Tiger, H Bomb und Wunderkinder

Viswanathan Anand (r.) war von 2007 bis 2013 Weltmeister
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Hikaru Nakamura (2790): Der Großmeister, der als Sohn eines Japaners und einer Amerikanerin im Alter von zwei Jahren mit seiner Mutter und seinem älteren Bruder aus Japan in die Staaten zog und heute für selbige antritt, fand mit sieben Jahren zum Schach. Sein Stiefvater Sunil Weeramantry, ein Schachexperte und -spieler, brachte ihm die Grundlagen bei. Mit 15 Jahren stieg Nakamura zum Großmeister auf. Ein Jahr später folgte der erste von drei Siegen bei den US-Meisterschaften.

Trotz der frühen Erfolge dauerte es allerdings eine Weile, ehe sich der inzwischen 28-Jährige in der Weltspitze etablierte. Oftmals schien eine fehlende Grundausbildung seinen taktischen Fähigkeiten im Weg zu stehen. Ein Ausrufezeichen setzte er etwa 2011 in Wijk aan Zee, als er vor Carlsen, Anand, Levon Aronian und Vladimir Kramnik siegte.

Inzwischen sind die Kritiker deshalb verstummt. Sein aggressiver und zuweilen äußerst kompromissloser Spielstil, der ihm den Spitznamen H Bomb einbrachte, und seine sehr lebendige Mimik, die teils wilde Grimassen zum Vorschein bringt, sorgt bei Organisatoren und Fans gleichermaßen für gute Laune. Er hat mit Caruana den Ruf als Amerikas größte Hoffnung, den WM-Titel nach dem legendären Bobby Fischer wieder in die USA zu holen. Er gilt zudem als einer der besten Blitzschach-Spieler und arbeitet auch als Analyst und Kommentator.

Veselin Topalov (2780): Eigentlich ist der Bulgare, der im März 1975 geboren wurde, schon lange ein Teil der Welt-Elite, profitierte aber stark vom Rücktritt Kasparovs. Vor allem sein aggressives und auf Offensive ausgelegtes Spiel erfreute sich bei den Fans seit jeher großer Beliebtheit. Ein ernsthafter Titelkandidat war der inzwischen 40-Jährige dennoch nicht. Erst als er die 30-Jahre-Marke knackte und mit einem Sieg Kasparov in den Ruhestand schickte, war ihm mit dem Triumph bei der 2005er Weltmeisterschaft in Argentinien der Durchbruch vergönnt. Obendrauf gab es Platz eins in der offiziellen Weltrangliste.

Dennoch haftete ein Makel an seinem Erfolg. Titelverteidiger Kramnik nahm in Argentinien nicht am Turnier teil und galt somit noch bei einem Großteil der Fans als eigentlicher Weltmeister. Es folgte ein Jahr später ein Duell beider Großmeister, das in die Geschichte des Sports eingehen sollte - und das aus vielerlei Gründen. Topalovs Manager, Silvio Danailov, beschuldigte Kramnik, bei Toilettenbesuchen die Möglichkeit des Betrügens zu haben. Eine Anschuldigung, die auch die Organisatoren teilten. Aus Protest trat dieser zur fünften Runde nicht an, kehrte aber nach einigen Diskussionen wieder an das Schachbrett zurück.

Kramniks Sieg im Tiebreak warf Topalov nicht nur mental zurück, sein Ansehen hatte aufgrund der Aussagen in der Schachwelt gelitten. Nach einer Niederlage in der letzten WM-Partie gegen Anand im Jahr 2010 zog sich Topalov zurück, um seine damalige Verlobte zu heiraten und sich auf andere Dinge in seinem Leben zu fokussieren. Beim Kandidatenturnier will es der Bulgare nun allerdings nochmals wissen.

Anish Giri (2793): Der Großmeister, der 1994 in Sankt Petersburg geboren wurde, ist ein wahres Multitalent. Der Sohn eines nepalesischen Hydrologen und einer Russin spricht nicht nur vier Sprachen fließend, sondern zeigte bereits in jungen Jahren, was er am Brett zu leisten im Stande ist. Den Weg zum Schach fand er bereits im Alter von sieben Jahren. Zunächst fehlte es jedoch an geeigneten Gegenspielern, weshalb seine ersten Entwicklungssprünge aus dem Studium diverser Fachliteratur und dem Spielen im Internet resultierten.

Nach einem Abstecher nach Japan sowie einer kurzen Rückkehr nach Russland zog die Familie aufgrund der Arbeit seines Vaters, der eine Anstellung beim Forschungsinstitut Delft angenommen hatte, im Jahr 2008 in die Niederlande. Durch die Unterstützung des niederländischen Verbandes entwickelte sich Giri schnell weiter und erspielte sich mit 14 Jahren den Titel des Großmeisters, ein Jahr später gewann er die niederländische Meisterschaft und half zudem Anand sich auf den WM-Kampf im Jahr 2010 vorzubereiten.

Sein erstes Superturnier gewann er 2012 in Reggio Emilia und verwies dabei unter anderem Nakamura auf die Plätze. Selbst als Kommentator sorgt der 21-Jährige, der seit 2015 mit Sopiko Guramischwili verheiratet ist und Fußball sowie Tischtennis spielt, für Begeisterung.

Levon Aronian (2786): In der Welt der Wunderkinder und Schnellstarter wirkt Aronian, der sich neben dem Schachsport für Jazz sowie diverse Filmgenres begeistert, beinahe wie ein Außenseiter. Erst im Jahr 2005 mit 23 Jahren sorgte er mit dem Gewinn des Weltcups für Aufsehen, auch mit zwei Siegen bei Superturnieren überzeugte er.

In seiner Heimat Armenien hat er nicht zuletzt aufgrund dreier Goldmedaillen bei den Schacholympiaden 2006, 2008 und 2012 einen hervorragenden Stand, der sogar mit einem gewissen Heldenstatus einhergeht. Hinzu kommt ein Triumph bei der Team-WM im Jahr 2011. Vor allem die Arbeit an den eigenen Eröffnungen half dem als äußerst humorvoll geltenden Aronian, in der Welt-Elite seinen Platz zu finden. Inzwischen trauen dem gar nicht so ehrgeizigen Mann, der sich in unübersichtlichen Stellungen augenscheinlich wohl fühlt, nicht wenige gar den Sturz des Weltmeisters Carlsen zu.

Vor allem seine unglaubliche Vorstellungskraft und die daraus resultierenden genialen Entscheidungen machen Aronian gefährlich. Weltmeistertitel im Blitz- sowie Schnellschach und weitere Siege bei Superturnieren untermauern dies. Beim Kandidatenturnier 2013 reichte es allerdings nur zu einem ernüchternden vierten Platz, 2014 war sogar nur Rang sechs drin. Probleme bei den Eröffnungen gleicht er mit einem sehr starken Endspiel aus.