allerdings fasziniert hat: Obwohl sich die Zuschauer wegen des schlechten Wetters verstreuten, machte eine Tanzgruppe weiter, als ob nichts wäre. Sie ließen sich vom Regen und dem Wind nicht irritieren, tanzten und verbreiteten gute Laune.

Ich fand, es war typisch für die Leute hier. Sie nehmen viele Dinge lockerer als in Deutschland und lassen sich nicht von Dingen stören, die sie ohnehin nicht beeinflussen können. Das sah ich wieder am Dienstag: Da fiel plötzlich Schnee in Vitoria. In der Nacht über 20 Zentimeter! In Grunde kam jeder Spieler zu spät zum Training wegen des Chaos'. Auf dem Weg in die Halle sah ich viele Leute, die mit ihren Autos stehenblieben.

Statt jedoch panisch sofort einen Abschleppdienst zu rufen, versuchten sie entspannt, ihr Auto anzuschieben, obwohl sie eigentlich wissen, dass das nichts bringt. Dabei regten sie sich nie auf, sondern blieben ganz gelassen und machten keinen Stress. Ich finde es sehr spannend, eine komplett andere Mentalität kennenzulernen. In Deutschland hätte wohl jeder sofort den ADAC gerufen und beim Warten die ganze Zeit nervös auf die Uhr geschaut.

Kommunikation nicht immer einfach

Grundsätzlich sind die Leute hier sehr zuvorkommend und offen, obwohl die Kommunikation nicht immer einfach ist. Ich bin nur ein etwas besserer Spanisch-Anfänger und die meisten Spanier können nicht so gut Englisch.

Nett ist es immer, zu meiner Friseurin zu gehen. Sie spricht ein sehr klares Spanisch, so dass ich sie sehr gut verstehe, und ich antworte in Englisch. Das funktioniert erstaunlich gut. Sie ist schon etwas älter und interessiert sich nicht für Basketball, daher reden wir über alles Mögliche, was eine schöne Abwechslung für mich ist.

Außerdem habe ich in Vitoria ein Pärchen im Bekanntenkreis, das in einem Kaufhaus-Restaurant arbeitet. Die Frau ist Kolumbianerin, wurde aber in den USA geboren, so dass wir uns fließend auf Englisch unterhalten können.

Rochestie als Vertretung in Köln

Was ich natürlich schade fand, war der Weggang von Taylor Rochestie, einen meiner besten Freunde hier. Ich war mit ihm jeden Tag essen und wir fingen zusammen an, Spanisch zu lernen. Als ich krank war und er verletzt, trafen wir uns immer und feuerten unser Team am Fernseher an. Mich freut es, dass er mit Pallacanestro Biella gleich einen neuen Verein gefunden hat.

Weil die italienische Liga spielfrei hatte, war er jetzt sogar in Köln im Karneval. Ich hatte ihm davon erzählt. Und weil er ein sympathisch, offener Typ ist und sich für andere Kulturen sehr interessiert, fuhr er zu Freunden nach Köln und schaute sich das Treiben an. So konnte er mich wenigstens würdig vertreten.

Viele Grüße,

Euer Tibor

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