Medien: Staatlich gestütztes Doping

SID
Auch 800m-Olympiasiegerin Maria Sawinowa gerät unter Dopingverdacht
© getty

Eine ARD-Dokumentation liefert Belege für staatlich unterstütztes Doping und massive Korruption im russischen Sport. In der Sendung geraten auch der IAAF und dessen russischer Schatzmeister durch zahlreiche Zeugenaussagen und belastende Dokumente unter Druck.

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Entscheidende Kronzeugen in der Dokumentation sind Julia Stepanowa, derzeit wegen Dopings gesperrte 800-m-Läuferin, und ihr Mann Witali Stepanow, zwischen 2008 und 2011 Mitarbeiter der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA. Beide sollen infolge ihrer gegenüber der ARD getätigten Aussagen mittlerweile ihr Heimatland verlassen haben.

"Man kann seine Ziele nicht ohne Doping erreichen. Du musst dopen, so läuft es in Russland", sagte Stepanow. Seine Frau berichtete von angeblich gängigen und flächendeckenden Dopingpraktiken: "Wenn einer erwischt wird, schmeißen sie den Sportler weg und nehmen einen neuen." Eine der zentralen Figuren des russischen Dopingsystems soll der Sportmediziner Sergej Portugalow sein.

Videoaufzeichnungen dienen als Beweise

Stepanowa untermauerte ihre Aussagen mit zahlreichen Videoaufzeichnungen, die sie mit versteckter Kamera anfertigte und die die Verstrickungen zahlreicher russischer Topfunktionäre belegen, unter anderem des Leichtathletik-Cheftrainers Alexej Melnikow. Die jüngste, erst wenige Tage alte Aufnahme zeigt anscheinend, wie Stepanowas Trainer ihr verbotene Anabolika anbietet. Die Sperre der Athletin läuft im Januar aus.

In einem der WDR-Dopingredaktion zugespielten Handyvideo soll zudem die 800-Meter-Olympiasiegerin von London 2012, Maria Sawinowa, zu sehen sein, als sie unter anderem über Anabolika-Doping berichtet. Die Diskuswerferin Jewgenia Pescherina sagte vor der Kamera: "Die meisten Athleten dopen, der größte Teil, 99 Prozent. Und man bekommt alles. Je kürzer nachweisbar, desto teurer das Präparat."

Der ehemalige RUSADA-Mitarbeiter Stepanow gab an, dass staatliche Stellen die Tests der Anti-Doping-Agentur unter Kontrolle hätten. Sein Vorwurf: Unbekannte Sportler dürfen überführt werden, berühmte hingegen nicht. RUSADA-Generaldirektor Nikita Kamajew wies die Vorwürfe zurück.

Athleten reisten unter falschem Namen

Um bei Aufenthalten vor positiven Kontrollen geschützt zu sein, sollen Athleten unter falschem Namen gereist sein. Vor großen Wettkämpfen im Ausland sollen nur russische Sportler ausreisen dürfen, die zuvor in flächendeckenden Tests nicht auffällig geworden waren.

Zudem erklärte Lilia Schobuchowa, jahrelang eine der weltbesten Marathonläuferinnen und derzeit ebenfalls wegen Dopings gesperrt, vor laufender Kamera, dass sie sich durch eine Zahlung von umgerechnet 450.000 Euro ihren Start bei den Olympischen Spielen 2012 in London erkauft hat. Zu diesem Zeitpunkt sollen dem russischen Verband bereits ihre extrem auffälligen Blutwerte der Jahre 2009 bis 2011 vorgelegen haben, die der Weltverband IAAF als Dopingverstoß gewertet, aber nicht geahndet haben soll.

Schobuchowa behauptet, dass einer der russischen Cheftrainer, Alexej Melnikow, das Geld für ihre Reinwaschung forderte: "Wir gaben das Geld ab, und man sagte uns: Alles wird gut werden." 300.000 Euro soll der russische Verband mittlerweile über eine Briefkastenfirma zurückgezahlt haben. Dokumente sollen belegen, dass auch der russische Verbandschef und IAAF-Schatzmeister Walentin Balachnitschew von den Vorgängen Kenntnis hatte.

David Howman, Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA, bezeichnete die in der Dokumentation aufgezeigten Vorgänge als "fürchterlich schockierend. Was wir nun machen müssen, ist, diese Dinge furchtlos anzugehen, aber auch sicherzustellen, dass die, die schon furchtlos waren, beschützt werden."

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