SPOX: Herr Becker, beim Turnier in Prag haben Sie mich mit Ass/König vom Tisch genommen, unter Pokerspielern Anna Kournikova genannt, weil es gut aussieht, aber selten gewinnt. Warum gibt es noch kein Boris-Becker-Blatt? Bube/Bube wäre doch passend, oder?
Boris Becker: Bube/Bube ist ja jetzt nicht besonders gut...
SPOX: Kann man aber schon mal spielen...
Boris Becker: Geht schon, ist halt besser als 7/2, aber wenn eine Hand nach mir benannt werden soll, dann muss die noch besser sein. Es gibt übrigens im Schach einen Boris-Becker-Move, da habe ich einmal den damaligen Weltmeister Garri Kasparow für zwei Minuten ein wenig aus der Fassung gebracht, weil ich so aggressiv gespielt habe.
SPOX: Sie haben in Ihrem Leben auch ein paar Asse geschlagen, wie wäre es damit?
Boris Becker: Asse sind natürlich erst einmal gut, ich muss allerdings sagen, dass ich mit Assen bisher nicht so gute Erfahrungen gemacht und die Hand oft verloren habe. Ich glaube, ich nehme die Könige, die sind dann auch einfach besser als die Buben.
SPOX: Wobei Weltmeister Pius Heinz neulich gesagt hat, man sollte einfach jedes "Pocket Pair" spielen, Hauptsache man zieht es aggressiv durch. Spielen Sie eher viele oder wenige Hände?
Boris Becker: Das hängt natürlich von der Position und den Chips ab, die ich noch habe. Grundsätzlich würde ich auch sagen, dass man sich mit einem Paar auf der Hand den Flop schon mal angucken kann und wenn man dann trifft, sieht es ja schon sehr gut aus.
SPOX: Würden Sie sich als aggressiven Spieler bezeichnen?
Boris Becker: Nur im richtigen Moment. Es gibt ja Spieler, die nahezu jede Hand spielen, dazu gehöre ich nicht. Ich habe meine Phasen, in denen ich mal aggressiver, mal zurückhaltender spiele und versuche auch, meine Spielweise immer wieder zu ändern, damit ich nicht zu leicht zu lesen bin.
SPOX: Ist es ein Vorteil am Tisch, Boris Becker zu sein?
Boris Becker: Früher war es so, dass ich sehr, sehr viele Chips in den ersten Runden gewonnen habe. Jeder wollte gegen mich spielen und niemand hat geglaubt, dass ich pokern kann. Nach vier Jahren habe ich das Image etwas ablegen können, die meisten wissen, dass ich für einen Amateur ganz gut spiele. Trotzdem erlebe ich es immer wieder, dass jemand gerne gegen mich spielt, damit er später erzählen kann, er hat den Becker vom Tisch genommen.
SPOX: Hab ich ja auch versucht...
Boris Becker: Sehen Sie, dann ist es doch positiv für mich. Ich rege die Emotionen an und das ist im Pokern meistens schlecht für den jeweiligen Spieler.
SPOX: Ich habe einmal gelesen, dass Sie Ihre Gegner beim Tennis am liebsten mit deren Waffen geschlagen hast, gegen Ivan Lendl z.B. viel mehr von der Grundlinie gespielt haben als sonst? Ist das beim Pokern auch so?
Boris Becker: Ich spiele beim Poker auch sehr gerne Heads Up und stelle mich auf den jeweiligen Gegner ein. Irgendwann bekomme ich ein Gefühl für seine Spielweise und kann es zu meinem Vorteil nutzen. Wie der Gegner heißt, ist eher uninteressant für mich, ich spiele, wenn ich eine gute Hand habe oder entsprechend bluffen kann.
SPOX: Bei einem Turnier wie z.B. der EPT Berlin spielen über 1000 Leute, wie schwer ist es, sich da durchzusetzen?
Boris Becker: Das vorrangige Ziel ist immer, den ersten Tag zu überstehen. Was viele Außenstehende nicht verstehen, ist, dass auch der beste Pokerspieler nach einer Stunde rausfliegen kann. Wenn eine Hand kommt, die er spielen muss und der Gegner trifft glücklich auf dem River, dann kann es jedem passieren. Ich denke also erst ab dem zweiten Tag an den Bubble und wann man ins Geld kommt.
SPOX: Würden Sie sagen, dass Pius Heinz für Poker in Deutschland das ist, was Sie fürs Tennis waren?
Boris Becker: Absolut. Das hat einen Poker-Boom ausgelöst. Aber nicht nur Pius, sondern viele andere junge, deutsche Spieler haben Turniere der EPT gewonnen und sorgen für Furore. Gerade für die konservativen Medien braucht man aber diesen Begriff Weltmeister, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.
SPOX: Ich habe Pius Heinz gefragt, ob es einfacher ist, die World Series zu gewinnen, als in Wimbledon. Er meinte, er spiele kein Tennis und daher schätzt er den Wimbledon-Sieg als schwieriger ein. Sie kennen nun beide Turnier, was ist Ihre Einschätzung?
Boris Becker: Ich glaube, Poker-Weltmeister zu werden, ist schwieriger. Wenn man in die Geschichte schaut, dann gibt es ganz wenige Weltmeister, die den Titel ein zweites Mal gewinnen konnten, geschweige denn ihn zu verteidigen. Beim Tennis gibt es aber Spieler, die den Titel drei, vier oder fünf Mal gewonnen haben. Das sage ich natürlich als Tennisspieler. Menschen, die noch nie einen Schläger in der Hand gehabt haben, fragen sich natürlich, wie man den Ball übers Netz bekommt.
Trotzdem sage ich, WSOP ist schwieriger zu gewinnen.
SPOX: Beim Pokern spielt doch aber Glück eine viel größere Rolle...
Boris Becker: Wenn du nur schlechte Karten bekommst, wird es natürlich schwer. Aber in einem Turnier gleicht sich das immer wieder aus. Und auch beim Tennis brauchst du den Netzroller oder den Ball auf die Linie.
SPOX: Freuen Sie sich, dass man beim Poker auf einem Stuhl sitzt und nicht an der Grundlinie hin und her sprinten muss?
Boris Becker: Beim Tennis muss man sich natürlich deutlich mehr bewegen. Aber viele Menschen unterschätzen, wie anstrengend Pokern ist. Wer als Anfänger ein langes Turnier spielt, der ist spätestens am Abend von Tag zwei am Ende.
SPOX: Sie hatten beim Tennis ein großes Kämpferherz und einen großen Siegeswillen, können Sie das aufs Pokern übertragen oder ist es am Ende dann doch eher das Hobby nebenbei?
Boris Becker: Pokern ist definitiv meine große Leidenschaft und ich bringe meine Wettkampferfahrung, Ausdauer und Geduld natürlich mit ein. Im Grunde genommen brauchst du sehr ähnliche Stärken auf dem Tennisplatz und am Pokertisch, um erfolgreich zu sein. Mein Ehrgeiz beim Pokern ist nach wie vor sehr groß. Ich will einmal ein großes Turnier gewinnen und das motiviert mich immer wieder.