Spannungen in Peking - Rüffel für Rogge aus China

SID

Peking - Die Differenzen zwischen dem IOC und den chinesischen Olympia-Organisatoren spitzen sich zu.

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Eigentlich wollte IOC-Präsident Jacques Rogge mit einem Krisen-Geständnis und dem Bekenntnis zum "mündigen Athleten" den olympischen Ausverkauf bekämpfen. Doch die erhoffte Verteidigung der angeprangerten olympischen Werte wurde für den Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zur nächsten Demütigung.

Als der Belgier in Peking Stärke bewies und von den chinesischen Olympia-Machern die Einhaltung ihrer "moralischen Verpflichtungen" in der Menschenrechtsfrage und Pressefreiheit anmahnte, bekam er einen knallharten Rüffel. "Wir hoffen, die IOC-Funktionäre halten sich an die Olympische Charta", rügte eine Sprecherin des Außenministeriums.

So konnten die IOC-Mitglieder noch nicht einmal das Zwischenhoch über den chaotischen, aber wenigstens ohne Zwischenfälle abgelaufenen Zick-Zack-Fackellauf durch San Francisco genießen. Ihr Chef garantierte die Fortsetzung in Buenos Aires, sinnierte über seine Rolle als "Krisenmanager", aber reinreden lassen sich die chinesischen Olympia-Macher in ihre Staatsspiele nicht - auch nicht durch Rogge, der bereits vor dem Tadel durch Chinas Regierung zugegeben hatte: "Es ist zweifellos eine Krise, aber wir haben in der Geschichte der Olympischen Spiele schon größere Stürme bewältigt."

Rogge bezieht Stellung

Rogge wollte sich dagegen nach beharrlichem Drängen zahlreicher IOC-Mitglieder nicht länger verstecken. Endlich zeigte er das seit Wochen von ihm geforderte Rückgrat und bezog klar Stellung: Der Boss des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gab sogar in der sensiblen Menschenrechtsfrage bereitwillig Auskunft. "Freie Meinungsäußerung ist ein Menschenrecht ohne Einschränkung", betonte der Ober-Olympier.

Bei seiner Bewerbung habe China versprochen, die Ausrichtung der Spiele würde die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Menschenrechte voranbringen. Peking sei bei der Vergabe am 13. Juli 2001 im Ausrichtervertrag keinerlei vertragliche Verpflichtungen in dieser heiklen Thematik eingegangen, aber "für mich sind das moralische Verpflichtungen, und wir bitten China, dieses Versprechen einzuhalten", erklärte Rogge und bestätigte, von Chinas Premierminister Wen Jiabao totale Pressefreiheit gefordert zu haben.

Das war des Guten zu viel. Die Chinesen pfiffen den 65-Jährigen energisch zurück. So verlor auch Rogges Ankündigung, die Athleten könnten sich bei Olympia "überall, auch in der offiziellen Pressekonferenz über kritische Themen wie Tibet und Menschenrechte" äußern, im Nachhinein viel von ihrer Wucht. Kein Wunder, dass Rogge seine Alltagsarbeit "nicht immer als angenehm" empfindet. Er könne es kaum erwarten, während der Spiele so viel wie möglich im Olympischen Dorf, einem "Hort des Friedens" zu sein. Zur Ruhe wird Rogge so schnell allerdings nicht kommen.